Im Jaya Ganesha besingen wir die verschiedenen göttlichen Aspekte und Kräfte. Diese wirken in uns und im ganzen Kosmos, also im Mikrokosmos und im Makrokosmos. Sie sind die höheren Aspekte unseres Bewusstseins, personifiziert und als Götter bezeichnet. Sie sind Schwingungen, Manifestationen Brahmans, des Einen, Unveränderlichen, Ewigen. Ein Vortrag von Katyayani, Mehr Mantra-Inspiration von Katyayani gibt es auf ihrem Telegrammkanal BE YOUR MANTRA.
Das Jaya Ganesha, als Spiegel unseres spirituellen Wegs
Es gibt im Jaya Ganesha eine gewisse Abfolge der göttlichen Aspekte, die wir ähnlich auch in anderen rituellen Mantraabfolgen wiederfinden. So zum Beispiel im Arati, der Lichtzeremonie und im Gajananam, den Dhyana Shlokas.
Die Meilensteine auf dem Weg
Diese Abfolge symbolisiert unseren spirituellen Weg. Schöpfung, Wachstum, Erkenntnis, Transformation – oder Entstehung und Auflösung existieren permanent und gleichzeitig. Mit jedem Atemzug kommt etwas Neues und etwas Altes vergeht. Jeder Gedanke ist ein Schöpfungsakt, jedes Loslassen eine Transformation. Die Mantras sind Klangschwingungen, die all dies beinhalten. Aus diesen Schwingungen, die letztlich zurückzuführen sind auf den ersten Klang OM, besteht das ganze Universum, das innere und das äußere, Mikrokosmos und Makrokosmos.
Bestimmte Mantras werden so auch als Moksha Mantras bezeichnet, Mantras, die zur Befreiung führen. Sie können uns zum vollkommenen Verständnis unseres Daseins führen. In unserem beschränkten Bewusstsein, also dem Verstand, betrachten wir alles in Zeit und Raum. Die Reihenfolge der Mantras begibt sich sozusagen auf die Ebene unserer eingeschränkten Sichtweise. Da nachgewiesen alles im Universum nach Harmonie strebt, schwingen wir uns durch das Singen der Mantras ein und können dadurch auf die vermittelte Wahrheit aufspringen oder mit ihr fließen und so zu Erkenntnis gelangen.
Den Anfang macht Ganesha …
Am Anfang steht immer die Anrufung Ganeshas. Ganesha finden wir in der yogischen Tradition auch auf jedem Altar, zumindest bei jedem Ritual mit Göttersymbolen. Ganesha ist der Elefantenköpfige Gott. Er steht für die Beseitigung alle Hindernisse. Da es immer irgendwelche Hindernisse gibt, denn das größte Hindernis auf unserem Weg sind wir ja selbst bzw. unser Geist oder Gemüt, brauchen wir also bei jeder Unternehmung, bei jedem neuen Schritt das Vertrauen in Gott.
Wenn wir auf die Welt kommen, sind wir unfähig, diesen Körper aus eigener Kraft zu erhalten. Babys haben natürlicherweise ein vollkommenes Vertrauen, ein Urvertrauen zu ihrer Mutter. Bedenkenlos und unvoreingenommen stürzen sie sich offenen Herzens in immer wieder neue Unternehmungen wie Greifen, Krabbeln, Laufen. Im Laufe der Zeit kann das Urvertrauen durch Erfahrungen in Familie, Erziehung, Konditionierung, Gesellschaft, Kultur usw. getrübt werden. Dann brauchen wir die Erinnerung und wenden uns also zuerst an Ganesha.

Dabei kann man sich auch einen Elefanten vorstellen, der einen Weg im Dschungel bereitet, alle Hindernisse mit Leichtigkeit beseitigt. Der Dschungel ist unser Geist, unser Gemüt mit all seiner Konditionierung, seinen bewussten und unbewussten Eindrücken. Ganesha ist die in uns innewohnende Kraft, die Bedenken, Ängste zu beseitigen und voller Vertrauen zu sein.
Oft kommen Menschen durch sogenannte Schicksalsschläge zur Entdeckung ihrer Spiritualität. Vertrautes wurde vielleicht genommen, die Sehnsucht nach Vertrauten ist aber da. Zunächst kommt Trost, Zuflucht in etwas Neues und dann Vertrauen. Vertrauen, das nicht an äußere Vergänglichkeiten gebunden ist.
… gefolgt von Subramanya
An zweiter Stelle kommt Subrahmanya oder Sharavanabhava. Er ist der Bruder von Ganesha und steht für die Beseitigung aller negativen Einflüsse auf der physischen (äußeren) und auch der feinstofflichen (inneren) Ebene. Er symbolisiert die in uns innewohnende innere Stärke und Kraft, weiterzumachen, auch wenn Zweifel, Mutlosigkeit oder Ohmacht kommen.
In dem Bewusstsein dieser Kraft schreiten wir auf dem spirituellen Weg voran, Schritt für Schritt, auch wenn Krisen da sind. In der Praxis hilft hier, sich an Gott, besonders in der Form von Subrahmanya, zu wenden und besonders intensiv und regelmäßig zu praktizieren.
Nun folgt Saraswati, die Göttin der Künste und der Weisheit. Es ist die in uns innewohnende Kraft, die unsere schlafenden Fähigkeiten und schlummernden Talente erweckt. Und über die Entfaltung der Fähigkeiten gelangen wir zu höherer Erkenntnis und Weisheit. Aus eigener Erfahrung und Beobachtung anderer Aspiranten weiß ich, dass durch die Yogapraxis sich unglaubliche Fähigkeiten entwickeln. Also Dinge, von denen man geglaubt hatte, dass man diese niemals beherrschen wird, sie einem nicht liegen usw. Es ist unsere eigene Kreativität, also die schöpferische Kraft, die sich entfaltet. So symbolisiert Saraswati auch die Bereitschaft, offen zu sein für Neues und immer wieder mit Neugierde und Staunen lernen zu wollen.

An dieser Stelle folgen dann auch die anderen weiblichen Götteraspekte wie Durga (göttliche Mutter, Schutz und bedingungslose Liebe) und Lakshmi (Schönheit, Natur, Fülle, Wohlergehen). Sie sind alle Formen der Shakti, der makro- und mikrokosmischen Energie. Shakti ist nicht nur Devi (Göttin), sie manifestiert sich als Kraft hinter allem, so auch als Willenskraft (Iccha), Handlung (Kriya) und Erkenntnis (Jnana). Sie ist ursprünglich (Adi), transzendent (Para), Illusion (Maya) und Befreiung (Guru).
Wenn wir auf dem spirituellen Weg voranschreiten, erkennen wir mehr und mehr die Fülle der Natur, dass wir mit allem versorgt sind, was wir wirklich brauchen. Dass das Leben an sich ein Geschenk ist, das sich selbst beschenkt.
Der Schüler sucht den Meister
Wenn wir auf dem spirituellen Weg voranschreiten, erkennen wir mehr und mehr die Fülle der Natur, dass wir mit allem versorgt sind, was wir wirklich brauchen. Dass das Leben an sich ein Geschenk ist, das sich selbst beschenkt.
Und dann bemerken wir, dass wir allein nicht unbedingt gut voranschreiten, haben wieder Zweifel, ob wir die richtige Richtung eingeschlagen haben. Manchmal hören wir dann eine Stimme in unserem Herzen, die uns führt. Das ist eine Ebene des Gurus. Guru ist das Prinzip des Geführtwerdens. Guru heißt wörtlich: „der die Dunkelheit vertreibt“, also der, der uns von der Dunkelheit zum Licht führt. Dunkelheit ist all das in uns, was uns die Sicht der Wahrheit trübt oder verhindert, die Hüllen oder Schleier der Unwissenheit.
Die 2. Ebene des Guru ist die ganze Welt (Jagad) und alle Erfahrungen, die wie eine Weltenschule zu unserer Weiterentwicklung beitragen. So kann eine einmalige Begegnung mit einem Menschen eine großartige Schule sein. Jede Herausforderung, alle Mitmenschen können der Guru in diesem Sinne sein.
Die 3. Ebene ist der Guru in seiner Form als konkreter Meister. Durch den Guru lernen wir, die Täuschung (Maya) zu überwinden und zur Weisheit und Erkenntnis des Selbst zu gelangen. Der Meister nimmt Dich an die Hand und zeigt Dir über spirituelle und weltliche Aufgaben, wie Du Dich am besten entwickeln kannst. Aus der höchsten Bewusstseinsebene heraus kennt er den Weg, der für Dich geeignet ist.
Nicht immer spüren wir dies und erkennen nicht, dass das was gerade passiert genau richtig, also Richtung weisend und wertvoll für uns ist. Viele Herausforderungen und Schicksalsschläge können unseren Glauben (an Gott, an den Guru) schwer erschüttern. Aber die Liebe und Hingabe zum Guru hält uns fest. Der Guru, der unser wahrer Guru ist, strahlt soviel Prana, Liebe und Weisheit aus, dass wir die Hand nicht loslassen wollen.

Schritt für Schritt … zur Herzöffnung
Schritt für Schritt entwickeln wir uns weiter. Das Herz öffnet sich. Nun kommen die Aspekte von Rama und Krishna mehr und mehr ins göttliche Spiel. Das Maha Mantra bringt uns Reinheit und Freude im Herzen.
Hari = Der, der voller Liebe ist und die Herzen anzieht. Hare kommt auch von Harā und ist ein Beiname von Krishnas Geliebter Radha, durch deren Anrufung die weibliche Energie Gottes, genannt Shakti, gepriesen wird. Rama bedeutet: „Der, der voller Freude ist.“ Er steht für ein reines hochethisches Leben und für Gleichmut und Freude in jeder Lebenssituation. Krishna heißt der Geheimnisvolle. Er spielt auf einer Flöte, die symbolisiert, dass auch wir leer werden müssen (von Konditionierung, Verhaltensmustern usw.), um das Schöne, das Wahre im göttlichen Spiel hören bzw. erklingen lassen zu können.
Viele verändern ihr Leben, meistens gar nicht so bewusst, wenn sie Yoga praktizieren. Sie hören auf mit schlechten Ernährungsgewohnheiten, lassen Rauchen, Alkohol und Drogen sein. Sprache, Gedanken und Handlungen entwickeln sich zum Ethischen hin. Die Fähigkeit des Gleichmutes wächst, Freude im Herzen wird größer.
Es folgen nun wesentliche Moksha Mantras
Om Namah Shivaya heißt Ehrerbietung dem Glücksverheißenden. Der Aspekt von Shiva ist die in uns wohnende Kraft, niedere Charaktereigenschaften zu überwinden und regelmäßig in unserer spirituellen Praxis zu sein. Denn, obwohl wir alle die Möglichkeit haben, jetzt in diesem Augenblick Befreiung und volle Selbsterkenntnis zu erlangen, braucht es für die meisten ein beständiges Eigenbemühen in der Praxis. Wir gehen den Weg Schritt für Schritt in unserem karmischen Tempo, aber unermüdlich.
Dabei ist für viele eine Ordnung, eine Struktur hilfreich. Dies ist der Aspekt von Narayana, ein Name für Vishnu, dem Erhalter des Universums. Es ist die in uns innewohnende Kraft, die Frieden, Güte und Gerechtigkeit schenkt. Darin steckt auch das Prinzip des Karma Yoga, des Dienens. Es geht nicht darum, sich zum Beispiel immer tiefer mit den einzelnen Asanas zu beschäftigen und immer länger und flexibler die Stellungen zu meistern, ständig neue Yogastile oder Meditationstechniken auszuprobieren oder im Jnana Yoga eine Schrift nach der anderen oder Vorträge von wechselnden Lehrern und Traditionen regelrecht zu konsumieren.
Das sind Mittel zum Zweck, die bei regelmäßiger und ausgewogener Praxis gut und hilfreich sind. Wichtig ist aber auch, dass Gelernte und Erfahrene zu teilen durch den Dienst an anderen. So wird nicht nur Körper und Geist, sondern mein ganzes Wesen gereinigt, und somit der Weg zum Licht sichtbar gemacht.
Im Herzen gereinigt erkennen wir dann, dass das göttliche Licht in allen und in allem zu finden ist. Und dass dieses Licht das eine gleiche ist. Das symbolisiert Vasudeva, ein Name von Krishna und bedeutet: „Der das Licht aller Geschöpfe ist.“ Er steht für das Sehen von Gott in allem. Mit einem verstehenden Herzen gelangen wir auch zur Weisheit, einem höheren Wissen, das nicht mit den Sinnen und dem Intellekt, sondern eben nur mit reinem Herzen erfasst werden kann.
Dann wird Rama und mit ihm auch Hanuman angerufen. Rama präsentiert die Spiritualisierung aller Handlungen, besonders auch der weltlichen. Aus dem höchsten Bewusstsein heraus gibt es keine Unterscheidung in spirituell und weltlich. Und so geht es darum, die Yogapraxis auch in den Alltag zu bringen, das ganze Leben zu spiritualisieren. Yoga findet nicht nur auf der Matte statt, sondern jetzt, in jedem Moment.
Demut und Hingabe bereiten den Weg

Hanuman, auch Anjaneya genannt, verkörpert die Kraft der Hingabe. Mit vollkommener Hingabe und Demut dient er Rama und seiner Frau Sita. Hier steht Hanuman für den menschlichen Geist, der wie ein Affe ständig hin und her springt. Durch seine Hingabe und sein Dienen an Rama, also durch beständiges Praktizieren von Bhakti und Karmayoga, entfaltet er seine großen Fähigkeiten. So gelingt es ihm Sita von einem Dämon zu befreien und wieder mit Rama zu vereinen. Sita steht hier für die individuelle Seele und Rama für die Weltenseele, das höchste Bewusstsein, die durch die Beherrschung des Geistes zur Einheit kommen.
Also – Hingabe und Demut gehören zum spirituellen Weg. Sie bereiten den Weg und werden durch die spirituelle Praxis verstärkt.
Schließlich erfahren wir reine Freude, Ananda, auch mit Wonne oder Glückseligkeit übersetzt. Wir erfahren Anandoham, ich bin diese Wonne.
Das Jaya Ganesha ist ein Ritual. Rituale dienen der Erinnerung an Gott, an das, was wir wirklich sind. Gerade beim Jaya Ganesha können wir uns auch vorstellen, dass wir damit auf einer höheren Ebene unsere Familie um uns versammeln, nämlich all die Kräfte, die uns ausmachen und zusammenhalten. Vater = Shiva, Mutter = Durga, Brüder = Ganesha, Subrahmanya, Bester Freund = Hanuman und Rama, Geliebte/Geliebter = Radha/Krishna, Lehrer = Guru usw. Dieses „höhere soziale Netzwerk“ ist immer da, wir sind hier immer „online“, sofern wir uns dies bewusst machen.
Om Bolo Sadguru Sivananda Maharaj Ji Ki Jaya!
Die Autorin: Katyayani

Sehr erfahrene Yogalehrerin und Yoga Vidya Acharya. Mit viel Fachkompetenz, Einfühlungsvermögen und einer besonderen Stimme und Ausdrucksweise führt sie dich durch deine Yogapraxis. Bekannt ist sie auch durch die Herzen berührenden Satsangs, Meditationen und Mantra-Yogastunden. Auf ihrem Telegrammkanal Be your Mantra inspiriert sie uns, mit Gedanken und Musik.
BE YOUR MANTRA Telegrammkanal by Katyayani
Seminare mit Katyayani bei Yoga Vidya findest du hier:
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