Nach der Kur ist vor der Kur? Erfahrungsbericht Panchakarma Gruppen-Kur

hu
Von hu
Lesezeit: 17 Min

Seit langer Zeit bin ich immer am an mir herumdoktoren. Meine Gesundheit hat sich auch schon wesentlich verbessert, aber ich hatte das Gefühl, dass ich gerade, wenn es mir besser geht, Körper und Geist einer tiefgehenderen Reinigung unterziehen sollte. Stress, ungesunde Gewohnheiten und alte emotionale Muster – da hat sich über die Jahre was angesammelt. Ich wollte ein Großreinemachen. Als Sevakas dürfen wir unter anderem an der Panchakarma-Gruppen-Kur teilnehmen. Und wenn ich schon dabei bin, wird gleich ein Blogartikel draus!

In diesem Bericht teile ich meine ganz persönlichen Erlebnisse – ehrlich, ungeschönt und mit all den kleinen Momenten, die diese Woche Anfang Oktober 2024 so besonders gemacht haben.

Müffelnde Vorbereitungstage

Mit meiner Anmeldebestätigung erhielt ich ein Infoblatt zur Vorbereitung auf die Panchakarma-Kur. Drei Tage vorher sollte ich beginnen, mich von Kitcheri und Yusha (Mungobohnensuppe) zu ernähren, dazu nur zwei Mahlzeiten täglich. Alternativ war Porridge aus Quinoa oder Haferflocken erlaubt. Abends, eine Stunde vor dem Schlafengehen, nahm ich wie empfohlen Triphala-Pulver in warmem Wasser ein. Da ich Kitcheri und Mungdal ohnehin gern esse, war das für mich kein Problem. Triphala hingegen war gewöhnungsbedürftig – es führte bei mir zu nicht schmerzhaften, aber olfaktorisch äußerst herausfordernden Blähungen. Abgesehen davon fühlte ich mich in den drei Vorbereitungstagen aber gut.

Das Ölen beginnt …

1. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Am Sonntagabend trafen wir uns erstmals im Yoga-Raum. Dr. Devendras Assistenten hatten alles vorbereitet. Wir saßen im Kreis, und Dr. Devendra stimmte uns auf die bevorstehende Kur ein. Besonders betonte er, dass es eine außergewöhnliche Zeit für eine Panchakarma-Kur sei, da sie während Navaratri stattfand – einer Phase des Loslassens und des Neubeginns. Er empfahl uns, zumindest an den ersten beiden Tagen an der Homa teilzunehmen, da man dort mit dem Öl mentalen und emotionalen Ballast ins Feuer geben könne. Dies würde den Reinigungsprozess der Kur unterstützen.

Ein zentraler Punkt seiner Ausführung war, dass Ayurveda nicht nur den Körper, sondern vor allem die Seele behandelt. Danach erhielten wir unser erstes Pachana-Pulver, eine Mischung aus vier Salzen, 16 Kräutern und weiteren Zutaten wie Granatapfelrinde und dem schwarzen Salz Kala Namak. Danach war der erste Abend beendet, und wir verabredeten uns für den nächsten Morgen.

2. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Ungewollt wachte ich bereits um halb vier auf – eine Stunde zu früh. Um 5 ging ich zur Yaina Homa für eine Stunde, danach ins Shivalaja für eine Meditation und nahm dort an der kleinen Arati teil. Zurück im Zimmer legte ich mich noch einmal hin. Im Traum versuchte ich, tiefgefrorene Pflaumen zu essen. Die dicke Eisschicht konnte ich nicht zerbeißen, deshalb versuchte ich, sie in meiner Mundhöhle aufzutauen. Der Schreck fuhr mir in die Glieder, als mir im Traum einfiel, dass ich während der Kur nichts Kaltes essen darf. Jetzt wusste ich, ich bin schon mittendrin!

Um viertel nach acht trafen wir uns mit Dr. Devendra. Es gab Ingwer- und Fencheltee sowie gekochtes Wasser. Yamini verteilte erneut Pachana-Pulver, das fast allen schmeckte – bis auf eine Teilnehmerin, für die es ungenießbar war. Wir einigten uns darauf, dass es an Eiersalat aka Schlesischen Kartoffelsalat erinnert. Diesmal bekamen wir zusätzlich mehrere Esslöffel Leinöl zu trinken. Anschließend begann die individuelle Anamnese bei Dr. Devendra. Ich war positiv überrascht: Meine vorherige Praxis mit Kunjar Kriya hatte offenbar geholfen, meine Doshas auszugleichen. Nur mein Vata war noch leicht in Disbalance, doch Kapha und Pitta waren stabil.

Nach der Anamnese gingen einige Teilnehmer zum Yoga, andere zu Yoga Nidra. Ich entschied mich für einen Spaziergang im Silvaticum, ich brauchte Luft. Dabei spürte ich erstmals deutlich meine Lymphknoten in den Leisten. Außerdem wurde mir leicht übel, weshalb ich froh war, nicht zur Yoga-Stunde gegangen zu sein. Nach Übungen auf dem Bauch und Umkehrhaltungen war mir da gar nicht mehr.

Zum Mittag gab es Quinoa-Porridge – einfach, aber erstaunlich lecker. Der Nachmittag brachte unsere erste Abhyanga (Selbstmassage). Dr. Devendra erklärte uns die Technik und gab uns Übungsblätter zur Orientierung. Männer und Frauen von einander getrennt massierten sich zunächst selbst, dann half man sich gegenseitig mit den Rückenpartien. Danach gingen wir zur Sauna, eine sanfte Dampfsauna mit moderater Temperatur. Ich bin sonst kein großer Saunagänger, aber diese Hitze war angenehm.

Nach der Sauna ging es weiter mit Nasya – einer Behandlung, bei der uns warmes Öl in die Nase getropft wurde, gefolgt von einer angeleiteten speziellen Atemtechnik. Danach fühlte ich mich tief entspannt. Zum Abendessen gab es grüne Mung-Bohnensuppe (Yusha) mit drei Esslöffeln Leinöl. Das Essen tat gut, auch wenn ich leicht benebelt war.

Am Abend spürte ich eine starke innere Veränderung. Mir ist schon lange bewusst, dass ich in einer sehr toxischen Umgebung großgezogen worden war. Aber nun schienen diese ganz alten Gifte hochzukommen und ich konnte wahrnehmen, wie lebensfeindlich es tatsächlich gewesen war. Eine intensive Erfahrung, die mich nachdenklich machte.

3. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Am Morgen gab es wieder das Kräuterpulver und Leinöl. Danach erzählte Dr. Devendra uns eine Geschichte über König Bharata. Anschließend folgte erneut eine Selbstmassage, diesmal mit einer zehnminütigen Gesichtsmassage. Wir waren jetzt schon schneller und routinierter in den Abläufen. Nach der Sauna kam wieder Nasya-Öl in die Nase. Dieses Mal waren es mehr Tropfen als am Vortag. Danach folgte eine Rauchinhalation, die mir neu war, aber angenehm wirkte.

Zum Mittag gab es Kitcheri, diesmal mit vier großen Löffeln Leinöl. Ich fühlte mich sowas von „geölt“, fast zu sehr. Das Pachana-Pulver half jedoch, das Gefühl auszugleichen. Beim Abendessen tauschten wir uns darüber aus, wie wir zum Yoga gekommen waren. Einige Teilnehmer hatten schwere Erkrankungen wie Endometriose, ME/CFS oder Morbus Crohn und waren wie ich lange auf der Suche nach Heilung gewesen. Durch einen veränderten Lebensstil und neue Einstellungen hatten wir Wege gefunden, unsere ‚Zipperlein‘ zu lindern und zu leben, anstatt anderen dabei zuzugucken.

4. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Der vierte Tag brachte das große „Ausleiten“ – Vamana (medizinisches Erbrechen). Wir tranken zwei Liter salziges Wasser in schneller Abfolge, während Dr. Devendra uns anfeuerte und auf dem Rücken herumklopfte. Danach stimulierten wir mit der Hand die Zungenwurzel, um das Wasser wieder herauszubrechen. Das ging bei mir flott, ich hatte ja erst meine 40-Tage-Kunjal-Kriya-Challenge (Erfahrungsbericht kommt noch!) abgeschlossen.

Am Nachmittag folgte Virechana, das Abführen. Wir tranken Rizinusöl mit warmer Hafermilch, dazu gab es 30 Gramm Rosinen – eine kleine Freude an diesem Tag! Erst spät abends setzte die Wirkung bei mir ein. Ich hatte das Gefühl, mein Körper wollte nichts loslassen, mir war speiübel. Schließlich übergab ich mich. Ich trank noch einmal Salzwasser und übergab mich diesmal mit Absicht, um den Rest Öl aus meinem Magen zu bekommen. Endlich konnte ich schlafen.

5. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Der Tag begann mit einer Puls- und Zungenanalyse durch Dr. Devendra. Er stellte fest, dass sich meine Doshas weiter stabilisiert hatten, allerdings waren noch tiefe Linien auf meiner Zunge sichtbar – ein Zeichen für ein altes, tiefer liegendes Ungleichgewicht. Danach folgte Kavala, eine Mundreinigung, bei der wir eine Flüssigkeit für fünf Minuten im Mund halten sollten, was durch das Gegiggel und Gekicher nicht einfacher wurde! Anschließend wurde der Mund mit Wasser ausgespült.

Da mein Verdauungssystem am Vortag noch nicht richtig reagiert hatte, bekamen ich und eine andere Teilnehmerin betrüblicherweise eine zusätzliche Dosis Triphala-Tee und Rizinusöl. Das setzte dann aber endlich die gewünschte Wirkung in Gang, sodass ich mich in der Nähe der Toilette aufhalten musste. Ich nahm mein Quinoa-Porridge mit aufs Zimmer, um es dort später in Ruhe zu essen.

Am Nachmittag stand wieder eine Abhyanga-Massage an, gefolgt von einer Dampfsauna. Doch nach der Sauna war es diesmal noch nicht vorbei: Wir erhielten eine Rauchinhalation, die sehr intensiv war, aber meine Atemwege fühlbar befreite. Danach kam eine weitere Verdauungsbehandlung – diesmal in Form eines Einlaufs mit 70 ml Öl. Ich sollte mich nach der Anwendung möglichst lange ruhig verhalten, damit das Öl wirken konnte.
Der Tag endete mit einem Teller Kitcheri und der Anweisung, sich viel zu schonen, um den Körper nicht zu belasten.

6. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Der sechste Tag begann mit einer Augenbehandlung namens Akshitarpana. Wir bekamen Tropfen in die Augen geträufelt, die leicht brannten, aber unsere Sicht klärten. Danach folgte ein Augenbad namens Netra Tarpana, bei der eine kleine Schale mit warmem Öl über das Auge gesetzt wurde. Es war ungewohnt, durch das Öl hindurchzusehen, aber das Gefühl war beruhigend. Zum Mittag gab es – wenig überraschend – wieder Quinoa-Porridge. Auch wenn es mir langsam zu viel wurde, aß ich es trotzdem. Nach der Mittagspause machten wir eine Selbstmassage, diesmal ohne die gegenseitige Rückenmassage, da die Zeit nicht ausreichte.

Am Nachmittag kam eine weitere Spezialbehandlung: Katibasti. Dabei wurde aus Kichererbsenmehl ein Ring auf meinem unteren Rücken geformt, der dann mit warmem Öl gefüllt wurde. Ich lag etwa 20 Minuten still, während das Öl langsam einzog. Danach folgte eine weitere Behandlung namens Shirupichu, bei der eine mit Öl getränkte Binde auf meiner Stirn platziert wurde. Währenddessen machten wir eine geführte Yoga-Nidra-Session.

Am Abend machte sich jeder erneut einen Einlauf – diesmal mit einem ganzen Liter Flüssigkeit, was deutlich herausfordernder war als am Vortag. Ich versuchte, das Öl so lange wie möglich zu halten, aber nach etwa 15 Minuten musste ich mich geschlagen geben und das Örtchen eiligst aufsuchen.

7. Tag der Panchakarma Gruppen-Kur

Am letzten vollen Tag stand das Abschlussgespräch mit Dr. Devendra an. Er überprüfte noch einmal meinen Puls, meine Zunge und meinen allgemeinen Zustand. Er erklärte mir, dass mein Körper sich gut gereinigt habe, aber dass nicht alles Ama (Toxine) in nur einer Woche entfernt werden könne. Es sei ein längerer Prozess, den ich mit Triphala, Shatavari und Ashwagandha unterstützen solle. Er betonte außerdem, dass wir unsere Ernährung schrittweise und langsam wieder erweitern sollten. Für die nächsten zwei Wochen sollten wir weiterhin Kitcheri, Mungdal und leichte Suppen essen, um die Erfolge nicht zu gefährden. Körperlich sollten wir uns schonen, da der Körper weiterhin entgiftet.

Da ich Kopfschmerzen hatte, machte ich sanftes Yoga. Zum Mittag gab es eigentlich grüne Mungbohnensuppe auf dem Plan, doch überraschenderweise wurde uns wieder Quinoa-Porridge serviert, was für allgemeine Enttäuschung sorgte und den bereits bei mir in Ungnade gefallenen Assistenten nicht beliebter machte. Am Nachmittag folgten die letzten Behandlungen: eine Ohrölung namens Karna Purana, bei der warmes Öl ins Ohr getropft wurde, und eine erneute Stirnölbehandlung. Danach war ich vollkommen entspannt und müde.

Zum Abendessen gab es – wenig überraschend – erneut Kitcheri. Danach holten wir uns unsere letzte Ölportion für den finalen Einlauf ab. Diesmal gelang es mir, das Öl über Nacht zu behalten, was als ideal gilt.
Am nächsten Morgen gab es noch eine kleine Abschlussrunde, und wir verabschiedeten uns voneinander. Ich war erleichtert, aber auch ein wenig wehmütig, da die intensive Erfahrung innerhalb einer tollen Gruppe zu Ende war. Vor allem Dr. Devendras Assistentin Yamini war mir durch alle Anwendungen hindurch eine Stütze, Mutter, Türsteher, Weise, schlicht Fels in der Brandung gewesen. Da sie just auch noch Geburtstag hatte, haben wir sie mit Blümchen und Ständchen überrascht und nicht nur sie hatte Tränen in den Augen.

Nach der Panchakarma-Kur ist vor der Panchakarma-Kur

Die Panchakarma-Gruppenkur in Bad Meinberg war eine tiefgehende Erfahrung, körperlich wie seelisch. Ich merkte, wie sich alte Muster lösten und hochkamen – das war nicht immer angenehm. Sofortige Heilung darf man sich davon nicht versprechen, aber Besserung und Linderung. Bei Anpassung der unpassenden Lebensgewohnheiten kann Ayurveda Verbesserung und gar Heilung bei vielen, auch chronifizierten Krankheitsbildern bewirken.

Eine Panchakarma Kur wird im Idealfall einmal jährlich angewandt. Üblicherweise dauern diese 3–4 Wochen. Bei Yoga Vidya wurde die Panchakarmakur als teilweises Do-it-yourself-System konzipiert: Vorbehandlung und Nachbehandlung machen die Teilnehmer selbst zu Hause, auch bei vielen Anwendungen werden sie angeleitet, so dass sie in der Lage sind, sich auch noch zu Hause z. B. Abhyangas und Augenbäder zu geben und ‚kleine‘ Panchakarmakuren zu Hause durchzuführen.

In Deutschland kosten Panchakarmakuren zwischen 5.000 und 8.000 €. Bei Yoga Vidya hat man die Möglichkeit, eine Panchakarma-Kur ab 850€ durchzuführen. Das ist dann kein Wellnessurlaub, keine Luxusveranstaltung. In der Gruppe, mit Gleichgesinnten, hilft man sich gegenseitig durch den Prozess und lernt allerhand über sich selbst und Ayurveda.

Ich hatte in der Gruppe nach ein paar Wochen nachgehakt, was ihr Fazit ist, nach der Kur:
Zwei Drittel der Teilnehmer haben positive Effekte festgestellt und werden dieses Jahr wieder mit dabei sein. Davon haben sich zu meiner Verblüffung auch schon 3 angemeldet. Eine Teilnehmerin trägt sich mit dem Gedanken, eine Ausbildung zum Ayurveda-Gesundheitsberater zu machen.

Bei mir selbst? Ich bin mir noch nicht sicher. Einen Monat danach war ich mir sicher, dass das nicht so mein Ding ist – beim Schreiben merke ich jetzt, dass sich diese Haltung geändert hat. Zu meiner eigenen Überraschung sehnt sich da ein Teil von mir nach einer erneuten Panchakarma-Kur. Viel hat sich bei mir getan in den letzten Monaten …
Mein Fazit: Es war anstrengend, emotional herausfordernd, aber auch heilsam. Ich bin mit neuen Wahrnehmungen und Erkenntnissen aus dieser Erfahrung hervorgegangen. Und ja – Kitcheri und Mungdal esse ich immer noch gern – aber mit einem Löffel voll Leinöl kannst du mich, zumindest jetzt noch, jagen!


Weitere Informationen zur Panchakarma-Kur findest du hier:

Panchakarma Informationsseite

Hier im Blog

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Die Autorin hu:

Vor mehr als 20 Jahren zwang mich eine schwere Krankheit dazu, meinen vorgedachten Pfad als Filmemacherin und Autorin zu verlassen und neue Wege zu finden und zu gehen. Diese Reise führte mich zu Heilern und spirituellen Lehrern, zu Hexen, Schamanen, ins Zen-Kloster und in die Einsiedelei. Durch meine Erfahrungen habe ich gelernt, dass wahres Verstehen und Erkennen nicht im Kopf stattfindet, sondern das ganze Wesen, das ganze Sein erfüllt. Seit September 2022 bin ich Sevaka bei Yoga Vidya. 🌻 hu

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