Santosha: Zufriedenheit – Niyama (Teil 7)

Santosha ist die Zufriedenheit mit sich und der Welt.

Zufriedenheit ist das Ziel vieler Menschen. Wir kaufen schön Dinge, erleben wertvolle Momente und praktizieren schwierige Asanas in der Hoffnung, dass uns etwas davon zufriedener macht. Aristoteles meinte vor einigen Tausend Jahren sogar, dass glücklich sein und Zufriedenheit die Ziele eines jeden Menschen sind- sein höchstes Gut. Dabei ist Santosha etwas anders definiert als die griechische Vokabel. Es zeigt oft ein tiefgreifendes Problem von spirituellen Aspiraten. Einfach im Moment leben und zufrieden sein mit dem, was wir haben. Eventuell ist das ganze ein wenig schwieriger, als man am Anfang denkt, aber leichter, als man auf den zweiten Blick glauben mag.

Hier gehts zur Übersicht der Yamas und Niyamas.

Santosha heißt, dass wir nichts verlangen. Schauen wir uns also Verlangen genauer an, fällt auf, dass wir eigentlich den ganzen Tag irgendetwas wollen. Beim Aufwachen möchte manch einer länger liegen bleiben, während des Arbeitens denken wir schon ans Abendessen und auf dem Sofa denken wir an den nächsten Urlaub. Und die Wünsche ändern sich im Laufe des Lebens unzählige Male. Als Kinder wollen wir Süßigkeiten, als Erwachsene einen guten Job und als Rentner eventuell viel Besuch. Was auch immer wir denken, dass uns glücklich macht, wandelt sich also von Tag zu Tag oder sogar Stunde zu Stunde.

Tatsächlich kann man nicht abstreiten, dass erfüllte Wünsche uns wenigstens eine Zeit lange glücklicher machen. Aber auf Dauer sieht es doch etwas schwieriger aus. Keine Süßigkeit der Welt und kein Job vermag es uns in allen Lebenslagen durchgehend glücklich zu halten. Wir leben in der Illusion, dass Objekte oder Beziehungen diese Macht über uns hätten. Zum einen ist es leider nicht so, weil es doch sehr einfach wäre, jedes Jahr eine neue Yogamatte zu kaufen und gut wärs. Zum anderen ist es zum Glück nicht so, weil es heißt, wir haben unsere Zufriedenheit außerhalb der materiellen Welt in der Hand. Was genau ist also dieses Santosha.

Was ist Zufriedenheit

Zufriedenheit ist die Abwesenheit von Verlangen, sie kann den Geist beruhigen und ganz in sich kehren. Eine andere Übersetzung von Santosha ist auch Behagen. Es gibt keine Abneigung gegen die Welt im Außen oder im Innen. Dabei gibt es allerdings verschiedene Arten der Zufriedenheit, wie Sukadev in seinem Buch „Die Yogaweisheiten des Patanjali erklärt. Sattvige, tamasige und rajasige Zufriedenheit unterscheiden sich in der Qualität, Dauer und dem Ursprung der Zufriedenheit. Yogis streben dabei die sattvige Zufriedenheit an. In diesem Zustand können wir handeln und dann loslassen. Wir haften nicht an der Außenwelt, sondern geben unseren Impuls an sie und schauen neugierig, was zurückkommt, um uns weiterzuentwickeln.

Santosha kommt in drei Geschmacksrichtungen Tamasig, rajasig und sattwig.
Tamasige Zufriedenheit

„Ist doch alles egal“
Hier sind wir einfach nur träge und zufrieden, weil wir keine Kraft haben etwas zu ändern. Wir ruhen zwar in uns, allerdings aus der Motivation heraus nicht anders zu können oder wollen.

Rajasige Zufriedenheit

„Ich bin zufriedener als alle anderen“
Wir sind zufrieden, weil wir grade etwas tolles gekauft haben, einen guten Job oder ein Kompliment bekommen haben. Ohne den Vergleich zu anderen wären wir nicht so glücklich. Wir ruhen also nicht in uns.

Sattvige Zufriedenheit

„Ich nehme es an, so wie es ist“
In diesem Zustand haben wir Frieden mit uns und unserer Umwelt geschlossen. Es heißt das Beste aus allem zu machen und sich bewusst dazu zu entscheiden. Wir leben in der Gewissheit, dass egal was kommen mag, wir zufrieden sein werden.

Santosha ist ein Versprechen an uns. Es gibt uns die Möglichkeit und die Fähigkeit, unser eigenes Glück zu bestimmen, herzustellen und aufrechtzuerhalten. Sicher kennst du das Sprichwort „Lieber Gott, gib mir den Mut, das zu ändern, was ich ändern muss. Gib mir die Kraft, das zu ertragen, was ich nicht ändern kann und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Spätestens mit Santosha haben wir genau dieses Versprechen in der Welt gefunden. Patanjali erklärt uns, dass unser Glück nicht vom Außen abhängt, sondern vom Inneren.

Auch die moderne Psychologie ist da ganz auf der yogischen Seite. Die Psychologin Sonja Lyubomirsky erklärt in „Glücklich sein: Warum Sie es in der Hand haben, zufrieden zu leben“, dass nach dem aktuellen Stand der Forschung unser Glück zu 40 % von unserer Einstellung, 50 % unserer Gene und grade einmal schlappe 10 % durch unsere Umwelt bestimmt werden. Das 50 % auf die Gene fallen scheint nun zunächst etwas zu viel zu sein. Allerdings heißt es nur, dass wir eingeladen sind, auf unser eigenes selbst zu hören. Was steckt da in uns und wie können wir die Gene, Energien, Karma oder wie auch immer wir es nennen wollen, die uns glücklich und zufrieden machen, stärken?

Schritte zu Santosha

Santosha ist ein Weg der Mitte. Die Mitte zwischen Gier und Verschwendung, zwischen Stehenbleiben und Loshetzen, zwischen Ablehnen und Vergöttern. Ein erster Schritt in Richtung Santosha ist für viele Yogis der Weg ins hier und jetzt. Ohne wütend zu werden, weil du dir schon wieder etwas wünschst, kannst du einfach horchen, was in dir ist. Zufriedenheit beginnt im hier und jetzt. Es fängt bei den körperlichen Bedürfnissen an, zieht sich durch die Gedanken und endet im Einklang mit der Außenwelt. Keineswegs sollen wir der materiellen Welt entsagen, Yoga ist kein Weg der Extremen. Allerdings können wir unsere Sinne zügeln lernen- auf gesunde Art und Weise. Ein wenig Brahmacarya (Enthaltsamkeit) mit Süßigkeit und Geschenken, ein wenig Ahimsa (Gewaltlosigkeit) sich selbst gegenüber in Muster reinzupassen und Sattva (Reinheit) zur Vermeidung von Anhäufungen.

Ein weiterer leichter Schritt zu Santosha kann die Dankbarkeit sein. Sie bedeutet Annahme der Situation und hilft uns, über Unannehmlichkeiten hinweg zu kommen, weil wir unseren Fokus neu ausrichten. Hast du schon mal über ein Dankbarkeitstagebuch nachgedacht? Sich immer wieder bewusst zu werden, dass es so viel Gutes und Schönes auf der Welt gibt, erleichtert es enorm, damit zufrieden zu sein, wie es ist. Dabei spielen wir auch schon in das nächste Thema Tapas rein, doch dazu im nächsten Artikel mehr. Dankbarkeit schult die Unterscheidungskraft (Buddhi), indem wir lernen, woraus Gutes entstehen kann und was uns eher hindert.

Ein Dankbarkeitstagebuch kann helfen Santosha fest im Leben zu begründen.

Unterscheidungskraft ist wie so oft auf dem Yoga-Weg unser bester Begleiter. Wir lernen, was gesundes Zügeln ist und was doch sein darf. Die Antworten sind alle in uns, das verspricht uns Santosha. Wir kommen ganz im hier und jetzt an und lernen diesen Antworten zuzuhören. Die Gegenwart zeigt uns, was unsere Aufgabe ist, was wir aus ihr lernen können. Santosha ist auch die Einladung, das beste aus der Situation zu machen. Wir dürfen uns weiter entwickeln. Dadurch tun wir auch unserer Umwelt was Gutes. Die Niyamas helfen uns, ausgeglichener zu werden, das spiegelt sich auch in unseren Interaktionen mit der Umwelt wider. Situationen können wir einfach loslassen und tiefer in die Meditation eintauchen. Üben wir uns in sattviger Zufriedenheit bleibt der Geist rein und klar wie ein weißes Blatt Papier.

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