Shiva Tandava Stotra – Hymne auf den König des Tanzes

Shiva Tandava Stotra - Nataraja

Das Shiva Tandava Stotra ist eine Hymne zur Verehrung Shivas in Form des göttlichen Tänzers Nataraja, was wörtlich übersetzt “König des Tanzes” bedeutet. Aus seinem unendlichen kosmischen Tanz (Tandava) von Zerstören und Wiedererschaffen geht die Welt hervor.

Shiva Tandava Stotra: Herkunft und Bedeutung

Das Stotra wird Ravana zugeschrieben, dem mythischen zehnköpfigen König von Sri Lanka. Dieser ist eine Hauptfigur im Ramayana, einem der wichtigsten Sanskrit Epen, dessen Ursprünge auf etwa 700 v. Chr geschätzt werden. 

Ravana ist in diesem Epos allerdings der Bösewicht, der Ramas Gemahlin Sita entführt. Doch er ist auch ein großer Verehrer Shivas. Weil er unablässig versucht, zu Shiva zu gelangen, wird er von Shivas Wächter, dem Bullen Nandi, verflucht. Darauf versucht Ravana, den Berg Kailash, die Wohnstätte von Shiva und Parvati, aus dem Boden herauszuheben.

Als Shiva dies bemerkt, bringt er mit seinem großen Zeh den Berg Kailash wieder an seinen Platz zurück. Dabei klemmt er Ravana darunter ein. Dort sang Ravana dann für 1000 Jahre Hymnen an Shiva – das Shiva Tandava Stotra – woraufhin Shiva ihm nicht nur vergab, sondern ihm zudem das unschlagbare Schwert Chandrahasa schenkte.

So heißt es, dass jedem, der das Shiva Tandava Stotra rezitiert, Shivas Wohlwollen und Segen gewiss sind.

Das Shiva Tandava Stotra zählt zusammen mit dem Shiva Mahimna Stotram von Pushpadanta zu den populärsten Shiva Stotras.

Shiva Tandava Stotra wird insbesondere an Shivaratri bei Pujas rezitiert; also auch bei Yoga Vidya. Es ist relativ einfach zu rezitieren, denn man kann für die Rezitation eine ähnliche Melodie wie für die Bhagavad Gita Rezitation verwenden. Das Shiva Tandava Stotra ist geschrieben im Pachachamara Chhanda, hat also 16 Silben pro Zeile mit kurzen (Laghu) und langen (Guru) Silben im Wechsel. So entsteht eine sehr machtvolle Rezitation.

Das Shiva Tandava Stotra mit Übersetzung

jaṭāṭavī galajjala pravāhapā vitasthalegale'valambya lambitāṁ bhujaṅgatuṅ gamālikām |
ḍamaḍ ḍamaḍ ḍamaḍ ḍaman ninādavaḍ ḍamarvayaṁchakāra chaṇḍatāṇḍavaṁ tanotu naḥ śivaḥ śivam ||1||

Aus dem Wald seiner verfilzten Haare fließt der heilige Fluss Ganga und benetzt seinen Hals, an dem die größte Schlange wie eine Girlande hängt. Seine Trommel spielt unaufhörlich damat, damat, damat, damat und Shiva ist dabei in seinen kraftvollen maskulinen Tandava Tanz vertieft. Möge er uns alle mit Segen und Wohlstand überschütten.

jaṭākaṭā hasambhrama bhramannilim panirjharīvilola vīchi vallarī virājamāna mūrdhani |
dhagad dhagad dhagajjvalal lalāṭa paṭṭa pāvakekiśora chandraśekhare ratiḥ pratikṣaṇaṁ mama ||2||

Der himmlische Fluss Ganga bewegt sich durch sein verfilztes Haar, was seinen Kopf mit diesen sanften Wellen glänzen lässt. Seine Stirn scheint wie ein strahlendes Feuer und eine Mondsichel schmückt sein Haupt. Möge doch mein Geist ihn jede Sekunde lieben.

dharādharen dranaṁdinī vilāsa bandhu bandhurasphurad diganta santati pramoda māna mānase |
kṛpākaṭāk ṣadhoraṇī nirud dhadur dharāpadikvachid digambare mano vinodametu vastuni ||3||

Der Gemahl der stets ausgelassenen Tochter des Berges (Parvati), dessen Geist sich an ihren langen Blicken erfreut. Der Strom des barmherzigen Blicks, der Mühsal beseitigt, lässt meinen Geist sich erfreuen an dem, der die Himmelsrichtungen als Gewand trägt.

jaṭā bhujaṅga piṅgala sphurat phaṇāmaṇi prabhākadamba kuṅkuma drava pralipta digvadhū mukhe |
madāndha sindhura sphurat tvag uttarī yameduremano vinodam adbhutaṁ bibhartu bhūta bhartari ||4||

Er, mit dem glänzenden Schmuckstein am Kopf von der Schlange, die seine verfilzten Haare verschlingt; der bei seiner Gemahlin ist, sein Antlitz geschmückt durch das Schmelzen von rotem Safran-Kumkum. Und er, der auf seiner Schulter das Fell trägt vom Elefanten, der vor Wildheit blind war, macht meinen Geist glücklich und zufrieden, in ihm, dem Anführer der Bhoothas (Geister).

sahasra lochana prabhṛt yaśeṣalekha śekharaprasūna dhūli dhoraṇī vidhūsa rāṅghri pīṭhabhūḥ |
bhujaṅga rāja mālayā nibad dhajā ṭajūṭakaśri yai chirāya jāyatāṁ chakora bandhu śekharaḥ ||5||

Möge er, dessen Fußschemel geschmückt ist durch den immer fließenden Blütenstaub, der vom Kopf Indras und anderer Götter hinabfällt; er, dessen verfilzte Haare vom König der Schlangen gebunden sind; möge er, dessen Haupt geschmückt ist von der Mondsichel, dem Freund von Chakora, uns doch für immer mit Wohlstand überschütten.

lalāṭa chatvara jvalad dhanañ jaya sphuliṅga bhānipīta pañca sāyakaṁ naman nilimpa nāyakam |
sudhā mayūkha lekhayā virāja māna śekharaṁmahā kapāli sampade śiro jaṭālam astu naḥ ||6||

Möge er mit dem wütenden Feuer in seiner Stirn, der den Gott der Liebe verbrannte; er, der für immer vom König der Devas verehrt wird; er, der gesammelt hat das kühle Ambrosia wie einen Halbmond auf seinem Kopf; möge er, der die Schädelsammlung trägt, uns segnen und Wohlstand für uns schaffen.

karāla bhāla paṭṭikā dhagad dhagad dhagajjvaladdhanañ jayā dhatīkṛta pracaṇḍa pañca sāyake |
dharād dharendra nandinī kucā grachi trapa trakaprakal panai kaśilpini trilocane ratirmama |||7||

Möge er, in dessen erschreckender Stirn Feuer brennt; der den mit den fünf Pfeilen (Kama, Gott der Liebe) als Feueropfer verbrannte; er, der der einzige ist, der dekorative Linien schreiben kann, auf der Spitze der Brüste der Tochter der Berge; möge er mit den drei Augen den Geist in sich erfreuen lassen.

navīna megha maṇḍalī niruddha durdha rasphuratkuhū niśīthinī tamaḥ prabandha bandhu kandharaḥ |
nilimpa nirjharī dharas tanotu kṛtti sindhuraḥkalā nidhāna bandhuraḥ śri yaṁ jagad dhuraṁdharaḥ ||8||

Möge er, dessen schwarzer Hals so dunkel ist wie viele Schichten neuer Wolken eng gepackt in der Neumondnacht; der den himmlischen Fluss auf seinem Kopf trägt; er, der den Gajasura mit Elefantenkopf getötet hat; möge er, der von der Mondsichel geschmückt ist; der die ganze Last der Welt trägt, uns mit allen Arten von Reichtum segnen.

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Zeitgenössische Rezitation des Siva Tandava Stortra

praphulla nīla paṅkaja prapañcha kālima prabhā vilambi kaṇṭha kandalī ruchi prabaddha kandharam |
smarach chidaṁ purach chidaṁ bhavach chidaṁ makhach chidaṁgajach chidāṁdhakach chidaṁ tam antakach chidaṁ bhaje ||9||

Ich bete zu ihm, dessen schwarzer Hals dem Glanz der Tempel gleicht, die herrlich behangen sind mit geöffneten blauen Lotusblumen; zu ihm, der den Gott der Liebe und die drei Städte zerstörte, der die weltlichen Anhaftungen und das Opferfeuer zerstörte; zu demjenigen, der den Asura mit Elefantengesicht und zudem den Gott des Todes (Yama) überwältigte.

agharva sarva maṅgalā kalā kadamba mañjarī rasa pravāha mādhurī vijṛmbhaṇā madhu vratam |
smarāntakaṁ purāntakaṁ bhavāntakaṁ makhāntakaṁgajānta kānda kāntakaṁ tam antakāntakaṁ bhaje ||10||

Ich bete zu ihm, um den überall Bienen herumfliegen wegen des süßen Honigdufts, der aus dem Blumenstrauß der Göttin fließt; zu ihm, der den Gott der Liebe und die drei Städte zerstörte, der die weltlichen Anhaftungen und das Opferfeuer zerstörte; zu demjenigen, der den Asura mit Elefantengesicht und zudem den Gott des Todes (Yama) überwältigte.

jayat vada bhra vibhrama bhramad bhujaṅgama śvasadvinirgamat krama sphurat karāla bhāla havya vāṭ |
dhimid dhimid dhimidhvanan mṛdaṅga tuṅga maṅgaladhvani krama pravartita pracaṇḍa tāṇḍavaḥ śivaḥ ||11||

Sieg dem großen Shiva, dem das Feuer auf der Stirn brennt, welches durch den Atem der Schlange angefacht wird, die am Himmel wandert; ihm, der zu wechselnden Melodien und heftigen Klängen tanzt, dhimi, dhimi, dhimi, die aus der glücksverheißenden Trommel kommen.

drsad vichitra talpayor bhujaṅga mauktikas rajorgariṣṭha ratna loṣṭhayoḥ suhṛd vipakṣa pakṣayoḥ |
tṛsṇā ravinda chakṣuṣoḥ prajā mahī mahendrayoḥsamaṁ pravarta yanmanaḥ kadā sadā śivaṁ bhaje ||12||

Wann werde ich diesen ewigen Shiva anbeten können, mit Gleichmut gegenüber Schlange und Girlande, gegenüber Edelsteinen und Dreck, oder Freunden und Feinden, oder einem Grashalm und einem Lotus, oder Herrschern und gewöhnlichen Menschen?

kadā nilimpa nirjharī nikuñ ja koṭare vasanvimukta durmatiḥ sadā śiraḥstham añjaliṁ vahan |
vimukta lola lochano lalāma bhāla lagnakaḥśiveti maṁtram uchcharan kadā sukhī bhavām yaham ||13||

Wann werde ich das Leben der Freude leben, über Shiva meditieren, in einer Höhle nah des himmlischen Flusses Ganges sitzend, all meine schlechten Gedanken loslassen und dadurch mit über meinem Kopf gefalteten Händen alle Leidenschaft für schöne Frauen ablegen?

idam hi nityam evam uktam uttamottamaṁ stavaṁpaṭhan smaran bruvan naro  viśuddhimeti saṁtatam |
hare gurau subhaktim āśu yāti nānyathā gatiṁvimohanaṁ hi dehināṁ suśaṅkarasya chiṁtanam ||14||  

Dies ist größer als das große Gebet. Wenn es von Menschen gelesen, erinnert oder täglich rezitiert wird, wird es diese ewig rein machen und sie werden die Hingabe an Shiva bekommen, die zur Erlösung führt. Denn sich an Shiva zu erinnern, zu ihm zu beten, ist ein sicherer Weg, die Anhaftungen zu beseitigen.

pūjā vasāna samaye daśa vaktra gītaṁ yaḥśambhu pūjana paraṁ paṭhati pradoṣe |
tasya sthirāṁ ratha gajendra turaṅga yuktāṁlakṣmīṁ sadaiva sumukhiṁ pradadāti śambhuḥ ||15||

Wer dieses Lied des Zehnköpfigen am Ende jeder Gottesverehrung singt oder es nach der Anbetung von Shiva am Pradosha-Tag (Shivaratri) liest, der wird den Segen von Lord Shiva, Streitwagen, Elefanten und Pferden erhalten, sowie den liebevollen Blick des Gottes des Reichtums.

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Der Autor

Raphael Mousa

Raphael Mousa ist Yogalehrer, Yogatherapeut und Ayurveda Gesundheitsberater und schreibt seine Doktorarbeit über den Austausch von Yoga und Psychotherapie. Er wurde in Indien und Deutschland in den Yoga-Traditionen von Sivananda, Satyananda und Iyengar ausgebildet. In Indien war er außerdem in der Yoga-Klinik Arogyadham tätig und hat in zahlreichen Ashrams und heiligen Stätten gelernt und praktiziert.

Für seinen Bachelor in Ethnologie und Psychologie und seinen Master in Medizinanthropologie hat er in Nepal über Schamanismus geforscht. Weiterhin hat er Kurse und Retreats, u. a. in Klangtherapie, Vipassana, Tantra, tibetischem Buddhismus, Ayurveda, traumasensiblen Yoga, psychologischer Yogatherapie, Reiki und Kundalini Yoga absolviert.

Bei Yoga Vidya Bad Meinberg ist Raphael Sevaka in den Abteilungen für Yogatherapie und Ayurveda tätig und gibt u. a. yogatherapeutische Einzelsitzungen, Yogastunden, Pranayama, ayurvedische Konsultationen und Massagen.

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