Wir sind Yoga Vidya! Unsere neue Portrait-Serie gibt Einblicke in den vielfältigen Alltag von Sevakas hinter den Kulissen von Yoga Vidya Bad Meinberg.
Durch ihr uneigennütziges Dienen tragen und gestalten Sevakas den spirituellen Alltag in den Yoga Vidya Ashrams. Dieses Mal erzählt Steven, was sein Seva für ihn bedeutet.
Steven, Teamleiter Technik-Team, Yogalehrer und Teilzeit in Ayurveda-Oase

Wie sieht dein Seva-Alltag aus?
Morgens gegen 8 Uhr fange ich an, kontrolliere erstmal Fächer, ob es Anliegen von Gästen in ihren Zimmern gibt. Dann kontrolliere ich den E-Mail Account, ob es andere dringende Anliegen oder Informationen gibt, die ich benötige. Daraufhin sprechen meine Kollegen und ich uns ab und dann geht es los mit kleinen Reparaturen überall im Haus.
Nach dem Mittag schaue ich wieder, was anliegt. Zum Beispiel führe ich dann die Wochengespräche mit Teammitgliedern, eine Aufgabe, die man als Teamleiter hat. Ich mache auch die Koordination mit externen Firmen hier im Haus und zeige ihnen, wo sie was arbeiten sollen. Auch für Belange der Sevakas bin ich zuständig, wenn in ihren Zimmern etwas kaputt ist. Am Wochenende habe ich im Turnus mit anderen Teammitgliedern auch Schließdienst. Außerdem betreue ich das Notfallhandy für Notfälle im Haus.
Die meisten Reparaturarbeiten sind wiederkehrende Arbeiten – alles was Heizungen angeht oder so profane Sachen wie Abflüsse. Was ich immer witzig finde, ist, wenn Stromausfall ist. Wie die Leute reagieren. Da merkt man, wie essentiell Strom für Viele ist. Oder wenn bei derselben Person immer wieder verschiedene Sachen nacheinander ausfallen. Das kann auch mal amüsant sein. Interessant ist auch, wenn externe Firmen neu hier sind und das noch gar nicht so kennen. Dann wundern sie sich immer über die Menschen und Abläufe hier. Denn wir müssen uns mit bestimmten Arbeiten an bestimmte Zeiten halten. Wenn zum Beispiel Yogastunde ist, darf nicht gebohrt werden. Da muss sich auch der Handwerker einer externen Firma dran halten und der wundert sich dann. Je länger sie hier sind, umso mehr spielt es sich dann ein. Und umso mehr öffnen sie sich dann auch. Dann erzählt auch mal ein Handwerker, wie er das so sieht. Das vegetarische oder vegane Essen hier ist immer ein Riesenthema für sie. Viele haben dann das Bedürfnis sich mitzuteilen und sagen „Wir schauen auch genau, wo wir einkaufen.“ Oder „Wir essen auch viel weniger Fleisch.“. Das ist mit Ernährung so, aber auch mit Medikamenten. Das ist interessant, dass es so von sich aus kommt, ohne dass ich frage. Jeder will doch eigentlich ein guter Mensch sein.
Die Externen werden durch unsere Themen hier angestoßen. Ich hingegen bekomme auch Impulse. Ich sehe dann jedes Mal wieder die Strukturen, die in der normalen Arbeitswelt so gängig sind. Die sind sehr anders als hier bei uns.
In manchen Zimmern bekomme ich Einrichtungstipps. Ich gucke mir nicht alles genau an, aber man sieht ja wie es aussieht und dann denke ich oft „Die oder der hat sich das ja schön gemacht!“. Oft sagen Sevakas zu mir „Du kannst in mein Zimmer gehen, aber guck dich nicht um, es ist nicht aufgeräumt.“ Und dann liegen da nur zwei Strümpfe auf dem Boden. Ich würde darüber aber eh nicht urteilen, das geht mich gar nichts an. Bei mir ist auch nicht immer alles aufgeräumt.
Ich habe mit vielen externen Firmen zu tun. Wenn ich die Strukturen und den Stress mitbekomme, bin ich immer wieder froh, bei Yoga Vidya zu sein.
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Was ist an deinem Leben bei Yoga Vidya anders als vorher?
Ganz klar: Dass ich hier lebe und auch hier meinen Sevadienst mache. Also sich alles hier an diesem Ort abspielt, das ist das Prägnanteste. Hier leben wir in einer eigenen Welt, eine Welt für sich bei Yoga Vidya. Alles spielt sich in einem kleinen Space ab. Mit den alltäglichen Sachen, die überall sonst stattfinden, hat man gar nichts zu tun. Die Uhren laufen hier anders. Wenn ich zum Beispiel mal nach Detmold komme, nehme ich da eine ganz andere Energie wahr. Mehr Hektik und Bewegung, stressorientiertere Abläufe. Das sieht man auch den Menschen an, die sind total gestresst. Das nehme ich hier bei Yoga Vidya nicht in solchen Ausmaßen wahr.
In meinem Arbeitsleben vorher war es so, dass man bestimmte Sachen gemacht hat und andere Sachen haben andere gemacht. Hier aber gibt es die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Wenn jemand sagt, er möchte eine andere oder neue Aufgabe übernehmen, dann bekommt er die Möglichkeit dafür eingeräumt. Man kann in Aufgaben hinweinwachsen. Das findet im normalen Leben nicht so statt.
Bevor ich hierher kam, war ich schon 24 Jahre im Berufsleben tätig. Mit 16 Jahren als Fliesenleger, später dann Bürokaufmann. Ich habe mich 15 Jahre mit Handwerk beschäftigt und sechs Jahre mit Einzelhandel. Da konnte ich mir ein gutes Bild machen, wie das abläuft. Da ist alles enger abgesteckt.
Bei Yoga Vidya bekommen auch Leute eine Chance, die sonst nicht so in das Normmaß passen. Auf diese Personen wird genauso eingegangen, wie auf alle anderen. Der humane Teil steht hier im Vordergrund. Bei einem normalen Arbeitsplatz bleibt die Humanität oft auf der Strecke aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit. Was aber nicht heißt, dass man hier Ferien hat! Ich weiß auch gar nicht, ob das auf Dauer schön wär.
Dazu kommen noch die ganzen Yogastunden, das ganze Spektrum, was Yoga ausmacht, kann man hier selbst erfahren. Hier in unserem Breitengrad wird das ja oft eher über die Körperübungen wahrgenommen. Bei uns aber kann man das noch plus Rituale, Satsang, Singen, eben ganzheitlich erleben. Ich habe schon früher Yogastunden gemacht. Bei Yoga Vidya war ich über den Satsang, das Singen und die Götterfiguren erstaunt.
Hier gibt es die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Auch wenn man eine Sache vorher noch nie gemacht hat, bekommt man die Möglichkeit dazu und kann in die Aufgabe hineinwachsen.
Wieso sollte jeder in seinem Leben einmal Sevaka sein?
Also wenn ich das von meiner Warte aus mal sage, ich kann ja nicht für andere Menschen sprechen: Es ist einfach toll zu erleben, wie das ist, wenn man aus normalen Strukturen mal rauskommt. Ich stand 24 Jahre im Berufsleben, auch in verschiedenen Tätigkeiten und Gewerben. Wenn ich von mir persönlich spreche: Dieses Sevaka sein und das Dienen ist eine komplett andere Herangehensweise an eine tägliche Tätigkeit. Für viele Personen ist das erstmal gegen die Logik, wie man sonst es gewohnt ist, bestimmte Sachen auszuführen. Das Leben kann eben auch anders laufen. Und es läuft ja, wie man sieht.
Ich kann mich noch gut an den Anfang erinnern. Das war ein Riesenlerneffekt für mich. Ich war zu Beginn erst 16 Monate an der Rezeption. Es ging darum das Kassenbuch zu führen. Ich war gewohnt, dass man direkt bezahlt. Aber hier habe ich trotzdem Schlüssel ausgehändigt. Das konnte ich gar nicht verstehen. Früher war es so: Bei Lieferung wird bezahlt. Zimmer gebucht, Zimmer bekommen, bezahlen. Was ist, wenn jemand einfach abreist? Man malt sich die Sachen im Kopf ja auch aus. Aber hier läuft das auf Vertrauensbasis, die Leute kommen zurück und bezahlen dann auch. Das hat immer geklappt, bei mir ist nie etwas vorgekommen.
Ich war eben bestimmte Abläufe gewöhnt, aber da musste ich mich umgewöhnen. Gerade jetzt in unserer Zeit, wo alles so leistungsorientiert ist, denke ich ist das hier eine tolle Erfahrung. Besonders auch für junge Menschen, einfach mal schon früh so etwas zu erleben, was einfach nicht so alltäglich ist. Und sich schon einen Erfahrungsschatz schaffen. Wenn man 40 oder 50 ist, kann man dann sagen: „Ich war mal ein Jahr im Ashram und es war ein spannendes Jahr.“ Auch wenn man das erst im Nachhinein wahrnimmt. Wer kann das schon sagen?
Es ist eben eine schöne Erfahrung für’s Leben, für später mal. Ich habe immer bereut, dass ich nach dem Zivildienst nicht das Freie Soziale Jahr gemacht habe. Weil ich ein gutes Angebot als Fliesenleger bekomme habe, mit einem guten Gehalt, da habe ich das abgeblasen. Aber ich habe es immer bereut, nichts Soziales gemacht zu haben. Mit meinem Beginn hier habe ich das nachgeholt.
Es ist eine Erfahrung, auf die man irgendwann einmal mit Freude zurückblicken kann. Ich habe immer bereut, nie ein Soziales Jahr gemacht zu haben. Seit fünf Jahren vereine ich nun meine soziale mit der fachlichen Arbeit.
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Was sind Sevakas?
In Ashrams gibt es keine Mitarbeiter/innen sondern Sevakas, die durch uneigennütziges Dienen den spirituellen Alltag im Ashram tragen und gestalten. Das Wort Sevaka stammt aus dem Sanskrit und bedeutet wortwörtlich übersetzt Praktizierender, Diener, Anhänger, Verehrer. Sevakas leben im Ashram und geben sich mit dem Notwendigsten und wenig materiellen Komfort zufrieden, um sich der spirituellen Praxis und Entwicklung intensiv zu widmen.
Sevakas leben in den Yoga Vidya Ashrams und Zentren in spirituellen Lebensgemeinschaften. In diesen spirituellen, alternativen und engagierten Kommunen dienen sie, praktizieren gemeinsam Yoga und entwickeln sich persönlich und für eine bessere Welt weiter.
Weitere Einblicke in den Alltag unserer Sevakas →
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Es ist beeindruckend, wie Du erzählst, Steven.
Du bist wie ein Typ von Nebenan.
Ich gehe in den Yoga-Vidya Ashrams ein und aus und kenne einige Sevakas.
Aber Dein Blick ist wieder ein anderer.
Hoffentlich inspirierst Du viele junge Menschen.
Ich wünsche Dir alles Gute.