Bald ist Yoga Kongress – hier ein Bericht vom Kongress 2013

Bald ist der nächste Yoga Kongress – der große europäische Yoga Kongress
vom 14. bis 16. November 2014 „Yoga – traditionelle Weisheit für die Zukunft“ steht vor der Tür. >>>mehr>>>. Passend dazu findest du hier einen Bericht vom Yoga Kongress November 2o13 von Christine Endris, die seit vielen Jahre für das Yoga Vidya Journal – und für den Blog hier, Beiträge verfasst. Hier als der Artikel von Christine Endris zum Yoga Kongress:

Eindrücke vom Yogakongress vom 15. bis 17. November 2013

Divine Life – Sivanandas integraler Yoga heute“

von Christine Endris

 Besonderer Anlass für die Wahl dieses Kongressthemas war der 50. Todestag (Mahasamadhi) von Swami Sivananda, der 1887 in Indien als Kind einer wohlhabenden Brahmanenfamilie geboren wurde, und 1963 in Rishikesh seinen Körper verließ.

Bei seiner Eröffnungsansprache skizziert Sukadev das Leben Sivanandas nach dessen Rückkehr aus Malaysia im Jahr 1923. Er hatte dort mehrere Jahre lang seinen Beruf als Arzt ausgeübt, sehr erfolgreich. Doch dieses Leben füllte ihn nicht mehr aus und er begab sich in Indien als Wandermönch auf die Suche nach einem geeigneten Ort, um ein Leben in Zurückgezogenheit und strengem Sadhana zu führen und um einen Meister für sich zu finden. Beides fand er in Rishikesh. Er baute sich eine kleine Hütte, lernte bei seinem Meister und diente den Menschen, wo immer er konnte – und er konnte, denn er war Arzt, klug, mitfühlend, selbstlos und tatkräftig. Immer mehr Schüler kamen im Lauf der Jahre zu ihm.

Wichtige Daten in seinem Leben:

  •  1933 Gründung des Sivananda Ashrams in Rishikesh
  • 1943 Errichtung des Wishwanat-Tempels in Rishikesh
  • 1953 Gründung des World Parliament of Religion
  • 1963 Verlassen des physischen Körpers

Nach seinen intensiven Gotteserfahrungen war es Sivanandas Ziel, die Lehre des Yoga an alle Menschen weiter zu geben. Er kümmerte sich liebevoll und sehr engagiert um jeden, der ihm begegnete, gesund oder krank, arm oder reich. Er war für jeden ansprechbar und beliebt wegen seiner Liebenswürdigkeit, seines hochherzigen Charakters und nicht zuletzt wegen seines Humors. Er lebte in Gleichmut und in bedingungsloser Liebe für Alle(s) sein Leben.

„Ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie“ war sein Leitspruch. Trotzdem schrieb er 296 Bücher, die in der ashrameigenen Druckerei vervielfältigt und in alle Welt versandt wurden. Er schrieb übrigens in englischer Sprache nach dem Motto: Yoga ist für alle, die ganze Welt soll Yoga kennenlernen. Berühmte Yogis wie Boris Sacharow und Iyengar wurden damals von ihm ermutigt, in die Welt zu gehen und zu lehren.

Die Ehrengäste zur Kongresseröffnung heben in ihren Grußworten den Stellenwert des Yoga Ashrams für Bad Meinberg hervor. Die Zusammenarbeit wird als sehr gut beschrieben, Yogis machen derzeit 50 % der Gäste aus. Nun tragen wieder mehr als 60 nationale und internationale Referenten den Namen des Ortes in die Welt hinaus, ganz abgesehen von den vielen Kongressteilnehmern.

 Sigmund Feuerabendt, dienstältester Yogalehrer Deutschlands, berichtet darüber, wie er als junger Mann Swami Sivananda in Rishikesh besuchte und ein dreistündiges Gespräch mit ihm führen durfte. Sivananda war heiter und sprach kein einziges belangloses Wort, sein Blick war „so etwas wie magisch, man war nicht mehr da“. Er sagte zu ihm: „Du lebst nicht mit dem Yoga sondern du lebst im Yoga!“

Sigmund Feuerabendt findet, Sukadev sei angesichts seiner Aufgaben nicht zu beneiden, aber „ er ist der richtige Mann an der richtigen Stelle!“

Auch Nepal Lodh, jedes Jahr Ehrengast beim Yogakongress und Leiter des alljährlichen Begrüßungsrituals, verbindet sein höchstes Lob mit der Feststellung: Wir brauchen noch mindestens eine Milliarde Yogalehrer!

Es folgt der erste Vortrag mit Shanmug Westley Eckhardt „Sivanandas Beitrag zur spirituellen Weltliteratur“. Er ist, wie auch Sukadev, direkter Schüler von Swami Vishnudevananda. Er erzählt die schöne Geschichte, wie Vishnu in den 40er Jahren beim indischen Militär im Papierkorb 20 spirituelle Lektionen von Sw. Sivananda gefunden hat. Davon war er so beeindruckt, dass er sich entschloss, diesen Meister persönlich zu treffen. Er fuhr nach Rishikesh, sah Sivananda von weitem und verbarg sich, um ihn erst einmal in aller Ruhe beobachten zu können. Sivananda aber steuerte direkt auf ihn zu und verbeugte sich vor Vishnus Füßen. Sivananda hatte einen neuen Schüler! … und für alle, die es noch nicht wissen: Später wurde Sukadev der Schüler von Sw. Vishnu.

Shanmug erzählt, dass Sivananda als Sohn einer Brahmanenfamilie in der indischen Tradition, aber auch in der christlichen Lehre, auf allen Wissensgebieten incl. Kunst und Sport, ausgebildet wurde. Für ihn gab es keine finanziellen Sorgen. Er studierte Medizin und gab in jungen Jahren bereits eine medizinische Zeitschrift heraus.

Sivananda schrieb Bücher über alle Yogawege und insbesondere darüber, wie man richtig handelt im Leben. Ab 1936 hatte er eine eigene Druckerpresse. Mircea Eliade lebte sechs Monate lang im Ashram und promovierte mit dem Thema Yoga. Auch auf viele andere Wissenschaftler und Philosophen übte er einen starken Einfluss aus, was sich literarisch niederschlug. Sivanandas Beitrag an der Literatur könnte als Transformierung des Lebens bezeichnet werden.

In meinem ersten Kongress-Workshop geht es um „Trauma und Schock – ihre Wirkungen auf Aura und Chakras„ mit Jutta Qu’ja Hartmann. Nach einem traumatischen Ereignis entsteht Stress und Betroffene können oft nicht mehr in ein normales Leben zurückkehren. Depression, Angstgefühle, der Wunsch wegzulaufen und körperliche Symptome treten auf. Kompensiert wird dies mit Angreifen, Sich-tot-stellen, Stottern, Flucht. Der Mensch ist außerhalb seiner selbst. Auch vor Prüfungen können Traumata beginnen (Zittern, kalte Hände).

Für die Heilung ist wichtig: keine Medikamente! Der Heilung wird sich mit kleinsten Schritten auf eine ruhige, sanfte Art angenähert. Körper und Seele werden allmählich wieder zusammengeführt. Wichtig ist eine Stabilisierung des Positiven, dabei hilft Yoga. Auch die Frage: Was gibt es außerhalb des schrecklichen Ereignisses? Also das negative Muster aufbrechen. Erst nach der Stabilisierung kann auf das Geschehen zurück geblickt werden. Trainiert wird, sich von außen zu sehen und von innen her wahrzunehmen. „Die Sprache der Liebe sprechen“ sagt Jutta Qu’ja Hartmann.

 

Vortrag von Sukadev nach dem Satsang: „Die Sivananda Tradition – Gurus und Schüler“.

Shankara (ca 788 – 820 n.Chr.) ist der große Vedantin, in dessen Tradition Sivananda lebte und lehrte. Sivananda beschäftigte früh die Frage nach dem Sinn des Lebens, schon als Arzt in Malaysia hatte er einen spirituellen Lehrer. Später als Wandermönch erlegte er sich strengstes Sadhana auf – er wollte unbedingt Gott erreichen. Dies alles vor dem Hintergrund, dass er früher ein reicher Mann war, sich gerne elegant kleidete und schmückte – mit Hüten zum Beispiel – und so vor dem Fotografen posierte. (Ich freue mich darüber, dass es diese Fotos heute noch gibt, der Mensch wird sichtbar!). Aber auch das Teilen war ihm seit jeher zu eigen.

Sukadev nennt die vielen großen Yogis, die Sivanandas Schüler waren: Sw. Chidananda, sein Nachfolger im Ashram, Sw. Krishnananda, der große Jnana Yogi, Sw. Vishnu, der Hatha Yogi, der viele Schüler hatte und die ganze Welt bereiste, Sw. Satchidananda, der „Guru von Woodstock und den Beatles“, Sw. Nityananda, der erste Drucker, Boris Sacharow, der aus Russland nach Berlin floh, André von Lisebeth, bekannter belgischer Yogi, Sw. Sivananda Radha, Psychologin, die als Jüdin in der Hitlerzeit Deutschland verließ.

Dann kommen die vielen Meister und Lehrer dazu, die nicht nur hier am Kongress teilnehmen, sie leben und lehren auf der ganzen Welt. Sukadev wurde 1981 Schüler von Sw. Vishnu und folgte ihm viele Jahre nach New York, Kanada, Spanien, Los Angeles, Paris, London und anderen Städten.

 

Am Samstag früh ab sechs Uhr gibt es Meditation, Mantrasingen, Vorträge, Arati – alles so, wie es Sivananda in Rishikesh gemacht hat und viele andere davor und danach, und mir wird bewusst, welch eine Kraft damit schon in die Welt gekommen sein muss!

 

Das ist auch Sukadevs Gedanke im Satsang: Die Gnade des Meisters ist immer da. Mit unserem Bemühen werden wir dafür aufnahmebereit. Wir können spirituelle Texte lesen oder Schriften über Sivananda, es gibt einige sehr lesenswerte (Auto-)Biographien. Wir können auch Tratak (Konzentrationsübung) mit seinem Foto machen und ihn um Führung bitten: Sivananda, heute wartet ein neuer Tag auf mich, bitte zeige mir, was meine Aufgabe ist! Und später darbringen, was war: Ich habe mich bemüht, vervollständige Du es für mich!

Wir können das Unterrichten und Meditieren besonders unter den Segen des Meisters stellen und was wir am allermeisten sollten: Das höchste Ziel anstreben, die Gottverwirklichung. Sivananda sagte: Vergiss alle Nebensachen – denke daran, deine wahre Natur ist Sat-chid-ananda, Sein-Wissen-Glückseligkeit! Sukadev schließt mit den Worten: Lebe mit einem weichen reinen Herzen und mit tapferem Geist!

 

Samstag: Der große Saal ist an diesem frühen Morgen voller Menschen, hunderte, und Sw. Nirgunananda liest Gedichte von Sw. Sivananda vor! Es ist still. Die Gedichte treffen mitten ins Herz.

Ihr könnt sie selbst lesen, ihr findet sie im 12. Kapitel der Autobiographie von Swamiji, die bei Yoga Vidya erschienen ist. Und im 13. Kapitel findet ihr Briefe von ihm unter dem Aspekt „Humorvolle Weisheit“!

 

Danach widme ich mich Patanjali mit Dr. Oliver Hahns Vortrag „Das Yoga Sutra des Patanjali – der Urtext des Yoga“, schließlich ist dieser Text eine wesentliche Grundlage und gilt als die älteste Schrift über die Psyche des Menschen. Leid entsteht dann, wenn wir uns mit dem, was wir sehen, hören, tun und haben identifizieren (aus Unwissenheit, Avidya). Im Zustand der reinen Wahrnehmung sind wir frei von allen Bindungen – Sehen und Gesehenes sind eins.

 

Yogapraxis, eine willkommene Abwechslung nach all den Vorträgen, im Workshop „Jailanka Yoga“ mit Jadranko Miclec und Julia von Cube aus der Krishnamachaya-Tradition. Schwerpunkt ist die Wirbelsäule. Wir beginnen mit Dehnungen, seitlichen Drehungen und mit einer ganz sanften Massage von Gesicht und Oberkörper zum Herzen hin. Dies führt unumgänglich zu Konzentration und großem Wohlbefinden – ich gebe mir selbst etwas unendlich Freundliches. In Rückenlage mit starker Ujjayi-Atmung machen wir viele Seitdrehungen der Beine und des Beckens, so dass die Wirbelsäule und das Nervensystem stark stimuliert werden. Die Übungen sind eine Giropraktik für uns selbst, wunderbar.

 

Was Sigmund Feuerabendt zu berichten weiß, interessiert viele Kongressteilnehmer, ist er doch bekannt als begnadeter Geschichtenerzähler. Im Alter von 22 Jahren – also vor 63 Jahren – brach er in Hamburg auf zu einer Weltreise, die ihn über Casablanca und Südafrika nach Indien führte. In Rishikesh hatte er eine eindrucksvolle Begegnung mit Sivananda. Sein wichtigster Meister wurde Boris Sacharow, auch dieser ein Schüler Sw. Sivanandas. Sacharow floh 1919 aus Russland nach Berlin, nachdem seine Eltern ermordet worden waren. Dort gründete er die erste deutsche Yogaschule.

 

Mein Workshop nach dem – muss ich es noch sagen? – ausgezeichneten Mittagessen heißt „Pranayama in der zweiten Lebenshälfte – Frieden und Gelassenheit auf dem Weg zum großen Sprung“ mit Willem Wittstamm. Ich will mal wissen, was ich alles für den großen Sprung tun kann! Willem Wittstamm ist ein optimistischer junger Mann, es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten. Mit Atemübungen, kleinen und großen Gesten bringen wir uns ins Lot.

 

Jeden Abend wird in den Sivananda Yoga-Zentren das OM Namo Narayanaya für den Weltfrieden gesungen, so auch in Bad Meinberg, dieses Mal mit vielen Teilnehmern!

 

Den ersten Abendvortrag hält Swami Sivamurti Saraswati von der Bihar School of Yoga, eine der engsten Schülerinnen von Sw. Satyananda, einem Schüler von Sw. Sivananda. Hier sieht man schon die lebendige „Guru Parampara“ (Lehrer-Schüler-Nachfolge). Sie erzählt über die vedantische Tradition des Advaita, des Einen ohne ein Zweites, des Eins-Seins mit allem.

 

Shanmug Westley Eckhardt, direkter Schüler von Sw.Vishnu und langjähriger Leiter verschiedener von diesem gegründeter Ashrams, spricht über „Spirituelle Philosophie und Sw. Sivanandas Beitrag dazu“. Heute ist er in Madrid sehr aktiv, er bildete Tausende von Yoga-Aspiranten aus. Shanmug suchte für seinen Vortrag nach einer Definition für Spirituelle Philosophie und stieß dabei im neueren Sprachgebrauch auf Begriffe wie Mystik, New Age, indische Philosophie, Esoterik. Früher nannte man das alles Religion. Die traditionelle Religion steht der subjektiven Spiritualität gegenüber. Auf der einen Seite die Gemeinschaft mit festen Regeln, die unter Umständen autoritäre Züge haben kann, auf der anderen Seite die ureigene Erfahrung, Offenheit gegenüber Neuem.

Sivananda hat beide Dimensionen vereinigt. Er vertrat den Standpunkt, besser Samnyas (der Welt entsagen) für eine Minute als gar nicht, und weihte viele junge