Bericht vom Yoga-Kongress 2009

Wunderschöner Kongress-Bericht, von Christine Endris. 12.-14.11. findet der nächste Yoga Kongress statt. Aus diesem Anlass hat Christine Endris einen Artikel geschrieben mit ihren Eindrücken vom Yoga-Kongress 2009. Lies, was so auf einem Kongress alles so passiert – und vielleicht magst du dich ja noch anmelden für den Yoga-Kongress November 2010.

Yoga-Kongress 2009

Yoga und Meditation – Entspannung, Heilung, Selbsterkenntnis

Veranstaltet vom Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer/Innen e.V. in Zusammenarbeit mit der Society for Meditation and Meditation Research (SMMR) e.V.

Persönliche Eindrücke von Christine Endris (BYV)

Dieser Kongress fand zum sechsten Mal in Bad Meinberg statt. Gegründet wurde Yoga Vidya von Sukadev im Jahr 1992. Ich erinnere mich noch gut an die ersten kleinen, aber feinen Kongresse im Westerwald! Wie unglaublich stark hat sich Yoga Vidya in dieser Zeit entwickelt! Das konnte sich damals niemand vorstellen.

In seinem Grußwort  berichtet der Kurdirektor von Bad Meinberg, Wolfgang Diekmann, dass Yoga Vidya drei ehemalige Kurkliniken zu den vorhandenen Anlagen erworben hat. Hier werde etwas Herausragendes geleistet. Yoga Vidya bedeute ein „Glücksfall“, eine Bereicherung dessen, was bereits vor Ort angeboten werde: die Senioren-Universität, Sommerakademie, Bad Meinberger Asientage, Yoga und Moor, Gesundheitswanderwege u.v.m. Zum Kongress würden auch in diesem Jahr wieder 60 internationale Referenten viele verschiedene Traditionen und neue Studienergebnisse vorstellen, verbunden mit praktischen Anleitungen zum Üben. Er werde diesmal „selbst  dabei sein“! Dafür bekam Herr Diekmann einen dicken Applaus – hat doch auch unser Meister Sw. Sivananda schon immer gesagt, ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie!

Dr. Harald Piron, der Vorsitzende der im Jahr 2000 gegründeten Society for Meditation and Meditation Research, informiert in seinem Grußwort  über die Entwicklung der SMMR: Früher galt Meditation eher als eine Entspannungstechnik und eine Möglichkeit in der Verhaltenstherapie, auch hilfreich als Achtsamkeitsmeditation für Schmerzpatienten. Die Aspekte des Bewusst-Seins, der Selbst-Erkenntnis, des Nicht-Identifizierens mit den Gedanken, kamen erst in den 60er Jahren dazu.

In Deutschland gibt es – im Gegensatz zu den USA – wenig Meditationsforschung. Dies zu ändern haben sich die Mitglieder der SMMR zur Aufgabe gemacht. Inzwischen liegen zahlreiche Forschungsarbeiten vor – Harald Piron verweist auf den Infostand im Haus während des Kongresses.

Ein Highlight  dieses Wochenendes wird die Vergabe des zweiten Forschungspreises der SMMR am Samstag Vormittag sein!

Friedensnobelpreis für Yoga!

Nepal Lodh, indischer Yogameister und Vorsitzender der Deutsch-Indischen Hindu-Gesellschaft Bremen, der Yoga Vidya von Anfang an begleitet und unterstützt hat, führt ein Eröffnungsritual aus mit den Aspekten ganzheitliche Liebe, Familienfrieden, interkulturelle und konfessionelle Kommunikation.

Nepal Lodh hat eine ganz aparte Idee: Er plädiert in seiner Ansprache für einen Friedensnobelpreis für Yoga mit Sukadev als Stellvertreter für alle Yogis! Warum nicht? Dass es immer mehr Yoga praktizierende gibt, trägt sicherlich zum Weltfrieden bei – wir machen mit!! An uns soll es nicht liegen!

Sukadev hebt in seiner Begrüßung die Zusammenarbeit der verschiedenen Traditionen und den Austausch von Wissen hervor. Insbesondere der therapeutische Aspekt des ganzheitlichen Yoga erhielt einen starken Auftrieb, seitdem Yoga Vidya in Bad Meinberg seinen Hauptsitz gefunden hat. So nimmt es nicht Wunder, dass eine erweiterte Kooperation mit dem Kaivalyadhama-Yogatherapie-Institut in Südindien angestrebt wird, dessen Direktor, Subodh Tiwari, beim Kongress ausführlich zu Wort kommen wird.

Mehr Grausubstanzen in spezifischen Hirnregionen

Den ersten Vortrag hält Dr. Ulrich Ott. Er vereint alles in seiner Person, was den äußeren Rahmen dieses Kongresses ausmacht: Er ist wissenschaftlicher Beirat der SMMR, Yogalehrer und Diplompsychologe. Sein Thema: Meditation als Regulation: Entspannung, Konzentration, Emotionen, Selbstmodell.

Für den Begriff Meditation gibt es noch keine verbindliche Definition. Früher galt sie als Entspannungsmethode, wurde für die „kleine Intervention“ bei Schmerzen und Ängsten genutzt. Inzwischen weiß man aufgrund interdisziplinärer Forschungen, dass Meditation eine körperlich-seelisch-geistige Klärung herbeiführt bis hin zur Erfahrung von Nicht-Dualität, vom Eins-Sein mit allem. Dies hat deutliche, messbare Auswirkungen auf den Körper: Wachstum von Nervenzellen, mehr Verbindungen zwischen den beiden Hirnregionen, mehr Grausubstanzen in spezifischen Hirnregionen, Veränderungen im Herz-Kreislauf-Bereich und – die ganz frohe Botschaft für Meditierende – im Alter werden solche neu gebildeten Zellen und Regionen nicht abgebaut!

Körperliche Erregung und emotionale Situationen werden differenzierter wahrgenommen, negative Emotionen nehmen bereits nach achtwöchiger Meditationspraxis ab, es entwickelt sich mehr Mitgefühl, das Sozialverhalten verbessert sich. Man könnte sagen, die Forschung entwickelte sich vom Ergebnis Entspannung hin zum Ergebnis Liebe.

Das Tagträumen – heutzutage ein Top-Thema in den Medien und in der Forschung – gilt biologisch als äußerst sinnvoll.

Forschungsergebnisse liegen auch vor hinsichtlich der Meditation von Kindern ab 5. Schuljahr.

Medizinstudenten, die sich hohen Anforderungen gegenüber sehen und relativ häufig ihr Studium abbrechen, haben eine deutlich höhere Erfolgsquote, wenn sie regelmäßig meditieren.

Hier eine kleine Anmerkung: Fast alle Referenten sind im Internet zu finden.

So sind beispielsweise auch unter Ulrich Ott und SMMR eine Menge Forschungsergebnisse und Nachweise zum Thema zu finden!

Nach diesem Vortrag hatte ich unter elf unglaublich interessanten Workshops zu wählen, so dass die Entscheidung richtig weh tat – auch wenn’s das bei Yogis eigentlich nicht geben dürfen sollte … Um meine eigene Selbstwahrnehmung und -kritik vielleicht noch etwas „aufmöbeln“ zu können, entschied ich mich für

Den Stein im eigenen Schuh erkennen mit Shambavi Regina Glaser und ihrem Ehemann.

Ihre Themen: Jeder muss die Verantwortung für sich selbst übernehmen und erkennen, dass nicht die anderen Schuld sind oder waren. – Das Glück findet, wer sich neigt.

Ein Vorhaben beginnt im Hier und Jetzt. Wie fühlt es sich an in der Entscheidungsphase? Bin ich es wert? Zweifel schwächt! Glaube ich daran mit Kopf, Bauch und Herz? Vergangenes nicht schlecht reden! Dankbar sein für das, was man erleben durfte. Und dieses immer wieder gerne gesagte „nie wieder“ sollte uns nicht allzu locker über die Lippen kommen.

Die Yogastunde Anatomisch korrekte Ausführungen der Asanas – stabilisierende und hüftöffnende Übungen, Umkehrstellungen (Mittelstufe/Fortgeschrittene) mit Wolfgang Becker ist meine Herausforderung des Tages! Ich merke gleich, der volle Lotus ist avisiert! In diesem meinem Leben hatte ich ihn nicht mehr im Programm! Das hilft mir jetzt nichts mehr – ich will mein Bestes geben!

Unter kurzen, klaren und – mein größter Trost und bester Ansporn – stellenweise trocken humorvollen Anweisungen werden die Hüften geöffnet, Standfestigkeit überprüft und Ausdauer eingefordert. Natürlich nicht wirklich eingefordert, aber ich hab’s gemacht solange ich’s konnte und so gut ich konnte. Und fühlte mich danach sehr stark.

Eine wahre Fundgrube für Yogalehrende!

Parallel zu dieser Yogastunde gab es neun weitere mit interessanten Aspekten und Themen: Kopfschmerz und Migräne, Nutzen der Bandhas für die Kraft aus der Mitte, Gefühle wahrnehmen, akzeptieren und transzendieren, Asana flow, Asanas zu Musik des antiken Griechenlands, life auf historischer Leier, Surya Namaskar kreativ, intensiv und frei, Klangyoga mit geistigen Wirkungen, Yoga mit Texten aus der Bhagavad Gita.

Wie man sieht, ein bunter Blumenstrauß an Angeboten für wirklich jedes Bedürfnis und Interesse. Eine wahre Fundgrube auch für Yogalehrende, um ihren Stunden ein paar neue Aspekte hinzu zu fügen. Ich entschied mich, auch wenn es schwer fiel, eher für solche Lehrer, die ich sonst im Ashram nicht erleben kann. Das ist ja das Schöne am Kongress, dass hier auch viele verschiedene Hatha Yoga Stile zusammenkommen und sich austauschen können.

Beim Satsang am Freitag Abend stellt Sukadev die Frage: Warum sollen wir uns ethisch verhalten? Vordergründig: Damit wir nicht in die Hölle kommen! (O-Ton Sukadev) Tiefer nachgeschaut: Wir haben einen Gesellschaftsvertrag entsprechend Kants Kategorischem Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde“). Patanjali antwortet ähnlich Aristoteles: Aggression führt uns in Leid und Unwissenheit, ethisches Verhalten dagegen kurzfristig zu tiefer Freude, langfristig zu höherer Erkenntnis.

Da denke ich: Was wäre das schön, wenn das nur alle wüssten!

Dr. Friedrich Ebert fordert in seinem Vortrag Yogatherapie zwischen Anspruch und Wahnsinn den sorgfältigen Umgang mit der Ganzheitlichkeit des Yoga. Erfahrungen müssen kommuniziert werden. Er empfiehlt eine Datensammlung von Yoga Vidya über mögliche gesundheitsschädigende Wirkungen von Yoga. Er warnt vor exzessiver Meditation und Yogapraxis. Druck oder Ehrgeiz  von Schülern wie auch Lehrern sollen vermieden, der spielerische Umgang mit Yoga sollte gefördert werden. Dr. Ebert weiter: Yoga schult das ganzheitliche Erkennen. Dadurch wird die Autonomie des Menschen erhöht!

Er erwähnt auch das Ayurveda-System in Verbindung mit Yoga-Therapie und den Wert von Yoga als Prophylaxe. Von Ahimsa, Gewaltsosigkeit, sollte der Umgang mit uns selbst geprägt sein, Dharana, Achtsamkeit ist dafür erforderlich.

Es folgt ein Vortrag von Dr. Ernst Schrott: Bewusstsein – die Grundlage der Marmas im Ayurveda für Heilung

Nachfolgend einige Kernsätze aus seinem Vortrag:

In den Marmas ist der Sitz des Prana und des Lebens, sie sind die „kosmischen Schaltstellen“ des Körpers. 72000 Nadis (Energiekanäle) sind die Klangkanäle und dort wie auch in den Marmas vibriert der Klang der Schöpfung. Die Yoga Asanas öffnen alle Marmas in unserem Körper, wir werden intensiv mit Energie aufgeladen.

Praktische Übungen ergänzen und bereichern diesen interessanten Vortrag.

Im Satsang am Samstag früh morgens greift Sukadev das Thema Yogatherapie auf. Mit dem Projekt Shanti wird voraussichtlich eine psychosomatische Klinik entstehen, die verschiedene Ansätze miteinander verbinden wird: zum Einen die Lehren Sivanandas, der ja selbst Arzt war und die vedantische Tradition bis zu seinem physischen Tod 1963 verkörperte, dann das Kaivalyadhama-Yogatherapie-Institut und die Bihar School of Yoga sowie die vedische Tradition und die klassischen Yogaschriften.

Er führt die sieben Grundprinzipien der Yogatherapie bei Yoga Vidya aus:

1. Prinzip: Was?

– Yoga und Schulmedizin miteinander verbinden!

– Konzeption neuer Ausbildungsinhalte

– Zusammenarbeit von Ärzten und Heilpraktikern

– Angebot eines Ratgeberportals im Internet

2. Prinzip: Non nocere – nicht schaden!

Bestimmte Asanas können manchmal auch nicht hilfreich sein! Der behandelnde Arzt / die Ärztin müssen befragt werden, konkret, zu ganz bestimmten Stellungen. Es geht also nicht um die Frage Yoga praktizieren – ja oder nein, sondern wie eine bestimmte Stellung für eine bestimmte Person zu bewerten ist. Diese Vorgehensweise lehrt die Erfahrung, weil es immer noch einige Ärzte gibt, die grundsätzliche Vorbehalte gegen Yoga hegen,  bzw. Yoga überhaupt nicht kennen. Für eine Umkehrstellung wie den Kopfstand kann alternativ der Hund gemacht werden, anstelle des Schulterstands der unterstützte Schulterstand mit Kissen usw. – für solche Situationen gibt es viele Beispiele.

3. Prinzip: Spezifische Übungen

Die Wirkung einzelner Übungen ist wissenschaftlich noch nicht nennenswert erforscht. Das liegt an der Forderung der Schulmedizin, hier vorzugehen wie bei der Erforschung von Medikamenten beispielsweise, mit double blind Studien u.dgl., was bei der Ganzheitlichkeit des Yoga schwierig sein dürfte. Yogameister des 19. bis 21. Jahrhunderts beschreiben einige Asanas mit ihren Wirkungen. Sukadev: Achtsam bleiben, manches stimmt nicht!

4. Prinzip: Ganzheitlichkeit

Nicht nur Asanas praktizieren sondern auch Pranayama und die Yamas und Niyamas.

Bei allen Übungen werden die Selbstheilungskräfte aktiviert, die verschiedenen Körperbereiche kommen ins Gleichgewicht. Erwiesen ist übrigens, dass durch Sport und Yoga die Nebenwirkungen einer Chemotherapie gemindert werden.

5. Prinzip: Der Schüler entscheidet

Der Schüler ist in einer aktiven Rolle! „Was tut mir gut?“

6. Prinzip: Die kosmische Energie wirken lassen!

Wunder sind möglich!

7. Prinzip: Grenzen beachten!

Keine Heilversprechen machen! Anamnese und Diagnose sind nicht erlaubt! Der Bund Deutscher Yogalehrer (BDY) sieht die Yogatherapie restriktiver. Hier dürfen nur Ärzte und Heilpraktiker diese Praxis anwenden. Fest steht, dass Yoga große Heilwirkungen besitzt. Die Grenzen sind fachlicher und karmischer Art – nicht jedes Leid ist heilbar. Niemand kann dem Tod ausweichen. Leiden kann auch bedeuten, an neuen Erfahrungen zu lernen und zu wachsen. Es erzeugt Demut, eine heil-same Erfahrung.

Danach Vortrag von Prof. Dr. Arndt Büssing, Mediziner und Dharmalehrer der Kwan Um Zen Schule Deutschland. Sein Thema: Yoga und chronische Schmerzerkrankungen

Dieser Vortrag zeigt deutlich auf, wie die Hilflosigkeit eines Schmerzpatienten / einer Schmerzpatientin umgewandelt werden kann mit Hilfe der verschiedenen

„Techniken“, die uns zur Verfügung stehen. Als Stichwörter seien genannt

– Akupunktur

– Entspannung

– Lebensstil verändern

– Lebenssituation verändern

– Soziale Kontakte pflegen

– Selbstbild verändern hin zur Gesundungs-Sicht : Ich bin nicht der Schmerz!

– Schmerzgrenze verschieben

– Ethische Gebote wie Reinheit des Körpers / der Gedanken

– Atemkontrolle

– Meditation

– Spirituelle Wege finden

– Asanas. Zur Wirkung der Asanas macht Prof. Büssing eine kleine, aber feine Anmerkung: Muss ich  beweisen, was ich täglich erfahre?

Als Mann der Wissenschaft verteilt er aber auch Fragebögen zum Thema. Er wird ein Buch dazu veröffentlichen.

Als Kontrollgruppen-Praxis für die wissenschaftliche Erforschung von Yoga  schlägt er Krankengymnastik, Heileurythmie und Aerobic vor.

Der Kongress ist immer auch eine Plattform für Forschungsprojekte. Fragebögen habe ich bereits erwähnt, Probanden für Messungen werden gesucht und gefunden, Projekte angeregt und initiiert, Kontakte geknüpft.

Forschungspreis der SMMR

Die Vergabe des 2. Forschungspreises der SMMR ist ein sichtbares Zeichen für die fruchtbare Zusammenarbeit von SMMR und Yoga Vidya.  Der mit 2000 Euro dotierte Preis wird von Yoga Vidya gestiftet für eine „hervorragende deutschsprachige Forschungsarbeit, die empirisch angelegt ist“.  Dieses Jahr stiftete die SMMR selbst das Preisgeld für einen 2. und 3. Preis – von den acht eingereichten Arbeiten waren in ihren Augen gleich drei preiswürdig!

Claudia Bergoni aus der Schweiz, 1981 geboren, wurde erste Preisträgerin mit ihrer Arbeit Achtsamkeit, buddhistische Meditation und psychische Gesundheit. Sie trägt ihre interessanten Ergebnisse vor:

Untersucht wurden 376 Personen ohne Meditationserfahrung und 42 Personen mit Meditationserfahrung in buddhistischer Tradition.

Zunächst geht es wieder um die Definition dessen, was untersucht werden soll. Achtsamkeit hat eine solche, allgemein akzeptierte, noch nicht, man könnte jedoch nennen

– Gewahrsein im Hier und Jetzt (absichtsvoll)

– annehmend

– nicht urteilend

– offen

– sich nicht identifizierend

Menschen mit 4-5jähriger Meditationspraxis weisen die größten Unterschiede auf zu nicht praktizierenden in Form von

– hohem Gewahrsein

– mehr positiven Gefühlen

– Antworten auf existenzielle Fragen

– besserem Umgang mit Leiden

– flexiblem Denken und Verhalten

– besserem Erreichen von Zielen

– leichterem Verkraften von Misserfolgen

Man kann auch sagen: Achtsamkeit ist ein Schutzfaktor für die psychische Gesundheit.

Dann geht’s wieder in die Praxis!

Eine Yogastunde mit Sigmund Feuerabendt, 81 Jahre alt – ein Wegbereiter und „Urgestein“ des Yoga in Deutschland, voller Energie, immer gerne bereit für einen kleinen Scherz und der beste Beweis für die Wirkkraft des Yoga auf allen Ebenen. Alljährlich besucht er die Kongresse zusammen mit seiner Frau und er betont, wie wichtig eine lebendige Partnerschaft für uns Menschen ist. Aber auch das Heilfeld innerhalb einer Gruppe sollte nicht unterschätzt werden!

Die Ansagen von Sigmund Feuerabendt scheinen einem Schatzkästlein namens Kreativität und Weisheit entnommen zu sein. Yogalehrer aufgepasst, hier einige Beispiele: „Wirken lassen durch Verweilen“  und  „Kraft einatmen, Wohlgefühl ausatmen“. Bei Gleichgewichtsübungen „Verhangener Blick“.

Da gibt es eine Gorilla-Imponiergehabe-Stellung und den Kleinen Schmerzsitz (= Fersensitz mit aufgestellten Zehen). Für viele Stellungen erhalten wir Hinweise auf korrekte Ausführung und Wirkung. Ein sehr guter Tipp für alle: Den Schmerz ansprechen und personifizieren: Was willst du mir sagen? Autosuggestion: Schmerz angenehm.

Vollkommen entspannt bringen wir diese schöne Yogastunde zu Ende und atmen Kraft ein – Wohlgefühl aus ….

Nach dem leckersten aller Mittagessen (täglich!) bin ich neugierig auf den Vortrag

Die Essenz des Pranayama von Subodh Tiwari, Leiter des Kaivalyadhama-Yogatherapie-Instituts, das seit über 80 Jahren Yogatherapie erforscht und praktiziert. In seinem Vortrag arbeitet er den Stellenwert von Pranayama innerhalb der acht Ashtangas nach Patanjali aus: Die ersten fünf Stufen bestehen aus äußerlichen Aspekten und sind mit Handlungen verbunden, die letzten drei, Dharana, Dhyana und Samadhi, „geschehen“ in gewissem Sinn.

Pranayama ist das fünfte Glied und wird als eine höhere Form von Tapas angesehen. Der Atem wird ruhig, wenn der Geist ruhig ist, demzufolge erhalten wir bei Kontrolle des Atems eine Kontrolle des Geistes.

Subodh Tiwari beschreibt eingehend Technik und Wirkung von Kapalabhati, Ujjayi,

Sitali und Brahmari. Interessant: Zehn Runden Sitali mit anschließendem Hinlegen können den Blutdruck senken.

Beim Luft anhalten wird der Sauerstoff im Körper erhöht – gut für das Gehirn.

Subodh Tiwari hat noch viele praktische Hinweise für uns, ein interessanter Vortrag!

Dann der Workshop Yoga Nidra in Theorie und Praxis von Dr. Christian Fuchs, Gründer und Leiter des Instituts für Yogaforschung, der Yoga-Akademie Stuttgart, Yogalehrer-Ausbilder beim BDY, Wissenschaftler und Publizist. Er lehrt Yoga Nidra in der Tradition von Sw. Satyananda Saraswati, einem Schüler von Sw. Sivananda. Yoga Nidra ist dem Pratyahara, dem Zurückziehen der Sinne, sehr nah. In der Entspannungsphase kann recht schnell durch die Körperteile gegangen werden, da das limbische System sehr schnell reagiert. Es geht hier nicht um Intellekt.

Christian Fuchs erklärt sehr klar und strukturiert, worum es bei Yoga Nidra geht und gibt einige Empfehlungen: Täglich möglichst zur gleichen Zeit üben. Lerntexte können eingefügt werden. Es ist gut, einen eigenen persönlichen Text auf einen Tonträger zu sprechen. Das Samkalpa, der Vorsatz , kann auch morgens und abends im Bett wiederholt werden. Yiga Nidra weich ausklingen lassen mit einem Naturbild beispielsweise. Regelmäßig praktiziert, schenkt uns Yoga Nidra 1 – 2 Stunden Nachtschlaf! Dann geben wir uns alle einer wunderschönen Yoga Nidra Praxisstunde hin ….

Am Samstag, nach dem besten aller Abendessen (natürlich ebenfalls täglich!), findet die Vereinsversammlung der SMMR statt.

Es gibt auch wieder ein künstlerisches Highlight, wie jedes Jahr. Diesmal ist es eine tänzerische Asana-Vorführung mit Indrayani und Kamalesh Kellermann. Diese ruhigen Momente der Musik, des Betrachtens, der Harmonie sind eine wohltuende Facette des Yogakongresses. Ein dicker Applaus für das Können der beiden und diese wunderbaren Bilder.

Anschließend der Vortrag von Dr. Martina Bley: Vom Licht in den Schattenwelten – Traumyoga als Weg zu Heilung und Selbsterkenntnis.

Die Menschheit hat sich schon immer mit ihren Träumen beschäftigt – siehe Aborigines, Schamanen, Tempelschlaf, die Hl Drei Könige, Marias Traum, Jakobs Traum, dann S. Freud, C.G. Jung um nur einige(s) zu nennen. Patanjali erwähnt in Vers I. 38 das Träumen.

Wer mit seinen Träumen arbeiten möchte, sollte sich einen Stift und Papier ans Bett legen und einen Traum erbitten. Autosuggestion:

Ich werde träumen

Ich werde mich vollständig erinnern

Ich werde meinen Traum verstehen

Ich werde meinen Traum loslassen

Man sollte auf natürliche Weise erwachen, sich nicht bewegen, sondern nur sofort das Geträumte aufschreiben. Auch körperliche Empfindungen notieren. Ein eigenes Deutungssystem schaffen. Und: sich nicht mit dem Erfahrenen identifizieren!

Heute nennt man es Relaxation Response

Dann folgt Sukadev mit seinem Vortrag Heil und Heilung – von der Entspannung zur Selbsterkenntnis. Die Wörter Heil und Heilung liegen nahe beieinander. Patanjali schreibt in seinen

Raja Yoga Sutras mehr über die Psychosomatik als über Gesundheit und Krankheit. Die Praxis zeigt, dass Hatha Yoga zur Heilung verhilft.

Ama, Schlacken, werden beseitigt. Im Kundalini Yoga werden die Chakras, die Nadis, die Marma-Punkte mit Prana aufgeladen. Yoga bietet seit jeher das, was wir heute als Relaxation Response, Krafttraining, Konditionstrainign und Flexibilität bezeichnen. Homöostase, die Fähigkeit des Organismus zur Selbstheilung, wird gefördert. Eines der wichtigsten Instrumente ist die Atmung!

Sukadev empfiehlt, bei der Ausführung der Asanas die Konzentration in der Nabelgegend zu halten und sich selbst oder die Yogaschüler in eine tiefe Entspannung zu führen. Also eher keine anhaltenden Bandhas beim Hatha Yoga. Das finde ich sehr wichtig, insbesondere in der Grundlagenpraxis!

Yoga Vidya hat inzwischen mehr als 6000 Yogalehrer ausgebildet. Sie haben die Möglichkeit, ihren Schülern Wege aufzuzeigen, wie sie Gleichmut erlangen bei Erfolgen und Misserfolgen, wie sie im Sinne der Bhagavad Gita im Alltag handeln sollten, nämlich so wahrhaftig wie möglich, ohne an den Früchten dieses Handelns anzuhaften; wie sie dank größerer Bewusstheit hier und jetzt ihr Leben besser gestalten und an ihren Erfahrungen wachsen können. Wir sollten Ehrfurcht vor unseren auch leidvollen Erfahrungen haben. Zitat Sukadev: Möge ich die Führung durch das göttliche Licht sehen!

Am Sonntag Morgen, nach Meditation und Mantrasingen, hören wir den Vortrag

Energie-Flow – Wurzeln, Sex und inneres Feuer zur Herz-Heilung von Ilona Strohschein. Sie beschreibt anschaulich die traditionellen Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Und wie sie sich umkehren können, wie z.B. im 2. Weltkrieg, als die Männer die „Verlierer“ waren und die Frauen stark, weil sie stark sein mussten. Diese Erfahrung prägte unsere Eltern- und Großelterngeneration. Einige weitere Gedanken: Shiva – Shakti bedeutet, aus der Einheit in die Polarität kommend. Die Energien beider Geschlechter werden wieder ins Gleichgewicht gebracht mit dem Aussprechen und Klären ihrer wichtigen Themen. Jede/r muss sich von der Mitte her aufbauen und unbedingt auf die eigenen Empfindungen achten. Ein hilfreicher Satz dabei ist: Ich vertraue dir bedingungslos.

Hinweis auf die Ganzheitlichkeit

Milind Kumar Bhardwaj hat mit seinem Workshop Divine Healing alle meine Lebensgeister aufgemischt, bis ich mich wie neugeboren fühlte!

Er steht auf der Bühne und macht vor, bzw. reißt alle mit. Er beginnt mit ein paar Kernsätzen wie „Ärger und Sorgen beeinträchtigen Atem und Körper“ – beschreibt kurz die drei Körper und fünf Hüllen mit ihrer gegenseitigen Bedingtheit und legt dann los:

Lockern, Werfen der Arme, Drehen der Handgelenke, Ziehen an den Ohren, Klatschen, Armhaltungen mit Singen von Vokalen, Lotussitz mit rotierendem Oberkörper und gleichzeitigem Summen. Dann die Arbeit im Sitzen mit den Beinen, den Füßen, Hinweise auf die Ganzheitlichkeit, dass Schuler- und Nackenprobleme auch von unten her ihre Ursache haben können, Beobachten des rechten und linken Beines / Fußes – wie bewegen sie sich, vergleichen! Dann im Stehen diverse Vorwärtsbeugen, Beckenrollen, die Heldenstellung und das Dreieck  und und und …  Für mich war dies wieder einmal ein förderlicher, bereichernder Blick auf andere Yogarichtungen!

Die anschließende Stunde Yoga bei Schulter- und Nackenbeschwerden mit Rosi Schillinger, Sergej Lebedev und Heike Seelig hat mir eine Menge Anregungen für den eigenen Unterricht gegeben. Vieles wissen wir bereits, es muss aber immer wieder auch neu belebt werden. Jeder Yogalehrer hat eine bestimmte Art, seine Ansagen zu machen, bestimmte Formulierungen, ein bestimmtes Repertoire an Variationen usw. Beim Yogakongress habe ich die Möglichkeit, eine Menge neuer Formulierungen zu hören, ich lerne neue Variationen dazu und erfahre neue Wirkungsweisen und Zusammenhänge. Was für eine Bereicherung! Dafür habe ich dann einen Stift und ein Heft neben der Matte liegen und muss dann eben mal etwas aufschreiben – so ist es dann halt! Fortbildung eben!

Ein paar Aussagen dieser Stunde: Der Atem bewegt den Körper. Bei Kapalabhati Kehle weich! Sanfter Übergang vom Anhalten zum Ausatmen! Beim Fisch: Strandkuckerblick! Vorwärtsbeuge: Kopf auf ein Kissen auf den Knien. In der Entspannung: Schultern fließen lassen … das machen wir alle nur zu gerne …

Eine schöne Stunde!

Christliches und östliches Schweigen

Den letzten großen Vortrag des Kongresses hält Prof. Dr. Martin Mittwede: Östliche und westliche Meditation – Missverständnisse und Klärungen. Hier einige Gedanken aus diesem interessanten Vortrag:

Früher galten Meditation und Selbsterlösung als Teufelszeug! Die Romantiker dagegen erklärten Indien zum Ursprungsland der Menschheitsweisheit. Rudolf Steiner war in seinen frühen Jahren Leiter der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland, später kam es zum Bruch. C.G. Jung hat die Yogapraktiken des westlichen Menschen kritisiert  und sie „kläglich imitiert“ genannt. Der katholische Theologe Stefan Raueiser stellte die kluge Frage: Gibt es einen Unterschied zwischen christlichem und östlichem Schweigen?

Wenn wir Transzendenz postulieren, dann ist Universalität da!

Praktizierende Meditierende in Ost und West konnten sich relativ schnell verständigen, heute besteht beispielsweise ein lebendiger Austausch zwischen katholischen und buddhistischen Mönchen. Wichtig sind die Erfahrungen christlicher Mystiker und ihre Schriften. Das christliche Herzensgebet entspricht zu 80 % den Anweisungen zur Meditation von Patanjali. Beide Kulturen wollten bei ihrer Suche die Welt entdecken und verstehen. Mit einem verwandelten Bewusstsein kehrten sie in die Welt zurück.

Prof. Mittwede hat einen Vorschlag gemacht für das Haus Yoga Vidya in Bad Meinberg, ganz im Sinne der Einheit: Neben den vielen östlichen Weisheitslehrern könnten in den Fluren auch Bilder westlicher Weisheitslehrer aufgehängt werden! Ich bin gespannt, was daraus wird! Auf jeden Fall war dies noch einmal ein Vortrag mit vielen Denkanstößen.

Nun naht das Ende des Kongresses! Wie stets mit den Statements der wichtigsten Beteiligten.

Dr. Harald Piron ist über den Verlauf des Kongresses mehr als zufrieden. Er wünscht sich eines Tages eine Weltkonferenz der Religionen. Und: die Meditationsforschung möge sich weiterhin so gut entwickeln wie bisher.

Sukadev: Meditation und Yoga zählen inzwischen zum Mainstream unserer Gesellschaft. Diese Praxis braucht die Wissenschaftler und  ihre Forschungen, um bis in Schulen, die Arbeitswelt, in die Politik, in die medizinischen Bereiche hinein wirken zu können. Langfristig bekommen wir die Kraft, selbst etwas zu verändern. Unsere Arbeit, unser Engagement bekommen eine eigene Dynamik. Niemand muss sich mehr rechtfertigen, wenn er oder sie Meditation oder Yoga praktiziert! Wichtig ist die Offenheit nach allen Seiten! Sukadev bietet der SMMR an: Wann immer ihr Versuchskaninchen braucht – wir haben sie! …. oder so ähnlich hat er es gesagt … und: Yoga Vidya ist immer bereit, Forschungen zu fördern.

Sukadev erhält warmen und dankbaren Beifall für seine Worte und für diesen harmonischen und erfolgreichen Kongress.

Amba, die Organisatorin und Seele des Kongresses seit vielen Jahren, ist glücklich und zufrieden. „Alle Teams des Hauses haben geholfen!“ sagt sie, und: „Die Referenten und Yogalehrer haben alle ehrenamtlich gearbeitet!“ Viel Applaus für sie und ihr Helfer!

Ich habe wieder einmal viel Neues dazu gelernt und habe viel praktiziert. Ich habe Menschen getroffen und gute, manchmal auch fröhliche Gespräche geführt – besonders bei Tisch. Das lag sicher am hervorragenden Essen und ich darf dem Küchenteam versichern, dass ich niemanden getroffen habe, der diese geleistete Arbeit missachtet oder unterschätzt hätte! Wer, z.B., jemals einen einzigen Kürbis aufgeschnitten hat, kann sich lebhaft vorstellen, wie es ist, Kürbisse für 400 Personen aufzuschneiden! Es hat auch niemand die Organisation hinter den Kulissen vergessen, die Vorbereitungen und Einladungen von Amba, die Seminarplanung und Verteilung der Räume, das Grafikteam, die Buchhaltung und das Shopteam, das Empfangs- und das Reinigungsteam, die Kinderbetreuer, die Technik, die Menschen, die hinter den Menschen stehen usw. usw. Allen sei herzlich gedankt! Und last not least Sukadev, der alles zusammen hält. Vielen, vielen Dank!

Zum Vormerken: Der nächste Kongress findet statt vom 12. – 14.11.2010 in Bad Meinberg.

Viele der Referenten haben im Internet eine eigene Homepage. Diverse Filmaufnahmen vom Kongress gibt es unter  mein.yoga-vidya.de/video, weitere Mitschnitte unter www.blog.yoga-vidya.de . Du kannst auch suchen im Internet mit den Stichwörtern Yoga Kongress 2009 Yoga Vidya

1 Kommentar zu “Bericht vom Yoga-Kongress 2009

  1. Es ist einfach wunderbar (auch wenn das lesen fast ein Maraton war), so nochmals einen Überblick und Einstimmung zum Yoga Kongress zu bekomme.
    DANKE!

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