Gundelrebe – vergessenes Zauberkraut

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Von hu
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Wenn rund um Beltane und Walpurgisnacht die Luft nach frischer Erde duftet und alles in üppigem Grün steht, leuchten an Wegesrändern und lichten Waldrändern Teppiche kleiner violetter Blütenstände: die Gundelrebe. Unscheinbar und niedrig wachsend, doch voller Kraft und interessanter Talente begleitet sie die Menschen seit Jahrtausenden – und scheint heute fast vergessen. Die richtige Zeit also, dir mein allerliebstes Lieblingskraut vorzustellen:

Die Gundelrebe

„Gundelrebe stillt das Leid,
Wunden heilt sie jederzeit.
Wo ihr Blau den Frühling küsst,
Heilt sie, was man nit vergisst.“

Volksreim, anonym

Die Gundelrebe, Glechoma hederacea, auch Gundermann oder Erdefeu genannt, trägt ihre Geschichte im Namen. „Gund“ bedeutete im Altgermanischen Eiter oder Wundflüssigkeit – ein Hinweis darauf, dass sie einst als heiliges Wundkraut galt, das nicht nur körperliche, sondern auch energetische und seelische Heilung versprach. Weitere Namen sind:
Efeugundermann, Gundelrebe, Engelskraut, Donnerrebe, Gewitterblume, Wideruf, Erdefeu, Erdkränzel, Stinkender Absatz, Steinumwickler, Guck durch den Zaun, Huderich, Hederich, Gundelse, Gutermann, Gundelrieme, Gundam, Soldatenpetersilie, Kranzkraut, Heilrauf, Heilreif, Katzenminze, Zickelkraut, Erdhopfen, …

Ihre kriechenden Ranken umschlingen Stein und Strauch, ziehen feine Linien durch die Erde, sich verästelnden Nervenbahnen gleich. Der Steinumwickler hat eine lange Tradition als Heilpflanze und wurde bereits in der Antike von Hippokrates geschätzt. Hippokrates empfahl Gundermann zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen. Im Mittelalter war das Engelskraut Bestandteil der Klostermedizin und wurde als „Elixier des langen Lebens“ bezeichnet.

Volkstümlich wurde Gundermann auch zur Stärkung der Psyche, zur Förderung der geistigen Leistungsfähigkeit und als Schlafmittel eingesetzt. In der Traditionellen Chinesischen Medizin spielt der Heilreif ebenfalls eine wichtige Rolle und wird unter dem Namen „Xun Zi“ geführt. Hier nutzt man vor allem die ausgleichende Wirkung auf Körper und Geist.

Neuere Forschungen und Studien deuten darauf hin, dass viele der uralten Heilanwendungen des Gundermann nachweislich durchaus sinnvoll sind und waren. Denn die entzündungshemmenden und stark antioxidativen Eigenschaften von Gundermann-Extrakten wurden schulmedizinisch belegt. Ebenso konnten antibakterielle und leberschützende Wirkungen nachgewiesen werden.

Gundelrebe Foto:hu

Geschichten und Mythen

In alter Zeit flochten Mädchen zu Beltane Kränze aus Gundelrebe, um beim Tanz in den Mai Schutz zu erhalten. Es hieß, wer solch einen Kranz auf dem Kopf trug, könne Geister, Trolle und Feen erkennen – oder später, unter dem Einfluss der Christianisierung, die Hexen in der Gemeinde entlarven. Doch ursprünglich ging es nicht um Anklage, sondern um das Erkennen des Unsichtbaren: eine Fähigkeit, die als Segen betrachtet wurde. Denn zum Beispiel sollen sich unter die passionierten Vereinigungsfeierlichkeiten zu Beltane, auch sonst unsichtbare Völkchen aus anderen Welten gemischt haben, was bei unbewußter Vereinigung wohl zu allerlei Unbill für die Menschlein gesorgt haben soll.

Zur Sonnenwende wiederum band man die Gundelrebe in Sträuße, die in Haus und Stall aufgehängt wurden. Der erste Rauch eines neuen Feuers, vermischt mit dem Duft der Gundelrebe, sollte Segen bringen, Krankheit vertreiben und die Bewohner unter den Schutz der Naturgeister stellen.

Einmal litt Petrus, während er mit Jesus über die Wiesen wanderte, unter heftigen Zahnschmerzen. Jesus reichte ihm einige Blätter der Gundelrebe und wies ihn an, drei Blätter im Mund zu tragen. Bald darauf ließen die Schmerzen nach, und die Gundelrebe galt als gesegnetes Kraut und nicht – wie man vermuten möchte – als Hexen– oder Teufelskraut.

Heilwirkung auf Körper, Energie und Geist

Die Gundelrebe unterstützt den Körper, indem sie Schleim löst, Entzündungen hemmt, die Leber reinigt und den Stoffwechsel ankurbelt. Ihre Wirkung auf den Geist ist feiner, doch ebenso machtvoll: Sie schenkt Klarheit, vertreibt trübe Gedanken und hilft, innere Blockaden sanft zu lösen.

Energetisch ist sie ein Kraut des Übergangs – sie hilft, durch Schwellenzeiten zu gehen, alte Häute abzulegen und neue Kraft zu finden. Gerade jetzt zu Walpurgis, wenn das Licht endgültig siegt und der Sommer geboren wird, entfaltet sie ihre Kraft als Verbündete der Erneuerung.

Verwechslungsgefahr und botanische Details

Die Gundelrebe wird von Ameisen verbreitet, die ihre Samen sammeln und in ihre Bauhöhlen tragen. So entstehen krautige Teppiche – ein stilles Netzwerk, das Wald und Wiese durchzieht und an Efeu erinnert.

Manchmal wird vor einer Verwechslung der Gundelrebe mit dem nicht zum Verzehr geieigneten Efeu gewarnt. Doch beim näheren Hinsehen – und Riechen – zeigt sich der Unterschied: Erdkränzl duftet kräftig nach einer Mischung aus Basilikum und Minze, während Efeu bitter und unangenehm riecht. Schon der Geruch läßt einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. (Mir zumindest!:)

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Zauberhafte Gundelrebe

Zu Zeiten, als der Mensch sich noch selbstverständlich als Teil der Natur begriff, wusste man um die besondere Kraft der Gundelrebe, besonders zur Schwellenzeit von Beltane.
In der Nacht, in der das Feuer des Sommers geboren wird, flochten Frauen also Kränze aus Gundermann und setzten sie sich auf das Haupt, während sie um die lodernden Flammen tanzten. Das Kranzkraut sollte nicht nur Schutz schenken, sondern auch das Herz öffnen für die Liebe, für neues Leben, den Kreislauf der Natur, des Lebens. Auch öffnete es in der Schwellenzeit die Wahrnehmung für das feine Flüstern der anderen Welt und vermochte gleichzeitig die Träger soweit zu erden und zu schützen, dass sie dabei nicht verloren gingen.

Man sagte, wer in dieser Nacht einen Kranz aus frischer Gundelrebe auf dem Kopf trug, dessen innere Augen könnten, das Unsichtbare sehen – die Feen, die Ahnen, die Pflanzendevis. die Trolle, Elfen, Geister der Natur. Es war eine Nacht der Verbindung, und die Gundelrebe ein Schlüssel und ein Anker, um durch das feine Gewebe der Welten zu treten.

Wer kein Kranzband hatte, konnte auch ein kleines Bündel Gundelrebe in der Tasche oder am Gürtel tragen, um sich zu schützen, zu erden und den eigenen inneren Kompass neu auszurichten. Am Feuer selbst wurde Gundermann als Teil von Räucherbündeln verbrannt: Sein aromatischer Rauch galt als kraftvoller Begleiter für alle, die sich von alten Lasten lösen und sich auf das Neue einschwingen wollten.

Wer sich zu Beltane kein Kränzchen flechten mag, kann sich auch auf die folgenden Weisen mit dem Heilrauf verbinden und sich etwas Gutes tun:

Räuchern Gundermann

Gundermann hilft uns aus der Kälte und Starre der kalten Jahreszeit heraus. Durch Gundermann vertrauen wir wieder in das neu erwachende Leben und schöpfen Hoffnung. Die Gewitterblume hilft aber auch, Dinge, die sich nicht lebendig weiterentwickeln, aus dem Zustand der Starre zu befreien.

Der Duft ist erdig, würzig und fein, daher passt er auch gut zur Walpurgisnacht, Sonnwende und zu Samhain. Gundermann verbindet uns mit den Erdkräften. Die Botschaft des Rauchs ist das Ende des Kampfs und der Beginn der Versöhnung. Beisammenseinwollen keimt neu in uns auf und Verbundenheit kann wieder entstehen. Dabei nehmen wir unsere Aufgaben für die Gemeinschaft wieder dankbar an.

Kissenzauber:

Lege Gundelrebe unter dein Kopfkissen und öffne dich für klare Träume und Visionen in der Walpurgisnacht.

Infused Water:

Gib einfach einen frischen Stängel Gundelrebe in deine Wasserflasche – und genieße still die Verbundenheit bei jedem Schluck.

Rezept: Sattviges Gundermann-Pesto

Ein kleines Beltane-Geschenk aus der Natur: Ein veganes, sattviges Gundelreben-Pesto! So, wie es auch hier im Nordsee-Ashram mitunter auf dem Buffet landet. Fotos davon am Buffet konnt ich letztesmal leider keine machen – es war zu schnell weg! (In der Variante Gundelrebe-Radieschenblätter-Kokosflocken/sonnenblumenkerne-Hefeflocken-Zitronensaft-Olivenöl) Ja. So lecker ist das.

Zutaten:
  • 1 Handvoll frische Gundermannblätter
  • 1 Handvoll Babyspinat oder junge Brennnesselblätter, Radieschenblätter , Giersch, ö.ä.
  • (leicht angeröstete) 50 g Sonnenblumenkerne, Nüsse, geschälte Hanfsamen oder Kokosflocken
  • 1–2 EL Zitronensaft
  • 100 ml mildes Olivenöl oder eine Mischung aus Olivenöl und einem anderen Öl
  • wer den Parmesangeschmack nicht missen möchte: 1-2 EL Hefeflocken und/oder 1 gestrichenen TL Misopaste (optional)
  • Salz + Pfeffer nach Geschmack
Zubereitung:
  1. Saaten/Kerne/Nüsse leicht anrösten.
  2. Alle Zutaten im Mixer, Küchenmaschine oder Mörser zu einer cremigen Paste verarbeiten.
  3. Wenn nötig, vorsichtig mit Wasser verdünnen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Genuss-Tipp: Perfekt auf frischem Brot, als Dip zu Ofengemüse oder zu einem Kräutersalat.

Gundelrebe-Pesto Foto: hu

Vielleicht pflückst du dieses Jahr ein paar ihrer Blätter.
Oder flechtest dir gar einen Kranz.
Vielleicht entzündest du ein Feuer und atmest ihren Rauch.

Verbinde dich mit der erdenden Kraft der Gundelrebe, nimm‘ wahr was ist und dann trau‘ dich – zu erblühen!

Und es kam der Tag, da das Risiko in der Knospe zu
verharren, schmerzvoller wurde, als das Risiko
zu erblühen.

Anaïs Nin

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Die Autorin hu:

Vor mehr als 20 Jahren zwang mich eine schwere Krankheit dazu, meinen vorgedachten Pfad als Filmemacherin und Autorin zu verlassen und neue Wege zu finden und zu gehen. Diese Reise führte mich zu Heilern und spirituellen Lehrern, zu Hexen, Schamanen, ins Zen-Kloster und in die Einsiedelei. Durch meine Erfahrungen habe ich gelernt, dass wahres Verstehen und Erkennen nicht im Kopf stattfindet, sondern das ganze Wesen, das ganze Sein erfüllt. Seit September 2022 bin ich Sevaka bei Yoga Vidya. 🌻 hu

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