Ekadantaya – Wie Ganesha einen Stoßzahn verlor³

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Von hu
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Dieses Jahr feiern wir Ganesha Chaturthi größer als gewöhnlich. Denn wir werden zur gleichen Zeit die Fertigstellung unseres Sri Ganapati Vidya Mandapa feiern. In diesem Artikel schauen wir uns Ekadantaya, den mit dem einen Stoßzahn, etwas genauer an, um uns auf die kommenden Festivitäten einzustimmen. Gleich mitgeliefert wird die Erklärung, warum wir zu Ganesha Chaturthi lieber nicht zum Mond aufschauen sollten.

Ekadantaya im Ganesha Gayatri Mantra

Ganesha wird als Beseitiger von Hindernissen, als Schutzpatron der Künste und Wissenschaften und als „Deva“ des Intellekts und der Weisheit verehrt. Als Gott der Anfänge wird er zu Beginn von Ritualen und Zeremonien verehrt. Auch er hat 108 Namen, wie z. B. Ganapati (Herr der Schar), Vinayaka (Entferner [der Hindernisse]),

Klassischerweise rezitieren wir bei Yoga Vidya die folgende Version des Ganesha Gayatri Mantras: (Dieses Mantra wird rezitiert, um Ganesha um Führung, Weisheit und die Beseitigung von Hindernissen zu bitten.)

oṃ
Tatpuruṣaya Vidmahe, Vakratundaya Dhimahi/
Tanno Danti Prachodayat//

Eine andere Version dieses Mantras lautet allerdings:

ॐ एकदन्ताय विद्धमहे, वक्रतुण्डाय धीमहि,
तन्नो दन्ति प्रचोदयात्॥

Om Ekadantaya Viddhamahe, Vakratundaya Dhimahi/
Tanno Danti Prachodayat//

Übersetzung des Mantras

Zu demjenigen mit dem einzelnen Stoßzahn, der allgegenwärtig ist, beten wir. Wir meditieren über den Herrn mit dem gekrümmten, elefantenförmigen Rüssel und bitten um größeren Intellekt. Wir verneigen uns vor dem Herrn mit dem Stoßzahn, um unseren Geist mit Weisheit zu erleuchten.

Ekadantaya – Der mit dem einzelnen Stoßzahn
Viddhamahe – der allgegenwärtig ist
Vakratundaya – Gebogener Rüssel
Dhimahi – Wir meditieren und beten, um größeren Intellekt
Tanno Danti – Wir verneigen uns vor dem Einen mit dem Stoßzahn.
Prachodayat – Erleuchte unseren Geist mit Weisheit

Ekadantaya – die Bedeutung des einen Stoßzahns

Der einzelne Stoßzahn von Ganesha „Ekadanta“ , trägt eine tiefere spirituelle Bedeutung, die weit über das rein Symbolische hinausgeht. Er repräsentiert die Überwindung der Dualität und das Erreichen eines Zustands der Einheit und Nicht-Dualität, was eine zentrale Idee im Vedanta ist.

Im Vedanta ist die Dualität die Vorstellung, dass wir die Welt in Gegensätzen wahrnehmen – wie gut und böse, Ich und Du, Körper und Geist. Diese Dualität wird durch unser Ego geschaffen, das uns glauben lässt, dass wir getrennt von der Welt um uns herum existieren. Unser Verstand trennt alles in Kategorien, was dazu führt, dass wir uns als getrennte Individuen wahrnehmen, die von anderen Menschen, Dingen und dem Universum als Ganzes getrennt sind.

Ganesha mit seinem einen Stoßzahn symbolisiert das Durchbrechen dieser dualistischen Wahrnehmung. Indem er nur einen Stoßzahn hat, weist er darauf hin, dass die wahre Weisheit darin besteht, die Einheit in allem zu erkennen. Der Verlust des zweiten Stoßzahns steht für das Ablegen der dualistischen Denkweise, die uns glauben lässt, dass wir und die Welt getrennte Einheiten sind.

Wenn man die Dualität überwindet, beginnt man, die Welt als ein Ganzes zu sehen, in dem alles miteinander verbunden ist. Diese Einsicht führt zu einem tiefen Verständnis des Selbst und der Welt. Man erkennt, dass das Ego, das uns trennt und diese Dualität erzeugt, letztlich eine Illusion ist. Das wahre Selbst ist jenseits dieser Illusion, jenseits von Körper und Geist, und eins mit dem gesamten Universum. Der einzelne Stoßzahn von Ganesha symbolisiert diese Nicht-Dualität. Die Weisheit, die uns erlaubt, alles als eins zu sehen und uns selbst als integralen Bestandteil des Ganzen zu erfahren.

Der einzelne Stoßzahn von Ganesha ist somit ein Symbol für diese tiefere Weisheit und das spirituelle Erwachen, das uns ermöglicht, die Einheit in allem zu sehen und uns als integralen Teil des Ganzen zu erkennen.

Wie Ganesha einen Stoßzahn verlor³

Es gibt viele, mythologische Geschichten über Ganesha. In einigen seiner ikonographischen Abbildungen ist Ganesha mit einem abgebrochenen Stoßzahn zu sehen. Wie er ihn tatsächlich verlor? Urteile selbst, nachdem du die drei Geschichten gelesen hast, die auf sehr unterschiedliche Weise erklären, wie Ekadantaya seinen Stoßzahn verlor:

1. … damit die Götter schlafen können

In den geheimnisvollen Tiefen des Brahmanda Purana, genauer gesagt im Upodghata Pada, entfaltet sich eine Geschichte, die ebenso episch wie skurril ist.

Bhagwan Parshuram, der sechste Avatar Vishnus, hatte gerade eine beeindruckende Schlacht hinter sich. Er hatte nicht nur den mächtigen Kartavirya Arjuna, sondern auch eine Schar verbündeter Könige in die Knie gezwungen. Stolz und dankbar für die göttliche Unterstützung wollte er nun Shiva seine Ehrerbietung erweisen. Also marschierte er entschlossen zum majestätischen Berg Kailash.

Doch kaum dort angekommen, stellte sich ihm ein überraschendes Hindernis in den Weg: Ganesha, der elefantenköpfige Gott mit dem sanften Lächeln, hielt die Stellung. An ihm kommt keiner vorbei, bis seine Eltern Parvati und Shiva wieder wach sind.

Parshuram, der nicht gerade für seine Geduld bekannt war, wurde rot vor Zorn. Ohne zu zögern, zog er seine Waffen und forderte Ganesha zum Duell heraus. Was folgte, war ein Tanz der Götter. Ganesha, trotz seines gemütlichen Bauches, bewegte sich mit der Anmut eines Tänzers und parierte jeden Angriff mit Leichtigkeit.

Parshuram, zunehmend frustriert, entschied sich für seinen Trumpf: die mächtige Axt, ein Geschenk Shivas selbst. Er warf die Axt mit solcher Wucht, dass die Luft zu knistern schien. Doch Ganesha, der die Herkunft der Waffe erkannte, stand regungslos da. Die Axt Shivas wollte er nicht abwehren!

Die Axt traf ihn am linken Stoßzahn, der mit einem dramatischen Knacken abbrach und zu Boden fiel. Blut tropfte darauf, und für einen Moment schien es, als ob ein kleiner Berg rot glühend auf dem Boden lag.

Stille kehrte ein. Parshuram, der plötzlich die Tragweite seines Handelns erkannte, senkte beschämt den Kopf. Ganesha hingegen lächelte nur sanft, denn er wußte seine Eltern würden unbehelligt weiterschlafen können.

Und so entstand die Legende von Ganeshas abgebrochenem Stoßzahn – ein Opfer für den Frieden und vielleicht auch für ein ungestörtes, göttliches Schläfchen.



2. … um Verse aufzuschreiben

In einer Zeit, als die Sterne noch Geschichten flüsterten und die Götter ihre Weisheit über das Universum ausstreuten, gab es eine Aufgabe, die selbst die mächtigsten Wesen in Ehrfurcht versetzte: die Niederschrift des Mahabharata, des größten Epos aller Zeiten. Die Götter, die die gewaltige Bedeutung dieses Werkes kannten, suchten nach dem geeignetsten Schreiber im gesamten Kosmos.

Maharishi Ved Vyasa, der Weise, der die unzähligen Verse des Mahabharata im Kopf trug, wusste, dass diese Aufgabe nicht nur Geschick, sondern auch göttliche Einsicht erforderte. Er wandte sich an Gott Brahma, den Schöpfer selbst, und bat um Rat. Brahma, mit einem wissenden Lächeln, schlug vor, dass niemand besser geeignet sei als Ganesha, der elefantenköpfige Gott der Weisheit und des Erfolgs.

Mit dieser Empfehlung ging Ved Vyasa zum weisen Ganesha und legte ihm die Bitte vor. Ganesha, der mit einem funkelnden Blick auf den Weisen hinabsah, stimmte zu – jedoch nicht ohne eine Bedingung. „Ich werde diese Verse niederschreiben,“ sagte er, „aber nur unter einer Voraussetzung: Wenn du auch nur eine Sekunde zögerst, während du rezitierst, werde ich aufhören, und du musst dir einen neuen Schreiber suchen.“

Ved Vyasa, dem die Schärfe dieser Bedingung nicht entging, fügte seinerseits eine eigene Klausel hinzu: „Ich stimme zu, aber auch du musst mir etwas versprechen. Du darfst keinen einzigen Vers aufschreiben, bevor du ihn nicht vollständig verstanden hast.“

Ganesha, der die Herausforderung annahm, wusste nicht, dass Ved Vyasa einen Plan schmiedete. Der Weise dachte sich die kompliziertesten und tiefgründigsten Verse aus, in der Hoffnung, dass Ganesha einen Moment innehalten würde, um über ihre Bedeutung nachzudenken. Währenddessen könnte er selbst Pause machen.

Doch Ganesha, der Meister des Verstandes, ließ sich nicht täuschen. Mit unermüdlicher Energie schrieb er die Verse schneller nieder, als Ved Vyasa sie denken konnte. Jede Pause, die der Weise hoffte zu erlangen, wurde durch Ganeshas blitzschnelle Auffassungsgabe vereitelt. Doch während Ganesha so vertieft war, geschah etwas Unerwartetes: Seine Schreibfeder, die das göttliche Werk festhielt, begann abzunutzen.

Ohne zu zögern und ohne den Fluss der Verse zu unterbrechen, griff Ganesha zu einer drastischen Maßnahme. Er riss sich selbst den linken Stoßzahn aus und benutzte ihn als improvisierte Feder, um das Werk zu vollenden. Blut tropfte von dem Stoßzahn auf das Pergament, während die göttlichen Worte darauf zum Leben erwachten.

So entstand nicht nur das Mahabharata, sondern auch eine neue Legende um Ganesha, der von da an den Namen Ekadantaya – „der mit einem Stoßzahn“ – trug. Durch ihre gegenseitigen Bedingungen haben die beiden das große Epos schnell fertiggestellt. In Ganeshas Opfer spiegelte sich die Entschlossenheit wider, dass jede Herausforderung zu meistern ist, wenn man bereit ist, einen Teil von sich selbst zu opfern.

3. … weil der Mond zu frech lachte

Es war eine prachtvolle Nacht, wie sie nur in den Geschichten der Götter existieren kann. Der Vollmond strahlte hell am Himmel, und alles war in ein silbernes Licht getaucht. Ganesha, der gerade ein üppiges Fest im Palast des Gottes des Wohlstands Kubera besucht hatte, ritt zufrieden auf seiner treuen Maus Mushak nach Hause. Sein Bauch war kugelrund, gefüllt mit den köstlichsten Speisen, die die göttliche Küche zu bieten hatte.

Doch während er gemütlich durch die Nacht ritt, geschah etwas Unerwartetes. Die Maus, auf der er saß, erspähte plötzlich eine Schlange, die sich durch das Gras schlängelte. Vor Schreck schoss die Maus hinter einen Busch, und Ganesha verlor den Halt. Mit einem lauten Plumps fiel er zu Boden, und sein prall gefüllter Bauch platzte auf. Die Delikatessen, die er gerade noch genossen hatte, verteilten sich in alle Richtungen.

Während Ganesha sich eifrig daran machte, das verstreute Essen wieder in seinen Bauch zu stopfen, geschah etwas: er hörte ein gackerndes Lachen. Der Mondgott, Chandra, hatte alles aus sicherer Entfernung beobachtet und konnte sich vor Lachen kaum halten. Sein gehlendes Lachen hallte über das Himmelszelt und war nicht zu überhören.

Ganesha, normalerweise von ruhigem Gemüt, wurde von einem jähen Zorn ergriffen. Dass der Mondgott sich über ihn lustig machte, war ein Affront, den er nicht hinnehmen konnte. In seiner Wut packte er seinen Stoßzahn und schleuderte ihn mit voller Kraft auf den frechen Mond. Der Stoßzahn traf Chandra und zersplitterte in zwei Teile.

Doch damit nicht genug: Ganesha sprach einen mächtigen Fluch aus. „Du sollst für deine Frechheit büßen,“ donnerte er. „Fortan wirst du nicht mehr stolz in voller Pracht am Himmel leuchten. Stattdessen sollst du dich in Dunkelheit hüllen und nur noch als schmale Sichel am Himmel erscheinen. Und jeder, der es wagt, dich an meinem Geburtstag, Ganesha Chaturthi, anzusehen, wird vom Unglück verfolgt werden und niemals Moksha, die Befreiung, erlangen.“

Chandra, der Mondgott, war von Angst ergriffen. Er erkannte die Schwere seines Fehlers und begann verzweifelt um Gnade zu bitten. Ganesha, der trotz seiner Wut ein Herz für Reue hatte, ließ sich schließlich erweichen. „Gut,“ sagte er schließlich, „ich will dir mildernde Umstände gewähren. Du sollst von nun an im Wechsel leuchten – von Neumond zu Vollmond. Doch mein Fluch bleibt bestehen: An meinem Geburtstag wird dein Anblick Unglück bringen.“

Mit diesen Worten wandte sich Ganesha wieder seinem Essen zu. Nachdem er den letzten Happen in seinen Bauch gestopft hatte, nahm er die Schlange, die seine Maus so erschreckt hatte, und band sie sich um den Bauch wie einen Gürtel. So blieb alles gut verstaut. Zufrieden mit seiner improvisierten Lösung, setzte er sich wieder auf seine Maus und ritt von dannen, als ob nichts geschehen wäre.

Und so entstand eine weitere Legende um Ganesha, den Gott mit einem Stoßzahn, der den Mondgott lehrte, dass selbst die Götter nicht über allem stehen. Seitdem betrachtet man den Mond an Ganesh Chaturthi mit Vorsicht, denn seine Strahlen tragen die Erinnerung an diesen göttlichen Tadel in sich.

Na was denkst du? Wie hat Ganesha seinen Stoßzahn verloren? Hat er ihn sich abschlagen lassen? Oder hat er ihn sich selbstabgebrochen, um damit zu schreiben, oder ist er am Mond zersprungen? Was passt zu deinem Bild von Ganesha? Mit welchem Ganesha fühlst du dich verbunden?

Om Ekadantaya Viddhamahe Vakratundaya Dhimahi Tanno Danti Prachodayat

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