Und die Hormone tanzen: Meine Erfahrungen im Hormonyoga Basisseminar

Lisa
Von Lisa
Lesezeit: 13 Min

Hitze, Atem, Schweiß: Hormonyoga ist nicht das, was ich erwartet habe. Ich hatte mich neulich für das Hormonyoga Basisseminar angemeldet – und habe nicht nur einen Crash-Kurs in die Welt der Frauen-Hormone erhalten, sondern bin auch ordentlich außer Atem gekommen. Jay Jay Ma!

Frauen unter sich

Schlafstörungen, Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Gelenkschmerzen, Müdigkeit: Anstelle biographischer Infos geht’s es bei der Vorstellungsrunde gleich ans Eingemachte, und die Teilnehmerinnen berichten aus der Hüfte, wie sie sich als Frau sehen und was sie derzeit belastet.

Der einzige Mann im Raum ist der Sevaka vom Technikteam, der noch etwas im Hintergrund rumdruckst, ein paar letzte Vorbereitungen für den Raum trifft, bevor er dann erleichtert die Flucht ergreifen darf.

Beim Hormonyoga Basisseminar waren wir eine reine Frauenrunde, rund 18 Teilnehmerinnen (online und vor Ort) und Shivapriya, eine der Seminarleiterinnen (die andere sollte später dazukommen). Shivapriyas Haare glänzen kraftvoll tiefrot und auch ihre ganze Energie strahlte Präsenz und Geradlinigkeit aus.

Als wir endlich wirklich allein in unserer Runde angekommen waren, eröffneten wir mit dem śaraṇāgata Mantra die Runde, denn wer könnte eine bessere Beschützerin für eine Frauenrunde sein, als die große Devi selber?

om śaraṇāgata-dīnārta-paritrāṇa-parāyaṇe /
sarvasyārti-hare devi nārāyaṇi namo ’stu te //

Das śaraṇāgata ruft hier die Devi als Narayani an, welche die in Not geratenen beschützt und die Leiden ihrer Verehrer(innen) beseitigt. Was will frau mehr?

Ist Hormonyoga nur was für Frauen in den Wechseljahren?

Aufmerksam ermunterte uns Shivapriya zu einem fruchtbaren Austausch, und schnell wurde der Gruppe klar: Wir saßen alle in denselben Wechselsjahresbeschwerden Boot. Na ja, alle außer ich: Mit meinen 32 Jahren fühlte ich mich inmitten aller dieser gestandenen Frauen ein bisschen wie ein Welpe.

Dennoch wurden schnell zwei Sachen klargestellt: Obwohl Dinah Rodriguez Hormonyoga ursprünglich für Frauen mit Wechseljahresbeschwerden kreiert hat, helfe es auch bei vielen anderen hormonell bedingten Beschwerden rund um den Zyklus, wie PMS oder Menstruationsbeschwerden – und sei damit grundsätzlich für Frauen jeden Alters interessant.

Daneben hat Shivapriya in Auseinandersetzung mit dem Hormonyoga spezielle Übungsreihen kreiert, die bei allen möglichen hormonellen Erkrankungen helfen sollen.

Ob Frau oder Mann, mit Schilddrüsenunterfunktion oder Diabetes, eine abgewandelte Form des Hormonyogas wird plötzlich für viel mehr Menschen interessant (Man beachte: Das ist das nicht Teil des Basisseminars, sondern eine gesondertes Wahlpflichtmodul der Hormonyogalehrer Weiterbildung).

Vom Einfachen zum Groben: Das Hormonyoga Basisseminar

Etwas blauäugig hatte ich mich aus Interesse für ein Hormonyoga Seminar angemeldet und stellte nunmehr fest, dass es sich um den ersten Teil einer Yogalehrer Weiterbildung handelt. Da ich als Sevaka alle Weiterbildungen umsonst bekomme, hatte ich wohl nicht so genau hingeschaut.

Um teilzunehmen musst du jedenfalls bereits eine ausgebildete Yogalehrerin sein. Die Weiterbildung zur Hormonyogalehrerin bei Yoga Vidya ist dabei wie folgt gegliedert:

  • Hormonyoga Basisseminar (22 UE)
  • Hormonyoga Ausbildung Intensivwoche (88 UE)
  • Hormonyoga Wahlpflichtmodule (60 UE)

Ein ziemlich gutes Konzept, denn ich sollte das kommende Wochenende am eigenen Leib die starke Wirkung von Hormonyoga erfahren und das notwendige Basiswissen erhalten. Am Ende des Wochenendes wussten die meisten Teilnehmerinnen dann ziemlich genau, ob Hormonyoga was für sie war oder nicht.

Pünktlich kamen wir zum Ende und ich beschloss ohne Umwege ins Bett zu gehen, denn am Samstag sollte es bereits um 6 Uhr morgens weitergehen – frisch und fröhlich mit Atemübungen.

Frischer Atem am Morgen: Pranayama im Hormonyoga Basisseminar

Etwas müde und zerknittert kamen die Teilnehmerinnen dann morgens nach und nach in den Seminarraum getrottet. Obwohl die Körper schon da waren, hatte man den verschlafenen Gesichtern angesehen, dass die Geister noch halb im Traumland weilten.

Shivapriya jedenfalls war schon richtig munter und begann ohne Umschweife mit uns einfache Atemübungen im Stehen zu machen: Seitbeugen, Hüftbeugen, Vorbeugen, alles ganz sanft im Atemfluss. Langsam spürte ich meinen Körper wieder weit und wach werden.

Dann endlich waren wir bereit für das Kernstück des Hormonyogas: Die Aktivierungsatmung. Dabei atmet man kräftig ein und aus, aber mit Schmackes. Von der Intensität siedelt es sich dabei zwischen Kapalabhati und Bhastrika an.

Ich musste erstmal stutzen, als Shivapriya uns die Anweisung gab, uns dabei vorzustellen, nicht durch die Nase, sondern durch die Vagina ein und auszuatmen, damit die Kraft in den Beckenboden fließt. Hat mich erstmal verwirrt! Aber es ist wie mit allem Merkwürdigen: erst ist man irritiert, und bald darauf ist es schon wieder normal.

6 kräftige Atemzüge später haben wir mit der Einatmung die Luft angehalten und nacheinander Mula Bandha und Khechari Mudra gesetzt. „Haltet den Atem und sammelt die Energie jetzt an der Nasenspitze“, sprach Shivapriya, „und dann ausatmen, schickt die Energie in den zur Mitte des Kopfes, Sitz der Hypophyse“.

Da ich sowieso schon eine überbordende Fantasie habe, fiel es mir nicht schwer, mir einen Strom goldenes Licht vorzustellen, der aus meiner Nasenspitze floss und sich hin zur Kopfmitte und dann über Nase, Mund und Scheitel ergoss.

Mein Kopf fühlte sich dabei leicht und frei an und mein Geist schon deutlich wacher. Nach einer weiteren Runde für die Hypophyse steuerten wir nacheinander die Schilddrüse, Nebennieren und schließlich die Eierstöcke an. War ich vorher noch träge, so fühle ich mich jetzt überhaupt nicht mehr müde, sondern leicht aufgeputscht. Der Tanz der Hormone hatte begonnen.

Das Hormonyoga Basisseminar rund um das rhythmische Wesen Frau

Noch mal eben in den Satsang, dann bekamen wir den ersten theoretischen Input. Shivapriya führte die Vorträge das ganze Seminar über sehr klar, außerordentlich gut strukturiert und mit viel Fachwissen. Eigentlich erstaunlich, dass nebenbei noch so viel Zeit für Fragen bleibt.

Die einzige Konstante ist die Veränderungen

Im Zentrum der Vorträge stand die Frau als rhythmisches Wesen. Wie wir, je nachdem wo wir uns im Zyklus befinden, den Körper ganz anders spüren, uns geistig unterschiedlich wahrnehmen und alle seelischen Auf und Abs, die damit einhergehen.

Obwohl jede Frau einzigartig ist, begleiten uns alle die großen zyklischen Veränderungen von der Menarche bis hin zu Menopause. Veränderungen, die heutzutage leider immer noch viel zu oft pathologisiert werden und dramatisch untererforscht sind.

Dass ich eine heranwachsende Frau bin, hatte ich in der Pubertät erfolgreich verdrängt. Als dann das erste Blut kam, war der Schock ziemlich groß.

Macht dich dein Zyklus (oder abebbender Zyklus) erschöpft, wütend, traurig? Vielleicht ist es an der Zeit nicht gegen, sondern mit den zyklischen Veränderungen zu arbeiten – und zum Rhythmus zu tanzen, auch wenn es mal ein schwergängiger Tanz ist.

Im Zentrum stehen die Wechseljahre

Dass die Seminarleiterin Shivapriya von Haus aus Lehrerin ist, hat man sofort gemerkt, denn sie leitete uns didaktisch gekonnt durch die Vorträge. Wer es (wie ich) ganz genau wissen möchte, für den folgt eine Aufzählung der Themen, die wir das Wochenende behandelt haben:

  • Der weibliche Körper: Geschlechtsorgane, Beckenboden, Brüste
  • Der weibliche Hormonzyklus: Funktionen und Entwicklung
  • Auswirkungen von Empfängnisverhütung auf den weiblichen Zyklus
  • Symptome des abnehmenden Hormonspiegels im Laufe des Lebens
  • Herausforderungen und Chancen eines abnehmenden Hormonspiegels
  • Hinweise zum Üben von Hormonyoga
  • Ausgewählte Hormonyoga Übungen bei Wechselsjahresbeschwerden
  • Hormonyoga: Der spirituelle Weg der Frau

Etwas konsterniert stellte ich irgendwann fest, dass auch mein Hormonspiegel bereits begonnen hatte zu sinken (dachte ich wohl, ich bleib ewig jung!). Typischerweise beginnt um das 30 Lebensjahr herum die Fruchtbarkeit einer Frau abzunehmen.

Obwohl wir Frauen ein ordentliches Paket an zyklischen Herausforderungen bekommen haben, wie Menstruationsbeschwerden, PMS oder Kinderwunsch, stehen die Wechseljahre im Seminar klar im Vordergrund (und das wurde aber auch so angekündigt). Ich persönlich würde mir eine noch allgemeinere Ausrichtung wünschen, damit schon im Basisseminar noch mehr Frauen abgeholt werden können.

Echt anstrengend: Diese Yogastunden erwarten dich im Hormonyoga Basisseminar

Ohne es vorher zu kennen, hatte sich schon so ein ganz bestimmtes Bild zu Hormonyoga in meinem Kopf kreiert: Lächelnde Frauen, sanfte Asanas, fließende Bewegung – bloß nicht noch weiter anstrengen. Weit gefehlt!

Vorab: Das bei Yoga Vidya unterrichtete Hormonyoga ist nicht gleich das Hormonyoga von Dinah Rodriguez, denn es wurde entsprechend der Yoga Vidya Unterrichtsprinzipien angepasst.

Immer schön den Atem aktivieren

Es beginnt noch harmlos im Shavasana. Danach würden typischerweise Kapalabhati, Wechselatmung und Aktivierungsatmung folgen, da wir aber am Morgen jeweils schon eine Stunde Pranayama hatten, ging es gleich weiter mit den anderen Übungen. Mit Sonnengrüßen wird aufgewärmt, danach folgen einige Techniken namens Pranawellen und der Hormonyoga-Stuhl (geht richtig in die Beine).

Wer dann jedoch denkt, dass es mit dem Pranayama durch ist, der hat schon verloren: Atemübungen gibt es auch immer IN den Asanas, und zwar die beschriebene kräftige Aktivierungsatmung.

Einen Raum voller Teilnehmer zu haben, die reihum im Kopfstand stehen und dabei schnaufen wie Lokomotiven muss ein prächtiger Anblick sein.

Anstrengend, aber schön

Zwar kann man dann dank der Aktivierungsatmung etwas länger die Luft anhalten, aber den meisten dürfte jetzt schon klar sein, dass die Asanas im Hormonyoga nicht bis zu 3 min gehalten werden, sondern eher so zwischen 1 bis 1:30 Minuten.

Nach Hund/Kopfstand folgte ein grober Ablauf orientiert an der Grundreihe: Viparita Karani, Supta Vajrasana, Surya Bedhana, die Muslimische Gebethaltung, Tisch, Kobra, Drehsitz und zu guter Letzt Shavasana (natürlich immer in der guten Schnaufatmung).

Danach weiß frau auf jeden Fall, was sie gemacht hat. Ich persönlich habe mich nach den Stunden immer enorm energetisiert und wach gefühlt, trotz früh aufstehen (hält aber natürlich auch nicht ewig vor).

An dieser Stelle noch mal ein großes Lob an die zweite Seminarleiterin Amba, die uns tiefenentspannt angeleitet hat, uns mit trockenem Humor dazu motiviert hat unser Bestes zu geben, und die uns mit einer ganzen Armada an Klangschalen in die tiefsten Tiefen des Shavasanas geführt hat.

Die Zeit der Pioniere

Schnaufen oder nicht schnaufen, das ist hier die Frage! Ich denke, bevor du anfängst, sollte dir klar sein, dass die Wirkung von Hormonyoga noch relativ schwach erforscht ist. Hier ist also echte Pionierarbeit gefragt: Ausprobieren und am eigenen Leib erfahren.

Obwohl ich großen Respekt vor der Aktivierungsatmung hatte (ein mächtiges Pranayama) hat mir Hormonyoga überraschenderweise richtig gutgetan, und einige Elemente werde ich sicherlich für meine weitere Praxis übernehmen.

In jedem Fall bietet das Basisseminar die perfekte Grundlage für alle, die sich unsicher sind, ob Hormonyoga überhaupt etwas für sie ist, und ob frau sich vorstellen kann, es perspektivisch zu unterrichten.

Der hohe Praxisanteil bietet viel Raum für tiefe Selbsterfahrung, sodass du diese Ausbildung auch einfach als einen sehr wertvollen Urlaub für dich betrachten kannst.

In diesem Sinne nochmal:

om śaraṇāgata-dīnārta-paritrāṇa-parāyaṇe /
sarvasyārti-hare devi nārāyaṇi namo ’stu te //

Alles Liebe!


So, liebe Pionierin: Wenn du Lust hast, dich mal ein Wochenende ganz intensiv mit Hormonyoga auseinanderzusetzen, dann kann ich dir diese Yogalehrer Weiterbildung nur wärmstens empfehlen.

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