Wakan Tanka ist bei den Stämmen der Sioux „Das große, unerklärliche Geheimnis“. Es ist die göttliche Weltenseele, die Summe aller Geister und Kräfte und die Ursache von allem.
Wie im Yoga gibt es in vielen spirituellen Traditionen das Bewusstsein einer allumfassenden, heiligen Kraft, die alles Leben durchdringt und verbindet. Im Lakota-Spiritualismus trägt diese Kraft den Namen Wakan Tanka – die Weltenseele. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? Und warum berührt dieses Konzept auch Menschen weit über die Grenzen ihrer Kulturen hinaus?
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Wakan Tanka bedeutet den Glauben an den Spirit, die Seele, die Medizin – die Heilung, die allen Dingen innewohnt. Jede Pflanze und jedes Tier, auch der Boden und die Steine besitzen eine Seele. Alle Wesen teilen sich unsere Erde. Jedes Wesen ist einem anderen gegenüber verantwortlich und keines ist einem anderen übergeordnet.
Das „Große Geheimnis“, Wakan Tanka, wird bei den Stämmen der Sioux unterschiedlich betrachtet. Einige Stämme sehen es als eine einheitliche göttliche Kraft. Andere gehen von sieben großen Wakan Tanka aus:
- Dunkelheit
- Obere Welt
- Erdboden
- Donner
- Sonne
- Mond
- Morgenstern
Wakan Tanka beinhaltet sowohl das Gute wie das Böse, ebenso wie man der Natur gute und schlechte Eigenschaften zuordnen kann. Jedes Ding und Lebewesen hat seinen Wakan-Geist, der ungeboren und unsterblich ist.
* John Fire Lame Deer 1903–1976 – Häuptling und Wicasa Wakan der Mnikowoju-Lakota-Indianer, die zu den Sioux zählen und im US-Bundesstaat Süd-Dakota leben
Für alle Geschöpfe auf der Erde hat „Das Große Geheimnis“ den Lebenspfad nur im Groben vorgezeichnet. Es zeigt ihnen die Richtung und das Ziel, läßt sie aber ihren eigenen Weg dorthin finden. Es will, dass sie selbständig handeln, ihrem Wesen gemäß und ihren inneren Kräften gehorchend.
Wicasa Wakan – Heilige Menschen der Sioux
Menschen können mit Gebeten Beziehung zu Wakan Tanka aufnehmen. Wicasa Wakan (Heilige Menschen) können sie dabei unterstützen. Dafür sucht der Wicasa Wakan einen heiligen Kraftplatz auf. Essen und Wasser fastend, meditierend über mehrere Tage, um von Wakan Tanka eine Vision für das Anliegen des hilfesuchenden Menschen zu erhalten.
Wicasa Wakan sind viel und oft mit sich allein. Sie wollen weg von der Menge, weg von den kleinen alltäglichen Dingen. Sie lieben es zu meditieren, sich an einen Baum oder an einen Felsen zu lehnen und zu fühlen, wie sich die Erde unter ihnen bewegt und wie über ihnen das Gewicht des weiten flammenden Himmels lastet. Auf diese Weise lernen sie zu verstehen. Sie schließen die Augen und beginnen klarer zu sehen.
* aus Seeker of Visions von John Fire Lame Deer ( John Fire Lame Deer (1903-1976), auch bekannt als Tȟáȟča Hušté.
Was du mit geschlossenen Augen siehst, das zählt. Sie lieben die Stille, sie hüllen sich in sie ein wie in eine Decke — eine Stille, die nicht schweigt, die sie mit ihrer donnergleichen Stimme vieles lehrt. Solche Menschen lieben es, an einem Ort zu sein, wo sie nur das Summen der Insekten hören. Sie sitzen, das Gesicht gegen Westen und bitten um Beistand. Sie reden mit den Pflanzen und sie antworten ihnen. Sie lauschen den Stimmen der Wama Kaskan, den Tieren. Sie werden zu einem von ihnen.
Von allen Lebewesen fließt etwas in sie ein und auch von ihnen strömt etwas aus. Ich weiß nicht, was und wie, aber es ist so. Ich habe es erlebt. Ein Wicasa Wakan muß der Erde angehören und muß die Natur lesen können.

Gebet an Wakan Tanka
Was könnte größer sein als Wakan Tanka’s Geist, Augen, Ohren, Nase, Mund, Arme, Hände, Beine und Füße hier auf der Erde zu sein?
Damit der Schöpfergeist sein Werk auf dieser Erde tun kann, braucht er den Menschen, es zu tun.
So führt er uns durch unsere Augen, Ohren, Hände, Nase, Mund, Arme Beine und Füße.
Wir sind …
… Werkzeuge des Schöpfers.
… Hüter der Erde.
… Bewahrer unserer Brüder.
Wir dürfen seine Kinder lehren.
Wir sind hier um die Dinge, die er gemacht hat zu respektieren.
und dürfen achtsam mit uns selbst sein
und unseren Körper und unseren Geist mit Respekt behandeln.
Wir…
… dürfen allgemein respektvoll handeln.
… sind hier um den heiligen Pfad zu beschreiten.
… sollten gute Gedanken haben.
… sollten nur Dinge tun, von denen wir denken, das der Schöpfer es von uns erwartet.
Was für eine Ehre, ein Mensch zu sein.
Was für eine Ehre, dass Er zu uns sprechen kann und uns führt seine Wunder zu gestalten.
Großer Geist, lass mich die Rolle,
die du mir für dieses Leben gegeben hast achten und ehren.
Lass meine Sinne scharf sein, Deine Stimme zu hören.
Halte meinen Geist rein, damit ich die Dinge tun kann, die Du mich tun lassen willst.
Das Medizinrad der Himmelsrichtungen
- Die vier Himmelsrichtungen Osten, Süden, Westen und Norden symbolisieren den Kreislauf des Lebens von Geburt, Wachstum, Tod und Wiedergeburt.
- Die fünfte Himmelsrichtung ist „oben“ und ist die männliche, schöpferische Kraft von Vater Himmel bzw. des Kosmos.
- Die sechste Himmelsrichtung „unten“ steht für die weibliche, empfangende Kraft von Mutter Erde.
- Die siebte Himmelsrichtung ist die Ausrichtung nach innen, zur eigenen Mitte, zum Herzen und zur bedingungslosen Liebe, aus der alles besteht.
- Die achte Richtung beinhaltet das Rad des Lebens, das Medizinrad, als Ganzes. Es symbolisiert das Einssein von allem.

Die sieben Stammesriten der Sioux
Es gibt sieben wichtige Riten, die den Menschen der Sioux helfen sich und die Beziehung zu Anderen im Gleichgewicht zu halten:
- inipi: Schwitzhütte
- hanbeceyapi: Visionssuche
- wiwanyank: Sonnentanz
- hunkapi hunkalowanpi: Stammes-Adoption
- tapa wanka yap: rituelles Ballspiel
- isna ta awi ca Iowan: Pubertätsritus
- hoksicankiyapi: Pflegen der Seelen Verstorbener
Verehrung der Natur
Die Völker der Sioux verehren die Natur. Eine Landschaft, ein Ort in der Natur ist ihnen heilig und dient den Menschen als Quelle ihrer Identität und ihrer Kraft. Sie verbinden sich mit den Wesen und Energien des Ortes, der Lebewesen an diesem Ort.
Die Tiere spielen eine wichtige Rolle. Sie besitzen genau wie Menschen eine Seele und stehen in wechselseitiger Beziehung zu Menschen, Tieren und der Erde. Die Stämme verehren die Kräfte und Eigenschaften der Tiere. Sie verbinden sich mit dem Geist, der Seele von Tieren, um Unterstützung und Hilfe zu erhalten, beispielsweise durch die Kraft des Büffels, die Schnelligkeit der Antilope und den Weitblick des Adlers.

Was kann jeder Einzelne beitragen um Harmonie zu erreichen
Nimmst du etwas von der Erde, gib es ihr wieder zurück. Fällst du Bäume, pflanze neue. Technologie ist nicht das Maß aller Dinge, jedoch Teil der Lösung. Fälle wichtige Entscheidungen im Hinblick auf die nächsten sieben Generationen. Kläre auf und informiere statt zu kontrollieren. Erkenne deine Spiritualität an.
* John Fire Lame Deer
Vor dem Betreten und beim Verlassen der Schwitzhütte sagen die Lakotas Mitákuye Oyás’iŋ! Dies wird hierzulande gerne übersetzt mit ‚Danke an meine Verwandten! Es bedeutet aber soviel mehr! Indem ich Mitakuya Oyasin beim Betreten der Schwitzhütte sage, mache ich mir und allen Beteiligten bewußt, dass ich mit all meinen Verbindungen (und Verstrickungen) eintrete, zeremoniell und energetisch reinige und wieder austrete. Wir können vom Volk der Sioux und ihrer Weltenseele lernen. Denn wir alle Tragen die Fähigkeit in uns, über unsere begrenzte Vorstellung hinweg, die Verbindung zur Weltenseele, dem Brahman wieder aufzunehmen. Und zur Einheit zurückzukehren.
Mitákuye Oyás’iŋ – all is related – alles ist verbunden
Die Autorin

Anu Tara Neumeyer Yogalehrerin (BYV), Ayurveda Gesundheitsberaterin (BYVG), Fußreflex-Therapeutin, Diplom Sozialpädagogin, Naturpädagogin und Erlebnispädagogin.
Anu Tara praktiziert Yoga seit 2001. Nach ihrer vier Wochen Intensiv Yogalehrer Ausbildung 2016 entschied sie sich im Yoga Vidya Ashram Bad Meinberg zu leben, wo sie seitdem ihre Yogapraxis und Unterrichtserfahrung vertieft. Ihr Yoga Unterricht reicht von fortgeschrittenen Yoga Stunden mit intensiver Ausrichtung auf die Chakren über exakte Ausrichtungs-Prinzipien bis hin zu klassischen Yoga Vidya Stunden aller Level. Anu Tara wendet mit viel Freude auch ihre therapeutischen und heilerischen Fähigkeiten in den Bereichen Ayurveda und Naturspiritualität an.
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