24 Gelassener Umgang mit deinen Fähigkeiten

Gelassenheit Entwickeln - Podcast für mehr Gelassenheit im Alltag

Werde dir bewusst: Welche Talente und Fähigkeiten hast du? Sei dir dabei bewusst: „hast du“, nicht „bist du“. Du hast viele Fähigkeiten. So wie dein Handy viele Fähigkeiten hat. Du nutzt manche davon, andere sind in Entwicklung. Sei dankbar für die Fähigkeiten. Aber: Identifiziere dich nicht damit. Aus Identifikation kommen: Raga – Wünsche, Dwesha – Abneigungen, Abhinivesha – Ängste/Ärger. Sukadev ermutigt dich dazu, dir deiner Fähigkeiten bewusst zu werden. Du kannst überlegen, welche Fähigkeiten du hast, wie du sie fördern kannst, wie du sie einsetzen kannst zur Bewältigung deiner Aufgaben. Sei auch offen für Fähigkeiten, die du vielleicht noch nicht kennst und die sich entwickeln wollen durch neue Herausforderungen. Werde dir auch bewusst, mit welchen deiner Fähigkeiten du besonders identifiziert bist. Und überlege, wie du dich von der Identifikation lösen kannst. Dies ist die 24. Ausgabe des Yoga Vidya Gelassenheits-Podcast.

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Als nächstes geht es darum, Gelassenheit durch Nichtidentifikation mit deinen Fähigkeiten zu entwicklen. Momentan sind wir noch im Jnana Yoga Teil zum Gelassenheit entwickeln. Grundlage ist, frage, „wer bin ich“, erkenne dein Selbst und sei frei. Nutze deine Fähigkeiten, nutze das, was du hast, nutze das, was du benutzen kannst, aber identifiziere dich nicht damit. Auch auf der Grundlage von Patanjalis Yoga Sutra, wo es um die Kleshas geht, ist das das Thema. Das Vergessen deiner wahren Natur, Avidya, ist die Grundlage von allem Leiden und damit von aller überflüssigen Aufregung im Leben. Wenn du nicht mehr weißt, wer du wirklich bist, identifizierst du dich mit etwas. Das nennt man Asmita. Du entwickelst bestimmte Wünsche diesbezüglich, das ist Raga, du hast bestimmte Abneigungen, Dwesha, und dann kommt daraus der ganze emotionale Teil, nämlich Ängste, Ärger usw. Du kannst dir bewusst sein, welche Talente und Fähigkeiten hast du. Sei dir dabei bewusst, es geht darum, was du hast, nicht darum, was du bist. Du kannst z.B. handwerkliche Begabungen haben, du kannst Computerfähigkeit haben, vielleicht bist du ein guter Musiker, vielleicht kannst du gut zuhören, vielleicht bist du ein enthusiastischer Redner, vielleicht bist du ein mitfühlender Mensch oder du hast die Fähigkeit der Einfühlsamkeit, vielleicht hast du ein gutes Organisationstalent, vielleicht hast du die Fähigkeit, zu guten Ideen zu inspirieren, vielleicht hast du Mütterlichkeit, vielleicht hast du die Fähigkeit, dich wie ein leidenschaftlicher Ehemann zu verhalten. Du hast viele Fähigkeiten.

Du kannst dir gerade mal bewusst werden, welche Fähigkeiten hast du im besonderen Maße. Manche dieser Fähigkeiten nutzt du, andere nutzt du nicht. So wie dein Handy. Dein Handy hat viele Fähigkeiten. Es ist ein GPS-Gerät und damit ein Navigationsgerät. Es ist vermutlich auch ein Aufnahmegerät. Es ist ein Fotoapparat, es ist ein Videoapparat. Du kannst damit ins Internet gehen, Emails anschauen, du kannst es rechnen lassen, du kannst es als Wecker nutzen und vieles andere. Und dein Handy hat noch hunderttausend andere Fähigkeiten, von denen du noch nicht mal weißt. Du nutzt einige davon und das Handy bekommt auch ständig neue Fähigkeiten, du brauchst bloß irgendwelche Apps herunterzuladen. Aber das Handy ist jetzt nicht die Fähigkeiten und du bist auch nicht das Handy mit seinen Fähigkeiten. Viel mehr, das Handy hat verschiedene Fähigkeiten, manche nutzt du, manche nicht. Genauso hast du selbst verschiedene Fähigkeiten, manche nutzt du, manche nutzt du nicht. Also, sei dankbar für deine Fähigkeiten, und das Leben ist auch ein schönes Abenteuer und besonders herausfordernd, und ich meine auch, besonders befriedigend, wenn du deine schlafenden Fähigkeiten entwickelst.

Wenn du dich ab und zu mal in neue Situationen hineinbegibst, um einfach zu erkennen: „Habe ich da vielleicht auch besondere Fähigkeiten?“ Gerade, wenn du mutig bist, gerade wenn du dich ausprobierst, wirst du oft feststellen, du hast eine Menge von Fähigkeiten. Z.B. angenommen, du bist jetzt im Umgang mit dem Computer gut, vielleicht kannst du im Internet bestimmte Dinge tun und machen, vor zehn Jahren hast du das vielleicht noch nicht gekonnt. Vielleicht bist du inzwischen Yogalehrer geworden, das konntest du auch vor einigen Jahren nicht und du hättest dir vielleicht nicht vorstellen können, dass du unterrichten kannst und dass Menschen es mögen, in deine Yogastunden zu gehen. So gibt es viele Fähigkeiten und Möglichkeiten. Und gerade indem du eher spielerisch mit deinen Fähigkeiten umgehst, kannst du auch neue entwickeln. Manche Menschen sind sehr starr geworden im Umgang mit ihren Fähigkeiten, sie identifizieren sich sehr stark damit. Und aus einer starken Identifikation kommen letztlich Scheuklappen für Neues. Man hält es gar nicht für möglich, dass anderes kommen kann, dass man anders ist. Und Menschen, die solche Scheuklappen haben aus einer festen Identifikation heraus, trauen sich gar nicht, Neues auszuprobieren. Und sie werden auch erstarrt im Umgang mit anderen Menschen. Es mag schön sein und eine gewisse Sicherheit geben, bei deinen Fähigkeiten zu bleiben. Man sagt manchmal: „Schuster bleib bei deinen Leisten.“ Aber es entsteht doch vielleicht ein etwas langweiliges Leben. Es tut sich wenig Neues und du entwickelst dich auch nicht so gut.

Du dürftest inzwischen festgestellt haben, im Yoga geht es auch um Entwicklung. Es geht auch darum, immer wieder Neues zu erfahren, immer wieder Neues zu erkennen. Wenn du dich identifizierst, Asmita, kommt aber nicht nur eine Starrheit, sondern dann kommt als Nächstes auch ein Mögen. Angenommen, du hast eine gewisse handwerkliche Begabung, vielleicht bist du besonders geschickt im Umgang mit Holz, du kannst gut Möbel und Schränke bauen und du hast auch deine ganze Wohnung damit eingerichtet und du bist auch gerne dabei, für andere Möbel zu machen, dann hast du bestimmtes Mögen, du magst eben Holzarbeiten und du magst auch, dass es besonders schön wird. Und du freust dich, wenn andere dich um Hilfe bitten, wenn es um Holzarbeiten geht. Du magst es nicht, wenn z.B. deine Frau sagt: „Ah, immer dieses Holz, ich hätte auch mal gerne etwas aus Metall.“ Oder wenn sie sagt: „Weißt du, es ist zwar ganz schön, dass du alles handwerklich perfekt machst, aber eigentlich gefällt mir der Fertigschrank von Ikea besser.“ Das magst du gar nicht. Daraus können sich sogar Ehekonflikte entwickeln. Und du magst auch, wenn Menschen dich dafür loben, was für eine tolle Holzarbeit das ist. Du freust dich besonders darüber. Wenn dich jemand für etwas lobt, mit dem du dich nicht identifizierst, dann sagt dir das Lob nicht allzu viel. Aber wenn dich jemand lobt für etwas, womit du dich identifizierst, das ist etwas Wichtiges.

Daraus, dass man so verhaftet ist an Lob für etwas, mit dem man sich identifiziert, kannst du auch erkennen, eigentlich ist man gar nicht diese Fähigkeit. Weil man die Fähigkeit nämlich eigentlich nicht ist, braucht man Bestätigung von außen. Etwas, wo man sich sicher ist, dafür braucht man ja auch keine Bestätigung. Aber für fast alle Identifikationen brauchst du Bestätigung von außen, denn tief im Inneren weißt du: „Ich bin das nicht.“ Aber wenn man herausfinden würde „nein, ich bin nicht die Fähigkeit“, dann kommt die Ungewissheit: „Wer bin ich überhaupt?“ Man hat die Angst, ins Nichts zu geraten, wenn man nicht mehr weiß, wer man ist. Insbesondere wenn man feststellt, „Ich bin nicht die Fähigkeiten, mit denen ich mich identifiziert hatte.“ Ich kannte mal einen Menschen, der hat sich sehr stark mit seinen musikalischen Fähigkeiten und seinem guten Gehör identifiziert. Und er ist rausgegangen, wenn im Rahmen eines Yogazentrums jemand gesungen hat, der seiner Meinung nach kein richtiges Talent zum Singen hatte. Er hat gemeint, er will sein Gehör nicht ruinieren, er braucht es. Er war auch Profimusiker bei den Münchner Philharmonikern. Er hat Angst davor gehabt, seine Musikalität und sein Gehör zu verlieren, wenn er irgendwo ist, wo schräg gesungen wurde. Also eine starke Identifikation. Dann mag er natürlich, dass er schöne Musik hört, er mag nicht, nicht so schöne Musik zu hören, und er hat Angst davor gehabt, dass er seine musikalische Begabung verliert.

Menschen wollen bestätigt werden in ihren Fähigkeiten, sie brauchen das, sie ärgern sich darüber, wenn jemand anderes ihre Fähigkeiten nicht anerkennt. Also z.B. angenommen, du identifizierst dich mit deiner wunderbaren Schreinerfähigkeit und jetzt sagt jemand: „Du warst aber auch schon mal besser.“ Oder: „Weißt du eigentlich, all deine Schreinerei, das ist doch inzwischen längst altmodisch.“ Das