Ahimsa Honig in Bad Meinberg

Täglich verwöhnt die biologische Vollwertküche des Yoga Vidya Ashrams in Bad Meinberg seine Gäste und Sevaka mit vegetarischen und veganen Köstlichkeiten. Das tägliche Frühstücksangebot ist sehr vielseitig und verlockt mit einer bunten Obsttheke, verschiedenen Brot- und Müslisorten, bunten Aufstrichen und Konfitüren. Dazwischen ein weißer Topf mit der Aufschrift “Ahimsa Honig”.
Jeder Yogi weiß natürlich, dass Ahimsa, das Konzept der Gewaltlosigkeit, auch bei der Ernährung Beachtung finden sollte und freut sich über das bunte vegetarische Angebot. Was jedoch genau der Unterschied zwischen herkömmlichem Bio-Honig und Ahimsa Honig ist, das ist vielen noch nicht bekannt.
Um diesem Thema auf den Grund zu gehen, hat sich Chandrashekara auf den Weg in den Westerwald gemacht und sich mit dem Imker Pita getroffen, der Yoga Vidya mit dem leckeren Ahimsa Honig versorgt.
In der klassischen Imkerei zählt die Biene, ähnlich wie bei anderen Industriezweigen, zu den Nutztieren. Das heißt, die Tierhaltung ist meist weniger an den Bedürfnissen der Tiere orientiert, sondern an einer ertragreichen Ernte. Um die Produktion zu steigern, werden Maßnahmen ergriffen die, ähnlich der Massentierhaltung, nicht möglich sind, ohne dabei Tiere zu verletzen.
Varroamilbe bedroht die Bienenvölker
Durch diese kommerziellen Bestrebungen, die das natürliche Ökosystem der Bienen massiv schädigen, hat sich unter den Bienenvölkern ein Parasit ausgebreitet, der unter dem Namen Varroa-Milbe bekannt ist. Eine starke Varroa-Belastung erkennt man an zahlreichen verkrüppelten Bienen, wobei hauptsächlich die Arbeiterinnen betroffen sind.
Pita erklärt, dass durch Imkereimethoden, die lediglich an der Leistung der Biene, also an der Honigerzeugung orientiert sind, zwangsläufig auch eine Schwächung der Tiere provoziert wird. Dies manifestiert sich in einem geschwächten Immunsystem der Bienen, die nicht mehr fähig sind, sich den Bedingungen ihrer Umwelt – oder in diesem Fall den künstlich erzeugten Umständen – anzupassen.
Drohnenschneiden schädigt das Bienenvolk
Zu diesen Methoden zählt in der konventionellen Imkerei beispielsweise das Herausschneiden der Drohnen, was üblicherweise bei einem Befall der Varroamilbe durchgeführt wird. Durch diese Maßnahme sterben zwischen 2.000 bis 3.000 Drohnen pro Schnitt, was bei vier Schnitten im Jahr bis zu 12.000 Drohnen sind. Das Entfernen der befallenen Drohnen, die sich im sogenannten Brutraum befinden, ruft einen Stresszustand hervor. Die Milben wandern so mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit in die offene Arbeiterinnenbrut ein. Dieser Stress erhöht die Aggressivität der Tiere und verändert das Brutverhalten. Da der Verlust der Drohnen ausgeglichen werden muss, verschiebt sich das Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Eiern. Die Anzahl der männlichen, unbefruchteten Eier muss gesteigert werden, was zusätzlichen Lege-Stress für die Königin bedeutet.
Um diesen gewaltsamen Eingriff in das gesamte Bienenvolk zu umgehen, entscheidet sich Pita bewusst dafür, das Herausschneiden der Drohnen nicht durchzuführen. Dies rettet nicht nur 12.000 Drohnen das Leben sondern bringt auch den Vorteil mit sich, dass genügend männliche Tiere da sind, um zur entsprechenden Zeit die Königin zu begatten. So ist es Pita möglich, die Königin der nächsten Generation aus den eigenen Völkern zu züchten, ohne die mittlerweile hochgezüchteten Königinnen kaufen zu müssen.
Königinnenzucht vs. Natürliche Fortpflanzung
Zucht-Königinnen sind durch Kreuzungen mit direkter Verwandtschaft in ihrer genetischen Vielfalt auf die gewünschten Eigenschaften reduziert um den Honigertrag zu maximieren. Diese sogenannten F1 Hybriden zeichnen sich jedoch nicht nur durch eine gesteigerte Produktivität aus, sondern auch durch ihr mangelndes hygienisches Putz-Verhalten. Um eine systematische Königinnenzucht zu betreiben, müssen die frisch geschlüpften Königinnen ihrem Volk entnommen werden und kommen üblicherweise in ein Plastikschachtel, worin diese dann per Post auf abgelegene Inseln gesendet werden um dort von reinen Vaterzuchtvölkern Begattet zu werden. Dies ist nicht nur für die Königin ein Schock, sondern verursacht auch erheblichen Stress für die Arbeiterinnen, die ständig das königliche Futter (Gelee Royale) zur Verfügung stellen müssen um immer wieder neue Zuchtserien anzusetzen. Es ist ein hoch konzentriertes hormonhaltiges Gelee, das von den Arbeiterinnen aus eigenen Drüsen produziert wird und nur der Königin gefüttert wird. Aufgrund des hohen Nährstoffgehalts und den immunstimulierenden Eigenschaften wird es nicht nur von den Bienen verwendet um die bestmögliche Entwicklung der Königin zu gewährleisten, sondern ist auch in der Kosmetik und Pharmazie ein begehrtes Produkt.
In einem natürlichen System verlässt die Königin ihr Volk für die Begattung. Sie fliegt eine grosse Strecke bis sie an ausgewählten Begattungsplätzen auf die stärksten und gesündesten Drohnen aus der gesamtem Umgebung trifft. Der Anreiz der Drohnen wird durch ihre Pheromone gesteuert und führt dazu, dass die Königin sich hoch in die Luft schraubt, sodass die eigentliche Begattung in bis zu 100-300 Meter Höhe vollzogen wird. Durch dieses Ausschwärmen der Königin und den potentiellen Drohnen wird eine möglichst große Genvariabilität aufrecht erhalten, die wichtig ist, um das Bienenvolk gesund zu halten.
Da dieses natürliche Befruchten das reine Genmaterial der Zucht-Königinnen”verunreinigt” und ein Verlust für den Züchter bedeutet, wird es von den meisten Züchtern verhindert. Teilweise sogar durch das Abtrennen eines Flügels. Die Reinzucht-Königinnen werden üblicherweise künstlich mit den Samen ausgewählter Drohnen-Brüder befruchtet.
Pita erklärt, dass das Schwarmverhalten eines Bienenvolkes mit dem verursachten Stress ansteigt. Daher sieht er es als Aufgabe, den Stress der Biene zu minimieren und ihr zu ihrer ursprünglichen Widerstandskraft zu verhelfen. Dazu unterstützt er das natürliche Begattungsverhalten und somit auch die Genvariabilität der Tiere. Die Königinnen dürfen ausfliegen, bleiben bei ihrem Volk und werden teilweise sogar 4-5 Jahre alt. Wenn eine Königin kaum mehr Eier mehr produziert, beginnt ein Prozess, den man stille Umweiselung nennt. Dabei kommt es sogar eine Zeit lang zu einer Co-Existenz der neuen und der alten Königin.
Bewusstes Imkern mit organischen Materialien
Bewusstes Imkern ist für Pita nicht nur das rücksichtsvolle Verhalten gegenüber den Bienen selbst, sondern auch der respektvolle Umgang mit dem natürlichen Verhalten und dem Lebensraum der Tiere.
Damit seine Bienenvölker sich wohl fühlen, bestehen die Bienenkästen aus Holz und auch bei den Mittelwänden verzichtet er ganz bewusst auf den Fremd zukauf. Oft werden in der industriellen Honigproduktion vorgeformte Wachsplatten als Mittelwände benutzt. Diese werden jedoch oft chemisch verändert und so wird von den meisten Imkern schadstoffbelastetes Wachs in den Kreislauf der Biene eingeschleust. Für Pita kommt daher nur Wachs aus dem eigenen Bienenkreislauf in Frage, das heißt, die eigens gefertigten Mittelwände stehen den Bienen als Wachs aus Naturwaben aus ihrer eigenen Produktion wieder zur Verfügung.
Die Ernte des wertvollen Bienenhonigs sollte ebenfalls mit großer Achtsamkeit durchgeführt werden. Pita verwendet anstatt der dafür vorgesehenen Bürsten eine Gänsefeder. Er konnte so das Stechen der Bienen verringern, die aufgrund des natürlichen Verteidigungsreflexes das Eindringen eines Fremdkörpers verhindern um das Volk zu schützen.
Zucker ist kein Wintervorrat für die Biene
Die härteste Zeit für die Bienen ist der Winter. Das Bienenvolk befindet sich in dieser Zeit in einem Raum, den sie während des Sommers mit vollen Honigwaben bestückt haben, um ihr Überleben in dieser Zeit zu sichern. Bei der industriellen Honigernte wird üblicherweise der größte Teil des Honigvorrats entnommen und um die Bienen nicht verhungern zu lassen, anschließend mit Zuckerwasser aufgefüllt. Für die Biene ist das jedoch kein gleichwertiger Tausch. Der Honig ist nicht nur ein Energielieferant, sondern enthält wertvolle Nährstoffe. Wichtige Aminosäuren, Mineralstoffe und Spurenelemente und sogar Vitamine werden der Biene entwendet und durch den gehaltlosen Zucker ersetzt.
In der industriellen Honigherstellung wird von den 15 – 20 kg Honig, die ein Volk zur Überwinterung benötigt, bis zu zwei Drittel kg geerntet. Sodass lediglich 2-3 kg eigener Honig zur Verfügung stehen und der Rest wird mit minderwertigem Zuckerwasser aufgefüllt. Dies bedeutet einen Mehraufwand für die Biene. Um den Nährstoffmangel auszugleichen und da Zucker nicht nur für Menschen ungesund ist, sondern für jedes Lebewesen, führt es zu einer weiteren gesundheitlichen Schwächung des gesamten Bienenvolkes.
Pita hingegen verzichtet komplett auf die Fütterung von Zuckerwasser und lässt dem fleißigen Volk die eigene Ernte zum Überwintern. Bei der letzten Jahresernte schätzt er sehr genau wie es um die Vorräte seiner Bienen steht und erntet nur den Überschuss. Seinen Bienen stehen so immer 15 kg des eigenen Honigs zur Verfügung, was nicht nur das Überleben sichert, sondern auch die langfristige Gesundheit und somit auch die Qualität der Folge-Ernte sichert.
Dieser ideelle Unterschied beschreibt für Pita hauptsächlich den Unterschied zwischen der herkömmlichen Imkerei und dem Bienenhüter. Bienenhüter sehen sich als Freund der Biene. Sie schützen ihren natürlichen Lebensraum und achten darauf, dass auch die Ernte mit größtmöglicher Achtsamkeit durchgeführt wird. Dies soll in einem Gleichgewicht von Geben und Nehmen geschehen, sodass für die Biene kein Stress entsteht.
Futterplätze für die Biene
Von gesunden Bienenvölkern profitieren nicht nur Imker sondern auch die Landwirtschaft. Durch das Bestäuben der Blüten leistet die Biene einen entscheidenden Beitrag um den Ernteertrag zu steigern. So wäre es wünschenswert, wenn auch von Seiten der Bauern ein Interesse bestünde, die Futterplätze der Bienen zu schützen. Oft wird zu schnell abgemäht, sodass die Biene gar nicht ausreichend Zeit hat, die Blüten anzufliegen. Dazu kommt, dass auf großen landwirtschaftlichen Flächen oft nur Monokulturen angepflanzt sind und auch chemische Mittel (Neonicotide) gespritzt und gedüngt werden. Diese Schadstoffe gehen auf diesem Weg in den gesamten Bienenkreislauf ein und stellen so eine gesundheitliche Gefahr für die Biene, aber auch für den Konsumenten dar. Selten sind in solchen Regionen Blühstreifen anzutreffen, da Vielfalt nicht gerne gesehen ist. Da die Biene jedoch die Vielfalt liebt, von schönen Farben und Düften der Pflanzen stimuliert wird, fühlt sie sich in solchen Gegenden sehr unwohl und findet kaum genügend Nektar.