Yoga im Sommer: Der Mondgruß

Eine Vollmond-Nacht im August ist mit ein bisschen Glück warm, regenfrei und hell. Genau die richtige Umgebung für eine Kraft, die im geschäftigen Alltag oft viel zu kurz kommt: Shakti, die weibliche Seite des Lebens, die wie Mondlicht versteckt irgendwo in jedem Menschen leuchtet.

In der yogischen Tradition gehört die Mondenergie zu Shiva und Kali. Shiva trägt eine Mondsichel auf dem Kopf. Seine Augen sind Sonne und Mond, Tag und Traum, Bewusstsein und Unterbewusstsein, Aktivität und Hingabe. Shakti, seine weibliche Kraft, tanzt wild auf seiner Brust. Sie hat die Gestalt von Kali, der Schwarzen. Kali wiederum ist die Herrscherin über die Zeit. Sie erweckt und zerstört das Leben in ihrem eigenen Rhythmus, immer wieder neu, pulsierend und endlos tief. Manchmal hält sie sich irgendwo tief in uns versteckt. Dann wieder kommt sie zum Vorschein und handelt: Stark, kompromisslos und gründlich. Dann kann sie schon mal sehr gefährlich und unheimlich wirken. Wer weiß schon, was diese weibliche Kraft tief in uns so umtreibt. Mit dem Kopf lässt sie sich jedenfalls nicht verstehen. Nur eins ist sicher: Wenn Kali mal wieder mit scheinbarer Zerstörungswut unterwegs ist, geht dabei höchstes die Kraft des Egos zu Bruch und niemals das Leben selbst.

Kali gehört den Träumen, der Intuition, dem Schatten und dem Rhythmus der Natur. Und manchmal schreit etwas in uns danach, ganz in diese uferlose Energie einzutauchen, loszulassen und nur noch da zu sein. Womöglich ist es einfach mal wieder an der Zeit, der weiblichen Mond-Energie ein bisschen Lebensraum und –zeit zu widmen. Dann kann man in einer lauen Vollmondnacht ein paar weibliche Asanas aus dem Hatha Yoga üben, wie zum Beispiel den Mondgruß.

Die Geschichte des Mondgruß ist so geheimnisvoll wie er selbst. Niemand weiß genau, wann er entstand und von welchen Völkern (und wie viel Frauen) diese Übungsreihe schon praktiziert wurde. Auf jeden Fall gehört dieser stille Gegenpart zum aktivierenden Sonnengruß zu den ursprünglichsten Übungen im Hatha Yoga. Ein zeitlos fließender Gruss an Shiva und Kali, an das Werden und Vergehen, an die Stille und den ewigen Raum des tatenlosen Seins.

Der Mondgruß hilft gegen alle möglichen Stress Symptome, bringt die empfindlichen Drüsensysteme im Körper (wie Schilddrüse und Bauchspeicheldrüse) ins Gleichgewicht, fördert die äußere und innere Balance und die intuitive Erkenntnis. Mit dem Mondgruß ehren wir die weiblichen Aspekte in uns. Sehr langsam schenkt uns der sanften Asana-Fluss ein Gespür für die verborgenen Ströme unseres Unterbewusstseins. Den Mantel der Außenwelt können wir dabei getrost ablegen. Auf einmal ist nichts mehr wichtig, als die Bewegung des Augenblicks. Körper, Geist und Seele werden eins. Die Zeit scheint still zu stehen. Es gibt kein Ziel mehr, keinen Grund, kein Ende und kein Erwarten. Nur noch Sein. Und vielleicht ein Lächeln.

Während wir so gedankenlos fließen und atmen, wird die Nacht lebendig und der Mond zu einer Quelle der Weisheit. Ganz allmählich erinnern wir uns an das, was wirklich wichtig ist. Da zu sein, zu spüren, in uns selbst zu ruhen. Ganz egal, was die Bühne des Lebens uns vorgaukelt. Auf einmal wissen wir wieder, dass wir vertrauen können. Es stimmt: nichts geschieht ohne Grund und Zweck. Das Leben ist kein Wettrennen, sondern ein Geschenk. Shiva und Kali stehen an unserer Seite und warten darauf, dass wir ihre Kraft in uns entdecken.

So wird der Mondgruß zu einer Hymne auf den weiblichen Teil unseres Lebens. Geboren werden und sterben, leben, tun und träumen, zuhören, annehmen, verstehen, lachen, lieben, tanzen, singen. Wir sind hier, um das Leben zu genießen. Und wenn wir wissen, wie wir ihr zuhören können, dann weist uns die Göttin in uns den Weg in jedem Augenblick des Lebens. Sie ist immer da und doch außerhalb von Raum und Zeit. Wie das Leuchten des Mondes und das Fließen im Mondgruß in einer lauen Vollmondnacht.

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Dietlind Arndt lebt und schreibt seit Januar 2010 bei Yoga Vidya in Bad Meinberg.

1 Kommentar zu “Yoga im Sommer: Der Mondgruß

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