Heilung unseres Planeten Erde – Die Zeit, in der wir leben, ist geprägt von Herausforderungen, für die es keine einfachen Lösungen in Bezug auf ein Heil-Sein zu geben scheint. Wie kann eine heilsame individuelle und gesellschaftliche Entwicklung aussehen? Gibt es diesbezüglich einen Weg für Individuen und für gesellschaftliche Systeme wie zum Beispiel Gruppen, Betriebe, Gesellschaften, Ökosysteme?
Hierzu gibt Aktionsforscher Otto Scharmer mit seiner Theorie „U“ interessante Anregungen: Die Wirksamkeit und der Erfolg eines Handelns werden maßgeblich durch die innere Einstellung des Handelnden beeinflusst. Ein Beitrag von Eva Schlüter und Jochen Kowalski.
Die Kraft Gegenwärtig zu Sein
Entscheidend ist der innere Ort, aus dem heraus wir handeln. Eine wirkliche Veränderung kann nur dann eintreten, wenn dieser innere Ort sich verändert. Dies ist auf individueller Ebene für spirituell Praktizierende und/oder psychologisch geschulte nichts Neues! Neu könnte aber sein, dass derartige Prozesse auch von Systemen durchlaufen werden können.
Das ist insofern essenziell, als wir als Menschheit vor wichtigen Herausforderungen stehen (nationale und internationale Konflikte, Pandemien, Klimawandel, gesundheitliche Fragestellungen, Mental Health usw.). Deren Bewältigung ist mit den – mehr oder weniger funktionierenden – Instrumenten der Vergangenheit allein nicht möglich.
Wir können vermutlich davon ausgehen, dass es zunehmende Herausforderungen geben wird, die immer weniger kalkulierbar oder steuerbar sind. Damit wird die Frage nach dem Heilsamen zu einer sehr grundlegenden.

Zwischen Vergangenheit und Zukunft liegt die Gegenwart! Spirituell Praktizierende kennen die Erkenntnis und Kraft, die
darin liegt, wirklich gegenwärtig zu sein. Und die Gelassenheit, die wir daraus, und aus dem Annehmen dessen, was ist, gewinnen können.
Nach der Theorie „U“ liegt hier die Quelle für gesellschaftliche und ökologische Veränderung. Das höchste Potential, an das wir gelangen können, um die genannten Herausforderungen zu bewältigen.
Notwendige Entwicklungsschritte
Zur potenziellen Veränderung sind dazu, der Theorie „U“ folgend, drei Entwicklungsschritte notwendig:
- ein offener, (wert-)freier Geist statt Ignoranz / Fanatismus
- ein offenes, empathisches Herz statt Zynismus / Hass
- das Erreichen des eigenen Handlungsvermögens statt ohnmächtiger Hilflosigkeit.
Die jeweils zweitgenannten alternativen Gegenbegriffe sind diejenigen, die in den letzten Jahren gut zu beobachten sind!
Wir haben in herausfordernden Situationen grundsätzlich zwei Optionen: Wir können zumachen – oder wir können versuchen,
Geist und Herz offenzuhalten. Dazu sagte Johannes vom Kreuz:
„Herz, worauf wartest du? Lieben kannst du sofort.“
Da die Theorie „U“ auf die Transformation von Systemen gerichtet ist, wird dort mit zielgerichteten Übungen und Methoden
an dieser „Öffnung“ gearbeitet. Wir als Individuen machen diese Systeme aus, füllen sie mit Leben. Aller Friede, alles Heilsame im kleinen Kreis, wie in der Welt, geht von uns selbst aus.
Wir haben durch unsere spirituelle Praxis, durch Meditation, durch Yoga Wege, Möglichkeiten, um daran zu arbeiten – und die Entwicklung der Schlüsselthemen unserer Zeit „Planetary Healing“ und „Civilizational Regeneration“ für uns selbst, und auf der Ebene der Systeme, zu gestalten.
Hierbei kann uns Sokrates eine Mahnung sein: „Denn die große Menge neigt dazu, die Leistungen der anderen zu beobachten und vergisst dabei, sich selbst zu prüfen. Versäume also das ja nicht, sondern strenge dich vielmehr an, auf dich selbst achtzugeben.“

Im Buddhismus heißt es zudem: „Die Absicht ist wie die Tat.“ Wenn ich also die Absicht habe, heilsam und friedvoll zu wirken, geht davon bereits – unabhängig vom Ergebnis – eine wichtige energetische Wirkung aus. Gandhi hat durch seinen Weg der Gewaltlosigkeit (Ahimsa) große Veränderungen herbeigeführt.
Es mag nicht das erste Ziel der eigenen Praxis sein, die „Welt zu retten“. Aber indem wir diesen Weg gehen und dies auch in die „Welt“ tragen, können wir einen wichtigen, heilsamen Beitrag zu einem umfassenden, transformatorischen Entwicklungsprozess leisten.
Übung zur „Gewaltlosigkeit“
Stelle dir eine Uhr auf fünf Minuten. Sitze aufrecht. Beobachte zum Aspekt „Gewaltlosigkeit“ deine Gefühle, ohne sie zu interpretieren oder zu analysieren. Unterbreche das Lesen an dieser Stelle kurz. Schließe die Augen.
Beim Yoga und in der Meditation erleben wir Wechselwirkung von individueller Veränderung und Gruppenentwicklung. Im Sich-Einlassen und Geschehen-Lassen besteht der Weg, bei sich anzukommen. Der Geist kommt zur Ruhe. Jener Zustand, der eintritt, folgt keiner Weltanschauung und verfolgt kein Ziel. Die Meditation selbst und das Yoga führen uns in Veränderungsprozesse, die uns zu dem werden lassen, was wir sind. Die uns heil werden lassen.
Lasse in dem Bewusstsein, dass alles, was entsteht, vergeht, alle deine Vorstellungen, Wünsche, Ideen, auch das Begehren nach einer heilen Welt los. Befreie dich von deinem kognitiven Wissen – so wertvoll und nötig es auch im Alltag sein mag.
Verweile in der Gegenwart. Der Zustand, in den wir in der Meditation eintreten, bedarf keiner Analyse, keines kognitiven
Verstehens, keiner weiteren Methodik.
Im Nichtwissen ist Raum für Weisheit, im „Lassen“ Raum für Heilung.
Seminare rund um das Thema „Gegenwärtigkeit und Gewaltlosigkeit erfahren“ und Heilung:
Eva Schlüter
ist Juristin, Supervisorin (FiS), Mediation und Gewaltfreie Kommunikation (beide Ausbildungen
u.a. bei M. Rosenberg), NLP-Practicioner (u.a. bei Michael Grinder), Atemkursleiterin (Yoga Vidya). Sie begleitet seit vielen
Jahren Menschen in unterschiedlichen beruflichen Fragestellungen, versucht sie zu unterstützen, „ihren“ Weg zu
finden und zu gehen. Das tut sie mit Freude und Engagement. Das Thema „Selbststärkung“ wird für sie dabei zunehmend wichtiger. Sie arbeitet auf der Basis der Themenzentrierten Interaktion, TeilnehmerInnen- und praxisorientiert.
Jochen Kowalski ist Pädagoge M.A., Meditationslehrer, Yoga-, Qi Gong- und Entspannungskursleiter, Shiatsu-Praktiker, nach einem Thailandaufenthalt seit 1990 Meditationspraxis. Gleichzeitig Yoga- und Qi Gong-Praxis.
Text von Eva Schlüter und Jochen Kowalski aus yoga-vidya.de/fileadmin/download/pdf/Yoga_Vidya_Journale/Journal_April_2023.pdf