Vorsicht vor Hochstaplern

Ein junger Mann mit einem langen Bart war vor zwei Tagen in den Ashram gekommen. Er erzählte dem Meister, dass er die Eingeweide herausholen, acht Monate ohne Unterbrechung im Samadhi (Überbewusstsein) sitzen und viele andere Dinge tun könne! Als Vishnu Swamiji, der Hatha-Yoga-Lehrer, ihn dazu brachte, im Ashram zu bleiben und ihn darum bat, ein paar seiner Meisterleistungen vorzuführen, wich er der Ausführung jedes Mal aus, indem er irgend einen Vorwand vorbrachte und verließ schließlich den Ashram.

Der Meister sagte in Bezug auf derartige Hochstapler: „Es gab da jemanden, der behauptete, er könne einen großen Berg auf dem Kopf tragen, wenn er einen Monat lang täglich drei Krüge Joghurt, zwei Krüge Milch, einen Krug Ghee (geklärtes Butterfett) und viel Obst erhalten würde. Die Leute glaubten ihm und speisten ihn einen Monat lang mit reichlich Milch, Joghurt, Ghee, Obst und anderen nahrhaften Dingen. Als der Monat um war, baten sie ihn, seinen Kraftakt vorzuführen. Er brachte die Leute zu einem nahegelegenen Berg, wobei er Zeichen seiner Stärke zeigte. Dann bat er die Zuschauer, den Berg zu heben und ihn auf seinen Kopf zu setzen! Nun wussten die Leute, dass er ein Hochstapler und ein Betrüger war. Solche Scharlatane gibt es viele auf der Welt. Unwissende Menschen beurteilen jemandes Spiritualität nach den Wundern, die er zur Schau stellt. Sie glauben, dass Kunststücke, wie sich tagelang unter der Erde zu begraben oder auf einem Nagelbrett zu schlafen, Zeichen für jemandes spirituellen Fortschritt seien. Diese Kunststücke sind nur Mittel, um Geld zu verdienen.

Leichtgläubige Leute lassen sich leicht von Scharlatanen übertölpeln, die an Festtagen viel Geld verdienen. Ihr sogenannter Samadhi ist ein Zustand der Leere, der dem Schlaf gleicht. Die Vrittis (Gedankenwellen im Geist) werden in diesem Samadhi nicht zerstört. Die Zeit wird genauso verbracht wie im Schlaf. Diese Art von Samadhi kann einem keine Befreiung schenken. Es ist nur ein Mittel, um sich einen Namen und Ruhm zu verdienen und der Öffentlichkeit Geld aus der Tasche zu ziehen.

Ein wahrer Aspirant sollte alle übersinnlichen Kräfte als Hindernisse für den spirituellen Fortschritt meiden. Übersinnliche Kräfte sind keine Zeichen für spirituelle Errungenschaften. Ausgeglichenheit des Geistes unter allen Umständen, innerer Frieden, Zufriedenheit, Abneigung gegenüber Sinnesfreuden, wachsende Liebe zu Gott, Selbstlosigkeit, Demut, Wunsch nach Abgeschiedenheit, die Erfahrung tiefer Wonne während der Meditation – dies sind die wirklichen Merkmale spirituellen Fortschritts.

Anstatt seine Zeit damit zu verbringen, auf Nägeln zu schlafen oder sich in trägen Samadhi zu begeben, sollte man die Zeit und gottgegebene Energie dafür verwenden, anderen zu dienen und Gott in ihnen zu sehen. Wenn man anderen dient, dient man sich selbst, denn alle sind eins. Durch Dienst kann man sich leicht läutern und Gottverwirklichung erreichen.“

Aus:
“Botschaft des göttlichen Lebens” von Swami Sivananda
12. Geheimnis des Erfolgs

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