Ego Tod – ein missverstandener Begriff? Missbrauch, Selbstverleugnung und Minderwertigkeitskomplexe – die Idee, dass das Ego eine Illusion ist, hat zu großem Leiden in der spirituellen Welt geführt. Doch wie können wir uns in unserem spirituellen Streben akzeptieren, ganz so wie wir sind? Die Vedanta Lehrerin Saraswati gibt eine humane Perspektive auf einen missverstandenen Begriff. Erfahre mehr in unserem neuesten Blogbeitrag. Ein Beitrag von Kavi.
Ego-Tod – Ist das Ego wirklich Illusion?
„Mein Ego ist eine Illusion, daher interessiere ich mich nicht für Psychologie und habe auch keine Lust auf Sport“, sagte er. Ich spürte, wie sich mein Magen verkrampfte. Es war das Ende unserer Freundschaft. Dennis litt unter wiederkehrenden Panikattacken und nahm täglich eine Vielzahl von Psychopharmaka ein. Seine Ärzte empfahlen ihm eine Psychotherapie und regelmäßigen Sport, um sich auszupowern.
Doch er hatte sich einer besonders asketischen Form des Buddhismus verschrieben und hielt stur an seinen Überzeugungen fest. Kein Argument konnte ihn erreichen. Sein Leben war ein einziger Leidensweg. „Leiden ist gut. Darin finde ich spirituellen Halt“, betonte er immer wieder. Ich ließ ihn in seinem Glauben. In zahllosen Gesprächen hatte ich versucht, seine Ansichten zu hinterfragen, doch am Ende war ich enttäuscht und legte auf.
Enttäuscht von dieser lebensverneinenden Weltanschauung und enttäuscht von meinem Helfersyndrom, das mich viel zu lange in diesen Kontakt investieren ließ. Meine Energie war erschöpft und ich fühlte mich so leer wie ein ausgetrockneter Brunnen. Jetzt brauchte ich Zeit für mich, für Meditation. Ich gab alle Frustration, Erschöpfung und Zynismus an Ishvara ab und vertraute darauf, dass die Gesetze des Karma sich darum kümmern würden. Ich ließ los.

Ahaṃkāra – eine Funktion deines Geistes
Am nächsten Morgen wurde ich durch das Klingeln des Telefons geweckt. Es war Saraswati Devi, meine Freundin und Vedanta-Lehrerin. Ich berichtete ihr von meinem Gespräch mit Dennis und sie zeigte sich zutiefst betroffen: „Es ist erschreckend, wie die Vorstellung vom Tod des Egos in spirituellen Kreisen zu so viel Abhängigkeit und Machtmissbrauch geführt hat.“
„Im Vedanta benutzen wir den Begriff Ego nicht im Sinne von Stolz oder Arroganz, sondern in einem grundsätzlicheren Sinne; als dein angeborenes Gefühl der Individualität. Das Wort „Ego“ ist, wie du weißt, eigentlich das lateinische Pronomen “ Ich“, und hier bedeutet es dein inneres „Ich“, dein Gefühl des Ichs.“
„Hat ein Weiser denn auch ein Ego?“, wollte ich wissen. „Dein Ego hat eine entscheidende Funktion bei der Koordinierung all deiner Gedanken und deines Verhaltens. In Abwesenheit deines Egos, etwa wenn du tief in Musik vertieft bist, kannst du wirklich überhaupt nichts tun. Du kannst den Zustand der Vertiefung nur passiv genießen. Du brauchst dein Ego, um dich an weltlichen Aktivitäten zu beteiligen.“
Muss ich mein Ego eliminieren?
„Kurz gesagt: Ja, auch ein Weiser hat noch ein Ego. Ohne Ego würde er gar nicht mehr aufs Klo kommen.“ „Ist es dann gar nicht notwendig, das Ego zu eliminieren?“, fragte ich ungläubig. Ich hatte diesen Ausdruck von zahllosen spirituellen Lehrern gehört.
Geduldig antwortete Saraswati: „Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass das Ego zerstört werden muss, um Erleuchtung oder Befreiung zu erlangen. Aber dein Ego ist nur ein vorübergehendes geistiges Ereignis. Wie deine Wahrnehmungen, Kognitionen und Emotionen. Und keines dieser mentalen Ereignisse kann dich, das unveränderliche Bewusstsein, das dich erleuchtet, wirklich beeinflussen.“
Ist das Ego die Ursache der Leiden?
Ich fragte mich, ob das Ego möglicherweise doch ein Problem darstellte: „Leiden wir wegen Ego?“ Saraswati antwortete kurz und kraftvoll: „Du leidest aufgrund von Verwirrung, aufgrund von Unwissenheit, aufgrund des Unvermögens, deine eigene wahre Natur als unveränderliches Bewusstsein zu erkennen, ungeboren, ewig, weit, rein und vollständig.“
„Mithilfe der mächtigen Einsichten und Lehren der Rishis kannst du diese Unwissenheit beseitigen und völlige Freiheit von Leiden genießen, selbst in der Gegenwart von Traurigkeit.“ Mir gefiel diese humane Interpretation des Begriffs Ego. Diese Lehrerin akzeptierte mich so, wie ich bin. In der Vision des Vedanta war ich selbst die Ursache des Universums. Sie hatte nur eine einzige Agenda: Das Leiden musste aufhören.
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Über den Autor

Kavi ist leidenschaftlicher Astrologe und begeistert von vedischer Rezitation und Advaita Vedanta. Er hat intensiv in der Dayananda-Tradition studiert und verfügt über mehrere Jahre Erfahrung im Integrationsbereich als Sprachwissenschaftler. Nach 9 Monaten als Sevaka in Bad Meinberg machte er sich nun erfolgreich als Berater selbstständig.
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