In einer Welt, in der jeder eine eigene Agenda für dich hat, stellt sich die Frage: Wie kann echtes Vertrauen jemals existieren? Die Mutter, die die künstlerische Sensitivität ihrer Tochter übersieht und sie zur Steuerberaterin erziehen möchte; der Guru mit seinem maßgeschneiderten Plan für dein Leben; die Partnerin, belastet von unerfüllten Kindheitsthemen; der Schutzengel, der angeblich genau weiß, wo dein Problem liegt – all diese Figuren sind geprägt von bestimmten sozialen Konditionierungen, persönlichen Werten, Vorlieben und Abneigungen sowie Vorstellungen darüber, wie die Welt sein sollte. Willst du blind darauf vertrauen? Wahrscheinlich landest du dann bald an einem Ort, der nicht deiner eigenen Inspiration entspricht.
Was ist mit „Gottvertrauen“?
Ist Gott eine Person – ein weiterer großer Onkel mit einer Absicht und einem Lebensplan für dich? Zum Glück ist das keine Realität. Würde Gott eine Person mit Vorlieben und Abneigungen sein, würde alles im Chaos versinken. Muss ich das göttliche Urteil oder den Willen Gottes fürchten? Die unterwürfige und blinde Schicksalsergebenheit religiöser Anhänger hat mit echtem Gottvertrauen nichts zu tun. Wenn ich den lieben Gott idealisiere, was passiert, wenn etwas „Böses“ in meinem Leben geschieht? Dann neige ich dazu, ihn zu dämonisieren und ihn den Teufel zu nennen. Doch wie kann ich dem „guten Bullen“ vertrauen, wenn angesichts all des Unrechts in der Welt der „böse Bulle“ so mächtig erscheint? Solange wir an Trennung festhalten, kann Gott keine Relevanz für die Probleme haben, die hier und jetzt auftreten. Mein Gottvertrauen hängt also stark von meinem Verständnis ab.
„What is infallible is Ishvara“
Der berühmte Vedanta-Lehrer Swami Dayananda Saraswati drückte es so aus: Das, was unfehlbar ist, genau das ist Ishvara. Ishvara ist die all durchdringende, intelligente Ordnung, die sich in Gesetzmäßigkeiten und Wirkungsprinzipien überall manifestiert. Dieses Zitat ist kein Glaubenssatz, kein geheimes Mantra oder Affirmation für meine nächtliche Selbsthypnose und Klopfakupressur. Es basiert auf dem Verständnis, dass hinter allem, was passiert, eine Ursache und ein intelligentes Gefüge an Wechselwirkungen, Einflussfaktoren, Resonanzen und Gesetzmäßigkeiten steht. Kurz gesagt: Das, was ist, ist sinnhaft und Zufall existiert nicht. Es mag vielleicht nicht immer sofort ersichtlich sein und die Dinge fallen scheinbar einfach zusammen – doch im Lichte der göttlichen Ordnung geschieht das nicht willkürlich.
Gottvertrauen zeigt sich im Unerwünschten
Gerade das, was ich eigentlich überhaupt nicht möchte – das Schockierende, Verstörende, Abstoßende – gerade da offenbart sich, wie es um mein „Gottvertrauen“ steht. Kann ich die Konditionierungen, Einflussfaktoren, symbolische Bedeutungen, karmischen und ethischen Implikationen sowie die Psychodynamik und die zahlreichen anderen Gesetzmäßigkeiten erkennen, die das so „unmögliche“ Verhalten meines irritierenden Mitmenschen bedingen? Wenn ja, dann kann ich in diese Ordnung vertrauen und bin ein spiritueller Mensch. Spiritualität bedeutet einfach nur, die Dinge im Lichte einer größeren Ordnung zu sehen.

Loslassen – aber wie?
„Ich lasse ganz los“ ist die wohl bedeutungsloseste Affirmation, die sich jemals ein Yogalehrer ausgedacht hat. Wie lasse ich los? Was muss ich dafür tun? Was genau lasse ich los? Wer lässt danach die Person los, die schon vollständig an diesen inakzeptablen Ereignissen verzweifelt ist? So einfach ist es leider nicht. Wie bei allem im Leben ist auch hier das Schlüsselwort: Verständnis. Sehe ich die Sinnhaftigkeit, Schönheit, Bedingtheit, das Wirken energetischer und sozialer Felder, Resonanzen, wiederkehrende Fraktale, die heilige Geometrie und den literarischen Fluss des Lebens, die symbolischen Implikationen, die Psychodynamiken, Omen, Synergien, Wechselwirkungen und Interdependenzen? Wenn ja, dann ist meine Antwort auf alles Akzeptanz, denn ich weiß, dass die Dinge genauso geschehen, wie es die göttliche Ordnung (Ishvara) vorgibt. Die Gesetzmäßigkeiten wirken – egal ob ich das will oder nicht.
Vergebung ist Verständnis
Für Vergebung gilt genau dasselbe wie für Loslassen: Es basiert zu 100 % auf Verständnis und ist nichts, was ich aktiv tun könnte. Ich muss einfach verstehen, dass mein Gegenüber nicht anders konnte, wollte oder wusste und nicht einfach nur willkürlich gehandelt hat.
Wie verstehst du Vertrauen?
In was kannst du immer und überall vertrauen?
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Über den Autor
Kavi ist leidenschaftlicher Astrologe und begeistert von vedischer Rezitation und Advaita Vedanta. Er hat intensiv in der Dayananda-Tradition studiert und verfügt über mehrere Jahre Erfahrung im Integrationsbereich als Sprachwissenschaftler. Nach 9 Monaten als Sevaka in Bad Meinberg machte er sich nun erfolgreich als Berater selbstständig.
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Tausend Dank für diesen wichtigen Beitrag !!!!!!! Die ganze Menschheit sollte dies verstehen , vorallem die Politiker !!!!!! Nur so kann man Probleme lösen und Frieden schaffen !!!!Dies ist schon lange mein Wunsch möge er für ALLE in Erfüllung gehen !!!!!
Allerliebste Grüße
Maria