70 Raja Yoga – der psychologische Yoga – durch inneren König und Minister zur Gelassenheit

Gelassenheit Entwickeln - Podcast für mehr Gelassenheit im Alltag

Ein Herzstück des Yoga Vidya Gelassenheits-Podcasts. Eine sehr effektive Technik, um zu Gelassenheit zu kommen, ist das Einberufen der inneren “Konferenz der Minister”. Wenn du diese Podcastserie schon eine Weile anhörst, bist du mit diesem Konzept schon vertraut – vielleicht probierst du es ja auch schon eine Weile aus – und arbeitest damit. Es ist jedoch gut, wichtige Konzepte öfter mal zu wiederholen. Also hier auch schriftlich die wesentlichen Punkte Grundlage ist das Raja Yoga Modell des menschlichen Geistes: Du bist das unsterbliche Selbst (Atman), Satchidananda (Sein-Wissen-Glückseligkeit). Du hast ein inneres Instrument, Antarkarana, die Psyche, deinen Geist mit seinen geistigen Fähigkeiten. Du hast auch ein äußeres Instrument, Bahirkarana. Das innere Instrument (Antarkarana) besteht aus Ahamkara (Ego), Buddhi (Vernunft, Urteilsvermögen, Entscheidungsvermögen), Manas (Denkprinzip), Chitta (Unterbewusstsein). Im Unterbewusstsein hast du viele innere Anteile, die es alle gut mit dir meinen. Du kannst dich selbst bzw. deine Buddhi als Führungspersönlichkeit (Raja, König) etablieren – und deine inneren Anteile als wohlwollende, aber manchmal irregeleitete Minister. Die Technik besteht darin, die Minister zu Wort kommen zu lassen, sie zu würdigen, sie wertzuschätzen. Bei einem Problem, das dich aus der Gelassenheit herausholt, kannst du zunächst den dominierenden Minister fragen. Dann kannst du einen zweiten, meist dem ersten entgegengesetzten Minister fragen. Dann kannst du mindestens einen, eventuell auch erheblich mehr Minister zu Wort kommen lassen. Anschließend kannst du mindestens den Grund/die Gründe deines inneren Ärgers, deiner Ängste, deiner Zerrissenheit besser würdigen. In vielen Fällen kannst du anfangen zu schmunzeln. In manchen Fällen fällt dir intuitiv eine gute Vorgehensweise ein. In manchen Fällen kannst du eine gute bewusste Entscheidung treffen.

Dies ist die 70. Ausgabe des Yoga Vidya Gelassenheits-Podcast von und mit Sukadev Bretz. Mitschnitt aus einem SeminarGelassenheit entwickeln” bei Yoga Vidya Bad Meinberg.

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Heute das Raja Yoga Modell des menschlichen Geistes. Du hörst etwas über den menschlichen Geist, du hörst etwas darüber, wer du wirklich bist, du hörst etwas über Identifikation und du hörst vor allen Dingen etwas über das Raja Yoga Modell der Ministerkonferenz. Du lernst, dich zu etablieren als König. Du lernst, dich zu etablieren als König, der so viele tolle Minister in sich hat. In diesem Abschnitt bekommst du eines der zentralen Elemente des Gelassenheitskonzeptes von Yoga Vidya mit, nämlich, alles in dir ist ursprünglich gut. Und du hast alle Fähigkeiten und Kräfte, die du brauchst, um in den Situationen, in denen du bist, gut und gelassen zu sein. Lerne die Sprache deiner Psyche, lerne die Sprache deines Unterbewusstseins kennen. Raja Yoga – Wer erinnert sich noch, was ist Raja Yoga?

Raja Yoga wird auch oft der königliche Yoga, der psychologische Yoga genannt, der Yoga der Geistesbeherrschung. Raja heißt König. Und dieser Name „Raja“ ist dort Programm. Königlicher Yoga heißt nicht, dass es nur für Adlige ist, nur für wenige vorbehalten. Raja Yoga heißt auch nicht, er ist besser als andere Yoga-Wege, sondern Raja Yoga ist dieses Konzept. Das Konzept, wir machen uns zum Raja, wir machen uns zum König. Und als König können wir dann herrschen. Nur jetzt müssen wir aufpassen. Was heißt herrschen? Manche missverstehen das Raja Yoga und denken, wir müssten jederzeit in der Lage sein, unseren Geist vollständig zu beherrschen. Und es gibt viele Menschen, die versuchen das seit Jahren und stellen fest, die ersten sechs Monate hat man gute Fortschritte gemacht und ab da haben die Fortschritte zu wünschen übrig gelassen.

Wir können da auch wieder die Analogie von König und Königreich nehmen. Raja heißt König. Kann ein König wirklich jeden Teil seines Reiches beherrschen? Das geht nicht. Ein Raja, ein König, ist jemand, der – man kann sagen – das Land so regiert, dass alles gut zusammenpasst, der so dafür sorgt, dass sich alles gut entwickelt. Wirtschaft, Kultur und Soziales, dass sich das Reich in allen Aspekten gut entwickelt und es Fortschritte gibt, dass das Königreich in Frieden lebt mit anderen Königreichen drum herum und dass er den Bedürfnissen seiner – gegen den Ausdruck „Untertanen“ wehrt sich alles in mir – seiner Landesbewohner gerecht wird, dass die sich gut fühlen, ihre Bedürfnisse befriedigt sind, dass sie haben, was sie brauchen und die einzelnen sich gut entwickeln können. So wäre ein guter Raja. Es wäre jetzt unsinnig zu meinen, ein guter König müsste immer alles beherrschen können. Wir sind also Könige über unser Königreich, mindestens können wir das werden. Die meisten Menschen sind nicht wirklich Könige in ihrem Königreich, sondern Spielbälle des Chaos, das irgendwo im Inneren herrscht. Und Raja Yoga will uns wieder lehren, wie wir König werden können. Dahinter steckt ein bestimmtes Modell des menschlichen Geistes und auch des Menschen insgesamt.

Die Grundlage ist auch, wir sind Atman oder Atma. Atman heißt Selbst, Selbst-Bewusstsein, wird auch gesagt, ist Satchidananda. Das heißt, Sein, Wissen und Glückseligkeit. Jetzt sind wir fast wieder im Jnana Yoga drin. Das heißt, wir sind Bewusstsein, Chid, welches über Körper und Geist hinausgeht. Auch wenn ihr das Modell nicht komplett übernehmen wollt oder könnt: Die Technik ist auch für reine Materialisten durchaus hilfreich, sich als Raja zu etablieren und dann mit seinen Ministern zu arbeiten und sie gut miteinander zu kombinieren, aber ich will es trotzdem so sagen, wie es vom Spirituellen her gedacht ist. Wir sind nicht begrenzt auf Körper und Geist, wir sind Bewusstsein jenseits davon. Manche Menschen haben vielleicht in der Meditation, in der Tiefenentspannung so was schon mal erfahren, dass sie Körperbewusstsein transzendiert haben. Viele von euch haben es vielleicht auch schon erfahren in der Meditation, dass ihr die Gedanken beobachten konntet und gemerkt habt: „Nein, ich bin nicht die Gedanken.“ Worte mögen weiter kommen und gehen und Bilder mögen kommen und gehen, Gefühle mögen kommen und gehen, aber irgendwo merkt man: „Aber ich bin das nicht.“ Oder auch, es mag viele Gemütszustände geben. Mal ist man traurig, mal unruhig, mal genervt, mal geht es einem gut, mal euphorisch, all das sind Gemütszustände, aber das Ich bleibt gleich, das Ich ist immer da.

Und dieses Ich ist nicht einfach nur da, es ist bewusst, und dieses Ich ist auch Ananda und Ananda heißt Wonne und Freude. Das ist natürlich hoch optimistisch und sagt, tief im Inneren sind wir Freude. Und in Ananda steckt auch Prema drin, Liebe. Tief im Inneren sind wir Freude, tief im Inneren sind wir Liebe. Jetzt wird es noch optimistischer. Nicht nur wir selbst sind Freude und Liebe, sondern jeder andere auch. Und nicht nur sind wir selbst Freude, Liebe, Bewusstsein und andere auch, sondern in unserem göttlichen Kern sind wir alle miteinander verbunden. Große Aussagen. Wenn man aber in diesem Bewusstsein lebt – man kann sogar als Arbeitshypothese damit mal eine Weile leben:

„Angenommen, es wäre richtig, wie würde ich mich dann fühlen? Was hieße das?“ Das hieße unter anderem: „Wann immer ich will, kann ich zu den Tiefen meiner Seele hinkommen. Denn wenn ich dort hinkomme, spüre ich dort Freude.“ Und selbst wenn das dann nicht immer möglich ist, einfach zu wissen: „Ja, tief im Inneren ist die Freude da, auch wenn ich sie jetzt nicht gerade in dem Moment erfahren kann.“ , hilft schon weiter. Man muss ja auch nicht immer nur freudevoll sein. Irgendwo habe ich vor kurzem nochmal ein Buch gelesen – ich habe vergessen, wie es genau heißt, aber es war irgendetwas wie „wider die Diktatur der Freude