KWG 1: Gelassenheit in einer hektischen Welt

Gelassenheit ist eine Kunst – gerade inmitten der vielen Herausforderungen und Möglichkeiten des Lebens in der heutigen Zeit. Oft genug scheinen wir Wut, Ärger und Lustlosigkeit nicht Herr zu werden – hatten wir bisher vielleicht einfach das falsche Mindset zu unseren Emotionen?
In dieser Serie bekommst du Anregungen und Tipps zum Thema Gelassenheit. Folge 1. des Podcasts “KWG” dem “Der Königsweg der Gelassenheit“. Für unterwegs zum Reinhören. Alternativ kannst du die Zusammenfassung der Folge im Text unten lesen.
Von hohe Idealen und latenter Überforderung
Die heutige Zeit ist von vielen Möglichkeiten, vielen Veränderungen und großer Beschleunigung geprägt. Einerseits haben wir Möglichkeiten, die unsere Großeltern noch nicht hatten. Wir können zwischen Beruf, Wohnort, Partner und unserer Lebensgestaltung wählen. Wir brauchen nicht bei etwas zu bleiben, was uns unglücklich macht, denn es gibt so viele Möglichkeiten der Gestaltung.
Andererseits gilt das alte Sprichwort: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Es gibt auch einen Zwang auszuwählen und immer wieder die Angst, nicht gut zu wählen. Es gibt eine Art Zwang zum Erfolg und zum Glücklichsein.
Die Qual der Wahl
Der Sinn eines Lebens wird von vielen darin gesehen, glücklich zu sein. Gerade weil es so erscheint, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist, gibt es viel mehr Gründe, sich über all das aufzuregen, was dem persönlichen Glück im Wege steht.

In früheren Zeiten hatten die Menschen eher ein fatalistisches Weltbild und dachten, dass letztlich alles von Gott bestimmt wird – dass wir nicht so viele Möglichkeiten zur Veränderung unserer Lebensumstände haben, nicht so viel tun können. Heute wird immer mehr davon ausgegangen, dass man für sein Glück selbst verantwortlich ist.
Wir sind unseres Glückes Schmied
Aber wir haben auch einen Zwang der Gestaltung. Hinzu kommen andere Herausforderungen wie:
- äußere Anforderungen im Beruf
- Verdichtungen von Arbeit
- neue Rollenfindung in Partnerschaft und Familie
- verschiedenste Unsicherheiten
Frühere Sicherheiten wie Geborgenheit in der Großfamilie, der Dorfgemeinschaft, in der sozialen Gruppe, in der Kirchengemeinde, in einer Zunft oder Ähnlichem gibt es nicht mehr. Menschen sind diesseits orientierter und erwarten mehr.
Erfüllung im Beruf?
In früheren Zeiten war ein Beruf einfach etwas, das man eben macht, ausführt. Oft ist man dort hineingeboren worden. Man hat es nicht hinterfragt und nichts besonderes davon erwartet. Heute erwarten die meisten Menschen von ihrem Beruf Erfüllung. Wir erwarten von unseren Berufen:
- genügend Geld
- freundliche Kollegen
- dass man sich im Beruf verwirklichen kann
- dass man einiges gestalten kann, dass man sich entwickeln kann usw.
- ein erfülltes Leben im Beruf
Diese Erwartungen sind ja auch grundsätzlich gut. Es ist gut, dass Menschen engagierter sind, als sie es früher waren und mehr Erwartungen an das Leben haben. Aber daraus ergibt sich wieder ein Zwang.
Es ist immer die latente Angst dahinter, dass man nicht den richtigen Beruf gefunden hat, es noch etwas Besseres gibt. Und aus dieser Angst kommt letzlich eine immer wieder neue Reizbarkeit und manchmal eben auch eine Unruhe, eine Hektik ins Leben.
Die perfekte Familie
In früheren Zeiten war es in den meisten Gesellschaften üblich – in manchen Teilen der Welt ist das bis heute so – dass Eltern die Partner für ihre Kinder ausgesucht haben.
Das ist sicherlich keine gute Praxis und es ist sehr viel besser, wenn Menschen sich ihre Partner selbst aussuchen. Nur gibt es auch hier wieder einen gewissen Erwartungsdruck, genau den richtigen Partner zu finden. Und dieser Partner:
- soll einem ein erfülltes Leben geben
- soll einem helfen
- natürlich soll er einem Zärtlichkeit geben
- im sexuellen Bereich soll es stimmen
- man soll sich gut miteinander unterhalten können
- soll sich gegenseitig unterstützen können
- man soll in der Lage sein, wirklich alles miteinander zu teilen
- die richtige Balance von Nähe und Distanz sollte da sein
- und natürlich tief in der Seele vom Herzen her soll man sich gegenseitig verstehen
Im Grunde weiß jeder Mensch, dass er zu viel vom Partner oder einer Beziehung erwartet, aber trotzdem ist es heutzutage so. Es findet eher auf einer unbewussten Ebene statt. Und es bleibt auch wieder die Angst: “Wenn ich meine Partnerschaft nicht richtig lebe, dann verfehle ich den Sinn meines Lebens.”
Habe ich den richtigen Partner?
Und wenn es dann irgendeine Krise gibt, überlegt man immer, hat man Angst, dass das Leben von einem weglaufen würde. Dazu kommt oft ein unklares Rollenverständnis. In früheren Zeiten hat man eben Kinder gehabt und sie groß gezogen.
Natürlich haben Eltern aller Zeiten immer das Beste für ihre Kinder gewollt, aber heute ist der große Druck, dass man als Eltern eine ganz gewaltige Verantwortung für die Kinder hat. Man muss alles richtig machen und wenn man eine Kleinigkeit falsch macht, würde man vielleicht dem Kind den ganzen Lebensweg versperren.
Früher war es klar, in welche Schule ein Kind geht. Es war oft klar, welchen Beruf das Kind ergreifen würde. Heute muss man schon ganz früh viele wichtige Entscheidungen fällen: Soll das Kind in eine Krippe gehen oder nicht? Ist das gut für das Kind?
Die Entscheidung, in welchen Kindergarten ein Kind geht, sieht manchmal aus, als würde man über das Glück des Kindes entscheiden. Welche Grundschule, welche weiterführende Schule ist die richtige? Wie kann man das Kind fördern? Wie kann man das richtige Zeitintervall, den richtigen Timeslot finden, damit das Kind auf die richtige Weise gefördert wird?
Und wieder diese Angst
“Ich erfülle meine Elternrolle nicht richtig, wenn ich etwas nicht richtig mache, dann wird alles schlimm.” Und aus dieser latenten Angst kommt natürlich auch wieder Reizbarkeit. Eltern fühlen sich immer ein bißchen schuldig, haben immer Angst, dass sie nicht ausreichend für das Kind da sind, dass sie nicht genug für das Kind tun.
Und aus dieser Schuld kommt wieder eine Reizbarkeit. Hinzu kommt natürlich auch ein beschleunigtes Leben. Das hat schon früh angefangen, wahrscheinlich mit dem elektrischen Licht, mit dem man plötzlich die Nacht zum Tag machen konnte.
Was konnte man früher machen, wenn die Sonne untergegangen ist? Nicht allzu viel. Kaum jemand hatte das Geld, hatte die Möglichkeiten, mit Kerzen die Hütte oder ein Zimmer zu erleuchten. Heute können wir die Nacht zum Tag machen. Es gibt alle möglichen Dinge, die man auch abends machen kann, es gibt so vieles, was man machen kann.
Die latente Angst was zu verpassen

“Das müsste ich noch machen, das müsste ich noch machen…” Es gibt diese ständige Erreichbarkeit über Internet, Email, Facebook, Handy, Telefon und vieles mehr. Wir sind also in einer Welt voller Möglichkeiten und einer starken Diesseitsorientierung.
Wenn all das zusammenkommt, dann fühlen sich Menschen manchmal überfordert. In der heutigen Zeit nehmen psychische Erkrankungen nicht ohne Grund zu. Die meisten Menschen gehen derzeit wegen psychischen Erkrankungen in Frührente.
Außerdem gibt es die meisten Krankheitstage wegen psychischen Erkrankungen insbesondere Langzeiterkrankungen und die meisten Langzeitfehlzeiten beruhen auf psychischen Erkrankungen. So kommt es zu immer mehr Stress, der mit ernsthaften psychischen Erkrankungen einhergehen kann, wie:
- Angststörungen
- Burn-out, Erschöpfungssyndrom,
- Paniksyndromen
- tiefe Depressionen
Nach manchen Umfragen oder Einschätzungen hat die Hälfte der Deutschen eine psychische Erkrankung, die behandlungsbedürftig wäre. Vermutlich ist das etwas übertrieben und vielleicht wird das gesagt, um mehr Arbeitsplätze für Psychotherapeuten zu schaffen, aber es bleibt dabei: Die Menschen fühlen sich überfordert.
Gelassenheit als Heilmittel
Nichtsdestotrotz ist es möglich inmitten all der vielen Veränderungen ein gelassenes Leben zu führen. Wenn wir richtig hinschauen entdecken wir