Licht auf Meditation – Aktueller Forschungsstand zur Wirkung von Meditation auf Gehirn und Psyche

Neuronen

Wer meditiert, der hat wohl auch Köpfchen. Wie der aktuelle Forschungsstand zur Wirkung von Meditation zeigt, hat sie fantastische Auswirkungen auf unser Gehirn. Nicht nur können wir an Hirnsubstanz zunehmen; auch wirkt eine regelmäßige Praxis der Abnahme unserer Fluiden Intelligenz entgegen und erhöht die Resilienz des neuronalen Netzwerkes.

Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung des Votrags “Licht auf Meditation: Was wirkt wie auf Gehirn und Psyche?” vom Yoga Kongress 2021.

Die vielen Gesichter der Meditation

Meditation ist Vieles. Eine universelle Definition gestaltet sich dabei recht schwierig, da sich etliche Forschungszweige mit ihr befassen. Mal gilt sie als:

Phasen der Meditation

Meditation
Tägliche Meditation ist essenziell für Yogis

Abgesehen davon lassen sich jedoch kulturübergreifend ähnliche Erfahrungen während meditativer Praktiken beobachten. Diese werden vom Forscher zusammengefasst als 5 Phasen der Meditation beschrieben:

  1. Hindernisse
  2. Entspannung
  3. Konzentration
  4. Essenzielle Qualitäten und
  5. Nicht-Dualität.

Dabei ist davon auszugehen, das die einzelnen Phasen auch einer veränderten Gehirnaktivität entsprechen.

Techniken Meditation

Über 300 Meditationstechniken wurden in einer Metastudie je nachdem zusammen gruppiert, auf welche Art und Weise sie im Gehirn wirken:

  1. Meditation mit Bewegung (motorisch)
  2. Körperzentrierte Meditation (sensomotorisch)
  3. Achtsames Beobachten (achtsam)
  4. Kontemplation (kognitiv)
  5. Visuelle Konzentration (visuell)
  6. Affektzentrierte Meditation (affektiv) und
  7. Mantra Meditation (audiv, sprachlich).

Am häufigsten wurden Techniken praktiziert, die den Fokus auf den Körper oder das Atmen legen.

Neuronale Plastizität – Wie Meditation langfristig unser Hirn verändert

“Unter neuronaler Plastizität versteht man die Eigenart von Synapsen, Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen, sich zwecks Optimierung laufender Prozesse nutzungsabhängig in ihrer Anatomie und Funktion zu verändern.” (Wikipedia, 2021).

Neuronale Plästizität ist erstmal ein sperriger Begriff, lässt sich aber im Grunde auf die Formel “use it or loose it” herunterbrechen. Nutzen wir unser Gehirn und unseren Geist, werden sie gestärkt. Bei Vernachlässigung jedoch, verkümmern sie. Ähnlich wie unseren Körper können wir also auch unser Gehirn trainieren.

Neuronen
“Use it, or loose it”: Neuroplastizität macht Veränderungen im Hirn möglich

In Bezug auf die Meditation bedeutet es, dass die regelmäßige Übung langfristige Veränderungen im Gehirn auslöst. Schon Swami Sivananda schrieb dazu in “Göttlicher Erkenntnis“: “In der Meditation werden im Gehirn neue Furchen geschaffen und der Geist bewegt sich nach oben in den neuen spirituellen Furchen”.

Blicken wir noch einmal praktischer auf Neuroplastizität, so mache gerne diese Übung. Schließe deine Augen. Atme bewusst und konzentriere dich dann auf deinen linken Fuß. Und nun Hand aufs Herz: Kannst du jeden Zehen einzeln spüren? Schwierig, oder? Spüren wir hingegen in unsere rechte Hand, so sollte es uns ein Leichtes sein, jeden Finger für sich zu spüren.

Viele kleine graue und weiße Zellen – Hirnstrukur infolge der Meditation

Mithilfe der Magnet-Resonanz-Tomographie können wir ins Innerste unseres Kopfes schauen und Bilder von unserem Gehirn erstellen. Die Untersuchung von erfahrenen Meditierenden hat dabei ergeben, das sie über mehr graue und weiße Hirnsubstanz verfügen, als andere Menschen. Das war insbesondere in den Bereichen der Fall, die zuständig waren für:

  • Störungen ausblenden
  • Bauchgefühle wahrnehmen
  • Verbindung beider Hirnhälften und
  • Gedächtniskonsolidierung.

Erhöhte Fluide Intelligenz und Resilienz

Fluide Intelligenz ist grob gesagt die Leistung unseres Rechners Gehirn. Sie kann definiert werden als “wenig erfahrungsabhängige kognitive Leistung, die die Fähigkeit zum Schlußfolgern und zum Problemlösen widerspiegelt.”(spektrum.de, 2011). Macht uns Meditation also intelligenter?

Genau das wollten die Forscher Gard et al herausfinden und veröffentlichten 2015 dazu eine Studie. Dabei verglichen sie über den Zeitverlauf von mehreren Jahrzehnten eine Gruppe von Meditierenden, Kripalu Yoga Praktizierenden sowie eine Kontrollgruppe, die nichts Bestimmtes praktizierte.

War bei allen Gruppen die Fluide Intelligenz mit Ende 30 noch annähernd gleich, so sank diese im Laufe der Jahrzehnte immer weiter auseinander. Yogis und Meditierende wiesen einen erheblich geringeren Abbau als die Kontrollgruppe auf. Die Yogis standen insgesamt am Besten da.

Zudem wiesen die Yogis und Medtierende die größte Widerstandskraft infolge der Störung des Hirnnetzwerks bei (zB einem Schlaganfall). Yogis schnitten wieder am besten ab.

Junggeblieben im Kopf – Hirnalter von Meditierenden

Daneben konnten Forscher (Luders et al, 2016) erste Ergebnisse hinsichtlich des Hirnalters Meditierender treffen. Im Vergleich zu anderen Menschen war das Gehirn von Meditierenden nicht nur im Schnitt 7,5 Jahre jünger, sondern alterte auch langsamer als die Gehirne der Menschen in der Kontrollgruppe.

Eine andere Studie untersuchte die Unterschiede in der grauen Substanz von Yogis und einer Kontrollgruppe nach den Merkmalen: Altersverlauf, Praxisdauer, Übungshäufigkeit und Art der Übungsdauer. Zunächst zeigte sich dabei in Hinblick auf den Altersverlauf, das bei der Gruppe der Yoginis und Yogis im Laufe der Jahrzehnte eine signifikant geringere Abnahme der grauen Masse beobachtet werden konnte.

Eine intelligente Frau
Regelmäßige Meditation ist gut fürs Gehirn

Dabei spielt offenbar die Praxisdauer eine entscheidende Rolle. Es galt: je länger die Yogis praktizierten, desto größer war das Volumen der grauen Masse im Gehirn. Dementsprechend ist es auch wenig überraschend, das dieser Effekt umso größer war, je mehr Stunden pro Woche die Yogis übten.

Besonders spannend ist hier die Untersuchung der Wirkung und Kombination bestimmter Yoga Praktiken auf das Gehirn, wie Asanas, Meditation und Pranayama. Exemplarisch zeigte man anhand des Hippocampus, das insbesondere die Kombination aus Asanas und Meditation die graue Masse erhöhte.

Danach folgt die Kombination aus Meditation und Pranayama. Ein Hinweis darauf, das Yoga abseits vom modernen Lifestyle und Sporterscheinung wesentlich mehr bietet als nur Körperübungen!

Ein kleiner Disclaimer

Wie dieser kleine Ausflug in die Hirnfoschung zeigt, wird die Wirkung von Meditation bereits von zahlreichen Studien in vielschichtiger Art und Weise untersucht. Dennoch sei an dieser Stelle vor einer Verallgemeinerung der Ergebnisse gewarnt, denn die Studien weisen oft nur eine geringe Methodische Qualität auf.

Oft genug handelt es sich um sehr kleine Stichproben, also wenig Teilnehmer. Daneben fehlen teilweise Kontrollgruppen (Vergleich mit Nicht-Praktizierenden) sowie die Replikation der Ergebnisse in anderen Studien. Außerdem kommen auch fragwürdige statistische Analysen zum Einsatz.

Dennoch sind Hopfen und Malz nicht verloren – Inzwischen lassen sich immer mehr methodisch besser durchgeführte Studien verzeichnen.


Dieser Beitrag ist ein Artikel über den Vortrag “Licht auf Meditation: Was wirkt wie auf Gehirn und Psyche?” vom Yoga Kongress 2021.

Meditation erleben

Meditation kann dein ganzes Leben von Grund auf verändern. Du findest Zugang zu einer inneren Quelle der Kraft, deinem höheren Selbst und siehst die Schwierigkeiten des Alltags mit mehr Gelassenheit und Klarheit. Zahlreiche Studien der letzten Jahre und Jahrzehnte beschreiben die vielfältigen und erstaunlichen Wirkungen der Meditation – vom Stressabbau und der Stimulierung des Immunsystems bis hin zur Veränderung von Genen und zur Stärkung kognitiver Fähigkeiten:

Auch wenn Meditieren von Außen nur als schweigendes und bewegungsloses Sitzen wahrgenommen wird, steckt deutlich mehr dahinter. Mit diesem Portal kannst du einen systematischen Grundstein für eine regelmäßige, freudevolle Meditationspraxis legen, die dein Leben erleichtern und bereichern wird. Du lernst verschiedene Meditationstechniken kennen, jeweils mit einer Erläuterung der Technik, Meditationsanleitungen, Vorübungen und Sitzhaltungen sowie ergänzendes Hintergrundwissen:

Das uralte Wissen der Yogis wird mehr und mehr von den Erkenntnissen moderner Wissenschaft gestützt und bestätigt. Gerade in der aktuellen Zeit kann Yoga ein umfassendes Verständnis über wirkungsvolle Techniken vermitteln, die sowohl den Alltag erleichtern als auch die tiefgreifende Suche nach dem Sinn des Lebens. Der Yoga Kongress findet jährlich statt und wartet mit jeder Menge wissenschaftlicher Vorträge, spannender Workshops und Yogastunden zum Thema Yoga, Gesundheit und Wissenschaft auf:

Der Referent

Dr. Ullrich Ott

Der Dipl.-Psychologe Ulrich Ott und erforscht seit über zehn Jahren an der Uni Gießen veränderte Bewusstseinszustände und Meditation.

Sein Forschungsschwerpunkt sind Effekte von Meditation auf die Funktion und Struktur des Gehirns, die er am Bender Institute of Neuroimaging (BION) mittels Magnetresonanztomographie untersucht. Außerdem lehrt er im Fachbereich Psychologie Yoga und Meditation.

1 Kommentar zu “Licht auf Meditation – Aktueller Forschungsstand zur Wirkung von Meditation auf Gehirn und Psyche

  1. Sylvia Neuer

    Wundervoll. Danke.
    Bin sehr dankbar über diesen Beitrag

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