Auschwitz, Holocaust und Yoga – Persönliches von Sukadev

Für mein spirituelles Erwachen spielte die Fernsehserie “Holocaust”, die im Januar 1979 ausgestrahlt wurde, eine entscheidende Rolle: Meine Eltern bestanden darauf, dass wir diese Fernsehserie zusammen anschauten. Sie erschütterte mich zutiefst. Ich hatte ja eine insgesamt behütete Kindheit: Keine Gewalt in meinem Umfeld, liebevolle Eltern.
In der Fernsehserie “Holocaust” wurde gezeigt, wie eine Gesellschaft schrittweise verrohen kann, wie Menschen grässlichst behandelt werden. Die unfassbaren Verbrechen der deutschen Nazis, die ich vorher abstrakt aus den Geschichtsbüchern kannte, wurden in der Geschichte der jüdischen Berliner Arztfamilie Weiß emotional erlebbar. Ich erinnere mich daran, dass ich immer wieder weinend aus dem Wohnzimmer rannte, dann aber wieder zurückging.
Meine Eltern erzählten, wie ihre jüdischen Schulfreunde aus der Schule verschwanden. Meine Mutter erzählte, wie während der “Reichskristallnacht” (Pogromsnacht) am 9.11. die Häuser und Geschäfte von Juden in ihrer Heimatstadt zerstört wurden und wie ihnen zuhause verboten wurde, zu irgendjemandem dazu eine Aussage zu treffen.
Ich beschäftigte mich tiefer mit dem, was damals geschah. Die unfassbaren Verbrechen der Nazis, eine ganze Gruppe von Menschen auszurotten, die unglaubliche Tötungsmaschinerie von Auschwitz und anderen KZs, erschütterten mich. Was ist der Mensch, der zu so unglaublichen Verbrechen fähig ist?
Was ist Leben, das so jederzeit zu Ende gehen kann? Wer ist Gott, der so etwas geschehen lassen kann? Einige der Fixpunkte meiner Weltanschauung entstanden. Einer ist: Nie mehr Auschwitz. Keine Gewalt. Werte, die ich in meiner Familie gelernt hatte, wie Wertschätzung gegenüber Angehörigen anderer Religionen, Kulturen, etc. wurden stärker.
Aber vor allen Dingen: Ich sah, dass auch in unseren Zeiten Diktatur, Völkermord, Folter etc. weiter existiert. Ich wollte nach Tieferem streben. Einige Zeit danach wurde ich Vegetarier. Ich beschäftigte mich mit Philosophie, Weltreligionen, Psychologie, um Antworten zu finden auf Fragen wie: Was ist der Mensch? Was ist Gott? Was ist der Sinn des Lebens? Warum so viel Leid? Durch Bücher von Hermann Hesse wie Steppenwolf und Siddhartha erweiterte sich meine Suche in die fernöstlichen Religionen, was mich schließlich zu Yoga führte.
1985-1992 wohnte ich die meiste Zeit in Nordamerika. Dabei traf ich auf eine Frau, die mir erzählte, dass sie die einzige Überlebende einer ganzen Familie war, die in Auschwitz umgekommen war. Sie hatte sichtbar Schwierigkeiten, mit mir als gebürtigem Deutschen zu sprechen. Aber sie überwand sich, und erzählte mir von ihren Erfahrungen und dem, was ihrer Familie widerfahren war.
Auch das trug bei zu meinem Entschluss, alles zu tun, um zu einer friedvolleren Welt beizutragen.
Yoga heißt Verbindung, Harmonie. Yoga lehrt die Einheit von allem Lebendigen. Zum Yoga gehört Ahimsa, Gewaltlosigkeit, allumfassende Liebe, Respekt vor allen Glaubensrichtungen.
“United we Live – Divided we Perish” – ist ein häufig zitierter Spruch indischer Yogameister.
Indiens Parlament hat in der Eingangshalle “Vasudhaiva Kutumbakam – Die Welt ist eine Familie”.
Dies ist auch das Motto der G20 im Jahr 2023, in dem Indien den Vorsitz über G20 hat. Mit dem Untermotto: One World – One Family – One Future.

0 Kommentare zu “Auschwitz, Holocaust und Yoga – Persönliches von Sukadev

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.