Das Nádichakra-System: Kraftwerk unseres Körpers

Conference New Light on Yoga

Trotz des enormen zeitgenössischen Interesses an tantrischen Konzepten des Körpers, insbesondere an Chakras und Kundalini, gab es bisher relativ wenig historische Forschung zu den Vorgängen innerhalb unserer Nádichakra-Systeme.

Im Rahmen der bevorstehenden “New Light on Yoga Conference” teilt Prof. Shaman Hatley, Professor für Asien- und Religionswissenschaften, seine Entdeckungen zur Geschichte des Nabels (Nabhi) im tantrischen Yoga. Vom Nabel, auch bekannt als Sitz des Manipura Chakra, geht eine besonders starke Energie aus. Hier fließt alles Prana zusammen, somit ist er ein richtiggehendes Zentrum des Lebens.

Nábhi: Die energetische Mitte

Unser Nabelchakra, auch Nábhi genannt, ist das Zentrum unseres Prana, unserer Lebensenergie. Man kann es sich wie eine große Energiekreuzung vorstellen, da im Bauch alle Energiekanäle (Nadis) zusammenlaufen. Vorab jedoch ein paar Erklärungen zum Nádichakra-System selbst: Was sind eigentlich Nadis & Chakren? Wie funktioniert das Ganze und was genau passiert da eigentlich?

Nadis: Kanäle der Energie

Zunächst zu den Nadis. Nadi heißt wörtlich „Kanal” oder “Röhre“. Nadis sind Energiekanäle, Meridiane. Sie transportieren Prana, unsere Lebensenergie. Manche Nadis transportieren das Prana zu den physischen Organen und steuern auf diese Weise den physischen Körper. Andere Nadis hingegen verbinden die Chakras miteinander und transportieren das Prana zu den geistigen Organen. Damit unsere Energiekanäle einwandfrei funktionieren können, müssen wir unsere Nadis Schritt für Schritt frei machen, reinigen und öffnen. Genau das ist das Ziel des Hatha Yoga.

Chakras: Rad und Zentrum

Chakras hingegen sind keine Kanäle, sondern Energiezentren, die jenseits des physischen Körpers entlang der Wirbelsäule, im und über dem Kopf des Menschen liegen und miteinander verbunden werden können. Die Chakras beeinflussen alle Aspekte unseres Körpers und unseres Geistes. Wenn die Energie in den höheren Chakras aktiv wird, können sich dir höhere Bewusstseinsebenen erschließen. Genauso wichtig ist aber auch die abwärts gerichtete Aktivität der Chakras, die dich in die Lage versetzen, deine Ideen und Träume kreativ umzusetzen. Auch unsere Chakras müssen gereinigt und geöffnet werden.

Das Nádichakra-System

Das Nádichakra-System im Ganzen funktioniert als menschliches Energiesystem ähnlich wie ein Stromkreis. In ihm gibt es einerseits eine Stromquelle (ua. Nahrung, Wasser, Bewegung), von der die Energie kommt. Andererseits gibt es Leitungen (Nadis), durch welche die Elektrizität (Prana) fließt. Um diese Leitungen herum entstehen dabei elektrische Felder. Und so wie es um die elektrischen Leitungen herum ein Stromfeld gibt, strahlen die Nadis Prana aus. Das ist dann die Aura, die Ausstrahlung des Menschen.

Das Prana fließt über jene Nadis dann auch über in die Chakras, welche unterschiedliche Bewusstseinszentren und Lagerplätze für Energiekräfte sind. Jedes Chakra ist ein Zentrum zartesten Erkennens, hat eine eigene Charakteristik und vermittelt ein bestimmtes Gefühl, Glückseligkeit oder Freude. Die Anzahl von Blütenblätter eines bestimmten Chakras repräsentieren dabei die Nadis sowie die verschiedenen Kräfte, die von dem Chakra ausgehen.

Nabhi, Nabelchakra und Manipura Chakra

Das Nádichakra-System

Und das Nabelchakra, auch Manipura-Chakra genannt, ist schließlich eins dieser Chakras, genauer: die goldene, energetische Mitte.

Nun ist es so, dass praktisch alle Arten den yogischen Körper zu begreifen, dem Nabel eine besondere energetische Bedeutung zuweisen. Dabei kann der Nabel für Folgendes stehen:

  • Zentrum von dem alle Energiekanäle (Nadis) des Körpers ausgehen
  • Ort eines energetischen Knotens (Granthi)
  • Quelle des zentralen Nadis der Sushumna
  • Ort für verschiedene Visualisierungen und die Platzierung eines Mantras
  • Ort des Manipura Chakras (“voller Edelsteine”).

Hatleys Vortrag greift den Nabel als Schauplatz für historische Studien des yogischen Körpers auf. Vom klassischen Yoga und den frühen Śaiva-Tantras bis hin zu Quellen aus der Mitte des 2. Jahrtausends.

Forschung zur Bedeutung des Nabel im Nádichakra-System

Hatleys Forschung ruft eine Menge ungelöster Mysterien und Rätsel rund um den Nabel auf den Plan. Warum wird der Nabel beispielsweise überhaupt “voller Juwelen” (Maṇipūra) genannt? Und wie kam es dazu, dass die körperlichen Energiezentren “Räder” bzw. Chakras genannt wurden?

Warum stellen sich die Śaiva-Śākta-Traditionen des 2. Jahrtausends vor, dass die Lebenskraft aus dem unteren Teil des Rumpfes entspringt, während indo-tibetische Yogasysteme sie vom Nabel aus nach oben strömen sehen? Und auf welche Weise wird in den Quellen des Hatha Yoga der Nabel definiert?

Yantra zum Manipura Chakra: Das auf der Spitze stehende Dreieck

Eine der Hauptuntersuchungsgegenstände von Hatley ist dabei das Ṣaṭcakranirūpaṇa, einem im 16. Jahrhundert in Bengalen verfassten Ritualhandbuch. Als solches hat es das moderne Verständnis des tantrischen Körpers nachhaltig geprägt.

Hatley versucht nun nachzuvollziehen, wie es zu diesem tantrischen Körperverständnis kam. Was waren die schriftlichen Quellen für das Handbuch? Wie kam es zu dieser besonderen Vorstellung des Manipura-Lotus, und was erklärt seine Popularität?

Nádichakra-Einblicke für die Praxis

Shaman Hatley befasst sich mit all dem in seiner Präsentation bei der New Light on Yoga Conference am 19. September. Jetzt mitmachen und selbst forschen:

Zur Programmübersicht der New Light on Yoga Conference, bei welcher noch viele weitere Yoga Spezialisten ihre Entdeckungen, Erkenntnisse und methodischen Ansätze diskutieren, gelangst du hier:

Über Shaman Hatley

Shaman Hatley schloss 1998 ein interdisziplinäres Studium der freien Künste ab und studierte anschließend Indologie und Religionswissenschaften. Seine Doktorarbeit über die Brahmayāmala- und Śaiva-Yoginī-Kulte schloss er 2007 ab.

Zudem unterrichtet er Kurse wie Yoga, Geschichte, Philosophie und Praxis, Meditation sowie Hindu Mythen und Erzählungen.

In seinen Forschungen beschäftigt Hatley sich hauptsächlich mit dem frühen tantrischen Śaivismus, Yoga sowie Göttinnen Kulte.

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