Resilienz: Gibt das Leben dir Zitronen, mach keine Limonade draus!

Auch wenn unerwünschte Ereignisse schmerzhaft und schwierig sind, müssen sie nicht den weiteren Verlauf unseres Lebens bestimmen. Wer Resilienz kultiviert, erholt sich schneller von Krisen und Schicksalsschlägen und erkennt und nutzt das Potential dieser Transformationsprozesse.

Mitten im Winter erkannte ich schließlich, dass es da in mir einen unbesiegbaren Sommer gab .

Albert Camus

Was ist Resilienz?

Heutzutage bürgert es sich zunehmend ein, nicht mehr das Wort Widerstandsfähigkeit zu benutzen sondern stattdessen Resilienz zu sagen. Denn Widerstandsfähigkeit spricht von einer Kraft die wider, also gegen etwas wirkt, dass man sich gegen etwas stemmt. Aber in einer globalisierten Welt ist es nicht einfach, sich gegen etwas zu stemmen.

Die Verbreitung von neuen Ansichten, Haltungen geht so schnell, man kommt kaum dazu, sich bewusst irgendwo zu positionieren. Dasselbe gilt für sogenannte Skandale, die durch alle Medien gehen, sich im Lauf der Zeit dann aber anders darstellen. Auch der gesellschaftliche Druck hat sich verändert: Ohne Anstrengung ist jeder nur einen Anruf oder eine Meinung entfernt. Auf körperlicher Ebene gibt es auch viele Meinungen darüber, was gesund ist und was heilt – und doch behandeln wir meist nur die Symptome und nicht die Ursache.

Mehr und mehr Menschen merken, dass dieses wider etwas sein, das Dagegenstemmen viel Kraft kostet und selten die Ergebnisse zeigt, die man sich wünscht. Resilienz kommt vom lateinischen resilire, das Zurückspringen, Abprallen, Nicht-Anhaften bedeutet. Wir setzen also nicht unsere Kraft gegen etwas, sondern wir lassen los, geben keine Energie mehr in etwas, das ‘gegen’ uns arbeitet.

Man findet auch mitunter Anpassungsfähigkeit als Übersetzung von Resilienz. Aber in der Resilienz geht es darum, biegsam zu sein, nicht beugsam. Flexibel sein, nicht unterwürfig. Resilienz ist die Fähigkeit, auf Herausforderungen und Veränderung zu reagieren, ohne uns aufzugeben, ohne daran zu zerbrechen.

Gibt das Leben dir Herausforderungen, gibt es dir die Möglichkeit zur Transformation

Wir alle sind mit Traumata, Verletzungen und anderen Belastungen im Leben konfrontiert. Sie kommen in vielen Formen: im Körper zeigen sie sich als Krankheiten. Im Außen geschehen unweigerlich Veränderungen: am Arbeitsplatz, in unseren Beziehungen, in der Familie, aber sie können auch einer höheren Macht entspringen, wie z. B. bei einer globale Pandemie oder einer Überschwemmung.

Selbst wenn das Leben bei jemandem einen bilderbuchmäßigen Start hatte: das Leben bleibt nicht so. Der Tod gehört zum Leben dazu, genauso wie andere Veränderungen. Alles sind Transformationsprozesse. Was eben noch ein Halt ist, ist von einem Moment auf den anderen gegenstandslos. Dann müssen wir nach innen gehen, in uns Halt finden, um durch die Krise hindurch und aus ihr herauszukommen. Wir müssen bereit sein, den neuen Ist-Zustand anzunehmen und die Chance, die hinter Leid, Angst und Trauer liegt, wahrnehmen.

Resilienz bedeutet nicht: mach Limonade draus

Mary Poppins sang: “wenn ein Löffelchen voll Zucker bittre Medizin versüßt”, in Forrest Gump wurde das Leben mit einer Schachtel Pralinen verglichen. Als ich klein war tranken die Erwachsenen auf jeden Schreck einen Schnaps oder erstmal ein Likörchen. Wenn ich weinte, gab es eher Süßkram als Umarmungen. Was tun wir nicht alles, um das Saure, das Bittere nicht schmecken zu müssen?

Wenn wir eine Erfahrung wirklich erfahren haben; das heißt auf allen Ebenen gefühlt, mit allen Sinnen wahrgenommen haben, wird es beim nächsten Mal leichter, da es uns offensichtlich nicht umbringt. Verdrängen wir es, sei es, indem wir uns zum Beispiel hinter einem unserer Zerstreuungsapparatschiks verstecken oder uns etwas absurd ungesundes ‘gönnen’ und so unserem System etwas anderes geben, an dem es sich abarbeiten kann – wird jede Trennung, jeder Wechsel, schwieriger und schwieriger.

Zitronen schmecken innen sauer, die Schale riecht toll, schmeckt aber bitter. Wenn man in eine Zitrone beißt, zieht sich das Gesicht zusammen. Der Mund fühlt sich seltsam an. Zitronen halt. Wenn jemand stirbt, ist er nicht mehr da, die Hülle zerfällt, dieses Wesen hat aufgehört, in der bekannten Form zu existieren. Tod halt. Und wenn man es zulässt, verflüssigen sich die Gefühle von Trauer, Verzweiflung und Angst und rinnen aus Augen, Nase und Mund. Immer wieder, bis der neue Umstand auf allen Ebenen angekommen ist. Wenn wir uns halbwegs leer geheult haben, beginnen wir mit der Umstrukturierung. Das ist der menschliche, übliche Weg.

Yoga ist Resilienzkultivierung

Was können wir also tun, um wieder auf die Beine zu kommen oder auf dem Bein zu bleiben in Zeiten der Veränderung? Yoga ist das wirkungsvollste Werkzeug, um in der Balance zu bleiben – auf allen Ebenen.

Über den resilienten Körper zum resilienten Geist

Hatha Yoga

Hältst du eine Asana wie den Baum (Vrikshasana) oder den Tänzer (Natarajasana), spürst du in dich hinein, wenn es wacklig wird, dann korrigierst du. Manchmal klappt das nicht, dann gehst du aus der Asana heraus und baust sie neu auf. Jede neue Körperhaltung hilft uns, flexibler zu werden, sich in unsicheren Situationen zu entspannen, was zu Klarheit im Geist führt. 

Die unterschiedlichen Asanas geben uns die Möglichkeit, uns zu zentrieren und auszurichten, uns zu fokussieren, ruhig zu bleiben und auf unseren Atem zu konzentrieren, auf subtile Veränderungen im Gleichgewicht, der Muskulatur zu achten und bei Bedarf Korrekturen vorzunehmen. Wir halten die Pose nach und nach länger und verbessern unsere Ausdauer.

Diese Praxis hilft auch jenseits der Matte, wenn wir vor Herausforderungen stehen und drohen, aus der Bahn geworfen zu werden: Indem wir den Fokus und die innere Ruhe, die wir durch das Beherrschen einer Gleichgewichtsübung lernen, auf unser Leben übertragen. Indem wir den Blick auf einen Punkt richten, eine Sache fokussieren und gleichzeitig in den Körper hinein spüren und ausgleichen, was auszugleichen geht, und zu entspannen, was jetzt nicht gehalten werden muss.

Wir geben uns Raum zum Scheitern, Lernen, Auszutarieren und es nach dem Scheitern noch einmal zu versuchen. Dies schafft auch Vertrauen in uns selbst. Wir lernen, Frieden zu finden. Egal in welcher Haltung.

Mantras

Das richtige Mantra zur rechten Zeit – kann dich gut davor bewahren, in Gedankenspiralen abzurutschen. In Krisenzeiten ein Mantra mehrmals täglich (üblicherweise 10x am Tag) 108x im Stillen oder laut zu rezitieren oder zu singen, wird Wunder wirken. Anders als du erwartest. Besser als du erwartest.

Yamas und Niyamas

Ein moralisches Rückgrat ist ein wichtiger Faktor der Resilienzkultivierung. Denn es gilt als wissenschaftlich belegt, dass die Masse nie Recht hat. Getragen von Emotionen und Unbewusstheit ist der Strom der Masse etwas, das einen leicht mitreißt, aber selten die vernünftigste, respektive angemessenste Entscheidung trifft.

Die 5 Yamas und Niyamas sind ein verlässlicher Kompass in unserer Navigation durchs Leben.

Meditation

Durch eine regelmäßige Achtsamkeits- und Meditationspraxis trainieren wir unser Gehirn, in stressigen Zeiten ruhig zu bleiben und die Konfrontation-oder-Flucht-Reaktion in Stresssituationen zu reduzieren. Meditation hilft uns, das, was um uns geschieht, nicht persönlich zu nehmen.

Indem wir nach innen gehen, uns schulen, zu sein mit dem was ist, verfeinern wir unsere Wahrnehmung. Unsere Anbindung an das Göttliche, die Quelle, wird gestärkt und wir finden einen Halt, der autark ist, der uns nicht genommen werden kann.

Was wir ernten, wenn wir Resilienz kultivieren

Wir müssen uns nicht mehr zu allem positionieren, denn wir wissen, wo wir stehen. Wir hören auf, uns mit unseren Gefühlen und Gedanken zu identifizieren und werden das Bewusstsein hinter diesen Gedanken und Gefühlen. Aus diesem Bewusstsein heraus fällt es leicht, Gedanken loszulassen, die nicht mehr dienlich sind und nicht in das neue Dasein passen.

Aus diesem Bewusstsein verstehen wir, dass unser Plan und der göttliche Plan nicht dasselbe sind. Und wie unzulänglich unsere Pläne meist sind. Denn unser kleiner menschliche Geist ist gar nicht in der Lage, alle Faktoren mit einzubeziehen. Der nächste Schritt ist nun der, den wir als richtig wahrnehmen.

Kein Füllhorn an Möglichkeiten, keine aussichtslose Lage. Mit immer sicherer werdenden Schritten schaffen wir es, aus den alten Bahnen unserer Gedankenmuster herauszutreten. Das zuvor angstbesetzte Unbekannte, das neue Dasein wird mehr und mehr etwas, das wir begrüßen. Und wir verstehen: es sind wichtige Stufen, Schritte in die Freiheit.

Om Shanti!


In der Yogatherapie helfen wir die richtige Haltung zu finden, egal für welches Problem. Möchtest du darüber mehr erfahren?

36 Kommentare zu “Resilienz: Gibt das Leben dir Zitronen, mach keine Limonade draus!

  1. Mila
    Villen Dank, finde sehr schön und lehrnhaft,
    werde es auch in meine Yoga Stunde vorlesen; weiter geben; das darf ich nehme es an…
    Gutes weiter geben manch der Sinn des Wissens.

    Om, Om, Om

    • ❤ Oh Mila, ich finde den Gedanken sooo schön das du meinen Beitrag in deiner Yogastunde weitergibst! ❤ Das berührt mich sehr, Danke fürs teilen!

  2. Anita ❤️☀️

    wow 🙏🏻🤍

  3. Anna Sprinz

    Mein Papa hat immer gesagt: Es gibt immer einen Weg, man muss es nur wollen und es geht immer weiter was auch immer geschieht. Gott ist unser Wegbegleiter er hilft uns immer weiter.
    Mache schon 30 Jahre Yoga und unterrichte auch Hata Yoga mache meine Meditationen selbst
    schreibe diese auf und gebe diese auch weiter auf youTube mein Kanal anna sprinz
    Es ist durch Studien bewiesen, dass Meditationen heilen.
    Und ich gebe Yoga ohne bezahlung also ehrenamtlich. Meine Schüler zahlen einen Euro
    und diese ist für den Raum bestimmt den ich gemietet habe bei der Firma Liebenau.
    Meine Schüler sind immer sehr glücklich nach unserer Yoga Stunde.
    Ganz liebe Grüße Anna Marie Sprinz19.02.1939

    • Liebe Anna, danke fürs Teilen! Und danke für deine Praxis und fürs ‘Lichtpunkte’ setzen. Das ist toll und inspirierend!

  4. Ich Danke für diesen Artikel, ❤️ er hat mir vor Augen geführt was ich die letzten 2 Jahre durchlebt habe.
    Erst gegen alles gestemmt ,dann die Situation angenommen…und nun kann ich alles in Liebe gehen lassen, seelisch wie materiell🙏

  5. Danke für diesen – nicht ausschweifenden – klaren, prägnanten Artikel.

  6. Alexandra Griestop

    Der Artikel über das Leben im Allgemeinen und Resilienz im Besonderen bringt es kurz und doch sehr klar auf dem Punkt. Wenn wir stark sind und auf unseren inneren Kompass hören und diesen vertrauen, dann überstehen wir die Stürme des Lebens leichter und ziehen Kraft und Erkenntnisse daraus.

  7. Hallo ihr Lieben,
    herzlichen Dank für diesen großartigen Text mit so einleuchtenden Beschreibungen über unser Leben, unsere Welt und die möglichen Lösungen der jeweiligen und/oder aktuellen Lebens “Lagen”. Yoga hat mein Leben gerettet und gerichtet.
    Ohm Shanti
    Eure Kerstin

  8. Vielen Dank für diese guten Gedanken. Sie sind sehr hilfreich und so wichtig!

  9. Margot Kreutzer- Lauber

    Herzlichen Dank für diesen klärenden und erhebenden Artikel.

  10. Andrea Aretz

    Danke für den sehr guten Beitrag zum Thema Resilienz. Die verschiedenen Aspekte um seelisch gesund zu werden oder bleiben sind gut geschildert. Vielen Dank dafür!
    Liebe Grüße von Andrea Aretz

  11. Danke! Mir laufen die Tränen!
    Sehr schön und erläuternd und verständlich geschrieben.
    Bin momentan in einem tiefen Loch…mache kein Yoga mehr…meditiere nicht mehr…aber lese!!!
    Dein Text hat mir sehr geholfen…es geht wieder los…langsam…mit Yoga…Meditation…und dem Leben!
    Danke!
    🙏🙏🙏

    • Fühl dich gedrückt Lieber! Mach was du kannst, langsam ohne dich zu überfordern. Was gut tut. Vielleicht Yoga Nidra? (z.B.https://www.youtube.com/watch?v=vrlN9iwvy8I). Man kann auch beim Heulen wunderbar Mantren rezitieren – ich spreche aus Erfahrung:) Von mir bekommst du auf jeden Fall jetzt erst mal ein Om Tryambakam und jeder der das liest macht mit!
      Om Tryambakam Yajaamahe Sugandhim Pushtivardhanam Urvaarukamiva Bandhanaan Mrityor Mukshiiya Maamritaat. Om Shanti, Shanti, Shanti!

  12. Sylke Busse

    Vielen lieben Dank für den schönen Beitrag.
    Es tut gut, das zu lesen…Yoga hilft 🧘🏻‍♀️🕉️🙏

  13. Angelika Langer

    Das ist ein wohltuenden, mutmachender Beitrag, um resilienz zu verstehen und zu fördern. Vielen Dank. Also weiter auf die Matte und das Kissen.

  14. Super Beitrag, der mich sehr anspricht, klug und hilfreich und mit einer guten Prise Humor. Danke!
    Gestutzt habe ich jedoch bei dem Verweis auf “höhere Macht”- die Überschwemmungen oder andere Natureignisse auslöse…. welche “Macht” ist damit gemeint?

    • Danke fürs Lob! Mit ‘höhere Macht’ meinte ich einfach eine Macht die die eigene übersteigt. Das kann dann auch schon der Bezirksregierung sein, die eine Flußbegradung beschließt. Liebe Grüße!

  15. Ein bemerkenswerter toller Artikel. Das sollte man sich immer wieder vor Augen halten.

  16. Petra Hellwig

    Vielen lieben Dank für den Artikel. Er hat mir Mut gemacht in meiner momentanen Findungskrise.
    …und werde mir auch einen neuen Joga Ort oder wichtiger noch einen neuen Jogi, suchen.
    Schönen Sonntag

  17. Beate Klemp

    Besonders in Zeiten der Verwirrung findet ich bei euch immer wieder die Möglichkeit mich zu sortieren. So auch mit dieser wunderbare “Lebenshilfe”. Danke, danke. Die Worte kommen für mich gerade zur richtigen Zeit. Om shanti.

  18. Susanne Preiß

    Ja, das ist wirklich ein guter Ansatz. Es nützt nichts sich irgendetwas schön zu reden, was tragisch war oder ist. Tatsächlich haben mir die schwierigsten Zeiten meines Lebens, die größte menschliche Tiefe und Verständnis für andere Menschen gegeben. Klar, möchte man das nicht alles nochmals erleben, aber ein sanftes und schmerzfreies Leben, das ist wie ein ewiger Sommerurlaub, ohne die beissende Kälte des Winters zu kennen, würde man sich über die Wärme oder Hitze des Sommers beschweren.

    Es gibt dieses ganz einfache Kinderlied: Es war eine Mutter, die hatte vier Kinder. Den Frühling den Sommer, den Herbst und den Winter…und alle werden auf die ihnen gemäße Art und Weise geliebt und ertragen, auch wenn sie z.B gerade die Pubertät durchleben müssen😊❤️🙏.

    Om shanti, Susanne

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