Fest verwurzelt – Erdung im Ayurveda

Wurzeln

Im über 3000 Jahre alten indischen Heilwissen des Ayurveda spielt Erdung seit jeher eine zentrale Rolle. Mangelnde Erdung wird hier als Vata-Überschuss beschrieben. Vata ist eines der drei Doshas (die Bioenergien: Vata, Pitta und Kapha) und wird von dem Luftelement dominiert.

Ein Überschuss an Vata spielt bei gut 3/4 aller Krankheiten eine wichtige Rolle, so sagt man im Ayurveda. Das liegt daran, dass Vata auch mit den Eigenschaften der Beweglichkeit und Unstetigkeit zusammenhängt, was eine Voraussetzung dafür ist, dass auch ein Ungleichgewicht der anderen Doshas im Körper entstehen kann.

Insbesondere spielt ein Vata-Überschuss eine wichtige Rolle bei Erkrankungen der Därme (insbesondere Blähungen und Verstopfung), der Gelenke (Trockenheit und Arthrose) und des Geistes (Ängste, Stress und Nervosität). Generell hat Vata die Eigenschaften kalt, leicht, trocken, dynamisch, rau, klar und dunkel zu sein. Wo auch immer diese Eigenschaften mit einem Leiden einhergehen, besteht vermutlich ein Vata-Überschuss.

Da der Vata-Überschuss so ein zentrales Problem im Ayurveda darstellt, gibt es dafür natürlich auch zahlreiche Heilmittel. Und Vata zu besänftigen bedeutet auch (mal mehr, mal weniger direkt) Erdung herzustellen.

Wie unsere Nahrung uns erdet

Warme Suppen für mehr Vata-Balance

Zunächst arbeitet Ayurveda immer mit der Ernährung. Jedem Nahrungsmittel werden gewisse Eigenschaften zugeordnet, die sich wiederum auf die Doshas auswirken. Und so wird zur Vata-Balance generell empfohlen Nahrungsmittel zu vermeiden, welche die oben genannten Eigenschaften haben (besonders kalt, leicht und trocken).

Rohkost sollte hier vermieden werden, stattdessen sollte man am besten gut gekochte und gewürzte Speisen zu sich nehmen. Ein warmer Getreidebrei ist das beste Frühstück, eine Suppe aus Wurzelgemüse das beste Abendessen. Generell wirken süße und würzige Speisen Vata besänftigend. So sollten wärmende und verdauungsanregende Gewürze, etwa Zimt, Fenchel, Nelken und besonders auch der Kreuzkümmel, in allen Speisen enthalten sein.

Luft (also auch Blähungen) erzeugende Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Kohl sollten besonders lang gekocht, oder ganz vermieden werden. Auch Getränke sollten nur warm konsumiert werden. Besonders gut sind wärmende Tees, wie Ingwerwasser, oder Yogi-Tee. Dem Essen sollten außerdem nach dem Kochen hochwertige Öle beigegeben werden, etwa Leinöl, Sesamöl, oder auch Olivenöl.

Öle für mehr Erdung

Abhyanga Massage
Abhyanga Massage erdet zusätzlich

Öle spielen im Ayurveda generell eine sehr wichtige Rolle, insbesondere zur Vata-Besänftigung. Neben dem Essen können Öle dafür auf jeden Bereich des Körpers angewendet werden und auch in jede Körperöffnung. So wirkt es etwa Vata besänftigend spezielle Öle tropfenweise in die Nase zu ziehen (Nasya). Ganz besonders effektiv wirkt aber der Öleinlauf (Anuvasana Basti), da das mit speziellen Kräutern gekochte Öl hier direkt in den Dickdarm, die Wurzel des Vata, gelangt.

Der berühmte Stirnölguss (Shirodhara) besänftigt Vata speziell im Geist. Aber die bekannteste Ölanwendung im Ayurveda ist wohl die Ganzkörpermassage (Abhyanga) bei der das warme Öl mit Streichungen ins Gewebe einmassiert wird. Für viele dieser Anwendungen (nicht den Stirnguss!) wäre Sesamöl das am besten geeignete Rohöl.

Noch viel wirksamer sind hier aber spezielle therapeutische ayurvedische Öle, die tagelang mit speziellen Kräutern abgekocht werden. Ein Beispiel für ein sehr beliebtes und stark erdendes therapeutisches Öl ist das Dhanvantaram Thailam.

Heilkräuter und Tagesroutinen

Es gibt auch zahlreiche Heilkräuter, die im Ayurveda oral eingenommen werden, um Vata zu besänftigen und weitere spezielle Effekte zu erzielen. Zu den beliebtesten zählt das Ashwagandha, da es ein sehr breites Anwendungsspektrum hat und Körper und Geist generellt kräftigt und beruhigt.

Neben Ernährung, Ölanwendungen und Kräutern spielt die Tagesroutine eine wichtige Rolle im Ayurveda generell und ganz besonders zur Besänftigung von Vata. Da Vata beweglich und unstet ist, wird es durch feste Strukturen und Routinen ausgeglichen. So ist es von zentraler Bedeutung, feste Essens- und Schlafenszeiten zu haben und den Tag auch sonst gut zu strukturieren.


Wie Yoga und Ayurveda dabei helfen können, sich besser zu erden, was Erdung eigentlich ist und warum so viele Menschen ein Problem mit mangelnder Erdung haben, beschreibt Yoga- und Ayurvedatherapeut Raphael Mousa in der zweiteiligen Artikelserie “Fest verwurzelt”:

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Der Autor

Raphael Mousa

Raphael Mousa ist Yogalehrer, Yogatherapeut und Ayurveda Gesundheitsberater und schreibt seine Doktorarbeit über den Austausch von Yoga und Psychotherapie. Er wurde in Indien und Deutschland in den Yoga-Traditionen von Sivananda, Satyananda und Iyengar ausgebildet. In Indien war er außerdem in der Yoga-Klinik Arogyadham tätig und hat in zahlreichen Ashrams und heiligen Stätten gelernt und praktiziert.

Für seinen Bachelor in Ethnologie und Psychologie und seinen Master in Medizinanthropologie hat er in Nepal über Schamanismus geforscht. Weiterhin hat er Kurse und Retreats, u. a. in Klangtherapie, Vipassana, Tantra, tibetischem Buddhismus, Ayurveda, traumasensiblen Yoga, psychologischer Yogatherapie, Reiki und Kundalini Yoga absolviert.

Bei Yoga Vidya Bad Meinberg ist Raphael Sevaka in den Abteilungen für Yogatherapie und Ayurveda tätig und gibt u. a. yogatherapeutische Einzelsitzungen, Yogastunden, Pranayama, ayurvedische Konsultationen und Massagen.

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