Sattvic Lifestyle – Wie yogischer Verzicht das Leben verschönert und in die Freiheit führt (1)

wunder staunen freiheit

Verzicht klingt jetzt erstmal nicht so richtig nach Spaß, da kommt einem eher Askese und Selbstkasteiung in den Sinn. In Wahrheit ist Verzicht aber ein stetiges Innehalten, ein Raum, der uns erfahren lässt, was wir wirklich wollen und brauchen.

Manchmal ist weniger eben mehr

Viele Yoginis und Yogis führen einen sattvigen, also einen möglichst reinen Lebensstil. Das bedeutet, dass sie auf einige Dinge, die für die meisten Menschen zum täglichen Leben gehören, verzichten.

Yogis sind Meister im Verzicht

So essen viele Yogis weder Fleisch noch Fisch und ernähren sich komplett pflanzlich. Viele verzichten auf Alkohol und Zigaretten und lassen die Finger von jeder Form von Drogen.

Es gibt Yoga Praktizierende, die für eine bestimmte Zeit nicht sprechen und ganz bewusst schweigen. Wieder andere verzichten für eine Weile auf Partnerschaft und Sex, oder nehmen sich das sogar für den Rest ihres Lebens vor.

Zeit für andere Dinge

Ganz abgesehen davon, verzichten viele Yogis auf Zeit vor dem Fernseher, im Biergarten oder auf faule Tage im Bett, weil sie auf ihrer Yogamatte turnen, am Wochenende Seminare besuchen, Schriften studieren oder sich mit Rezitation, Ritualen oder Musik beschäftigen.

Für viele Menschen ist es unvorstellbar, auch nur eine Woche auf eine dieser Sachen zu verzichten und sie können sich noch viel weniger vorstellen, wie dadurch das Leben schöner werden soll. Dieser Blog Artikel möchte das Rätsel aufklären.

Jetzt mal ganz nüchtern betrachten: Über den Verzicht auf Drogen

Meditation

Warum verzichten Yogis auf Alkohol, Zigaretten und Drogen? Und warum gibt es weltbekannte Yogis oder sogar Yoga Meister, die rauchen oder Schnaps trinken?

Drogen: Das große Energieloch

Der Verzicht auf diese Substanzen hat zunächst einmal den ganz einfachen Grund, dass es gesünder ist, die Finger davonzulassen. Je nachdem, welcher Substanz wir uns hingeben, sind Herz, Lunge, Verdauungssystem, Leber, Nieren und immer Gehirn und Nervensystem betroffen. Wer selbst ein oder zwei Tage nach dem Genuss von Alkohol mal versucht hat, einen Kopfstand zu machen, weiß, wovon ich rede.

Drogen beeinflussen zudem unser Bewusstsein. Sie machen den Geist unruhig und leidenschaftlich oder träge und ignorant, was es sehr schwer bis unmöglich macht, sich zu konzentrieren oder in den Zustand der Meditation zu kommen.

Die Abhängigkeitsfalle

Der wichtigste Punkt ist aber die Tatsache, dass die meisten Menschen Drogen konsumieren, weil sie süchtig danach sind. Damit meine ich nicht, dass jeder, der am Wochenende ein Gläschen Wein trinkt, Alkoholiker ist.

Aber wenn das Gläschen Wein zwingend dazu gehört und der Abend gelaufen ist, wenn Du es nicht trinken kannst, liegt eine Form von Abhängigkeit vor. Das Gleiche gilt für die Zigarette, den Joint und jede andere Droge, die unter diesem Aspekt auch eine Tafel Schokolade, Kuchen, Party, Sex oder alles andere sein kann, ohne das Du glaubst, nicht leben zu können.

Jede Form von Abhängigkeit ist ein Verlust von Freiheit. Deswegen versuchen wir uns im Yoga aller unserer Abhängigkeiten bewusst zu werden und uns von ihnen zu befreien. Und das gelingt nur über Verzicht.

Wie Verzicht in die Freiheit führt

Wenn wir den Verzicht auf bestimmte Dinge unter diesem Aspekt betrachten, wird Folgendes klar: Nichts wird von Yogis von vornherein als schlecht bewertet. Manche Drogen haben bei adäquater Dosierung eine heilende Wirkung und können als Arzneimittel eingesetzt werden.

Es ist unsere Abhängigkeit, die eine Substanz oder eine Handlung zur Droge macht und uns zwingt, ungesunde Mengen davon zu konsumieren. Wenn jemand die Abhängigkeit überwunden hat, kann er alles aus Freiheit heraus tun und es jederzeit wieder sein lassen. Sei es einen Schnaps zu trinken, eine Tafel Schokolade zu essen oder Sex zu haben.

Yogis oder Yoga Meister, die lange Zeit auf diese Dinge verzichtet und ihre Abhängigkeit überwunden haben, können diese also aus Freiheit heraus konsumieren und wirklich genießen, ohne sie zu brauchen.

Wer frei und ohne Abhängigkeit beispielsweise Schokolade isst, kann problemlos damit aufhören, wenn er merkt, dass es ihm nicht guttut, er an Gewicht zunimmt oder Probleme mit der Verdauung bekommt. Wer abhängig ist, kann das nicht und futtert weiter.

Sendepause: Über den Verzicht aufs Sprechen

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Schweigen ist eine gute Ergänzung zur Meditation

„Reden, ist Silber – Schweigen ist Gold“ heißt es in einem bekannten Sprichwort. Eine andere Lebensweisheit besagt, dass wir, bevor wir etwas sagen, prüfen sollten, ob es wahr, notwendig und wohlwollend ist, was wir zu sagen haben. Die meisten Aussagen würden bei genauer Prüfung wahrscheinlich schon an den ersten beiden Punkten scheitern.

Schweigen – und den Lärm im Kopf hören

Wer für einen gewissen Zeitraum schweigen möchte, sucht sich dafür normalerweise einen geschützten Rahmen in einem Kloster oder Ashram, wo spezielle Schweige-Seminare und Retreats angeboten werden.

Wer schweigt, ist mit seinen Gedanken allein und diese können – weil das Ventil der Sprache fehlt – sehr laut werden. So wird uns schnell bewusst, was den ganzen Tag in unserem Kopf los ist. Es geht also zunächst darum, sich der eigenen Gedanken bewusster zu werden und diese mehr und mehr zur Ruhe zu bringen.

Schweigen ist eine wahre Wohltat!

Ein weiterer Aspekt ist die Energie. Sprechen kostet unglaublich viel Energie. Eine Zeit lang zu schweigen ist demnach sehr erholsam und ein wahres Geschenk für jeden, der beruflich viel spricht, wie z.B. Yogalehrer, Lehrer, Verkäufer, Friseure, Menschen, die Kinder betreuen usw.

Durch Schweigen wird uns wieder bewusst, wie gut wir auch ohne Sprache kommunizieren können und wie überflüssig viele Worte sind. Ich erinnere mich an mein letztes Schweige-Retreat bei Yoga Vidya Westerwald.

Unsere Gruppe hatte eine Woche schweigend miteinander verbracht. Dennoch hatten alle das Gefühl, einander ganz gut kennengelernt zu haben und niemand spürte wirklich das Bedürfnis zu sprechen, als das Schweigen wieder aufgehoben war.

Sprechen um die Stille zu übertönen?

Und Sprechen kann auch eine Sucht sein. Ganz nach dem Motto: „Ich spreche, also bin ich.“ Wie oft sprechen wir, einfach nur um zu sprechen? Weil wir die Stille nicht aushalten oder weil wir Aufmerksamkeit haben wollen?

Unser Geist sendet einen Impuls und sofort fängt die Zunge an zu plappern. Du kannst es ja mal ausprobieren und einen kurzen Moment innehalten, um den Check zu machen: Ist das, was ich zu sagen habe wahr, notwendig und wohlwollend? Warum möchte ich das jetzt sagen? Nützt es dem anderen? Oder nützt es nur mir? Was bezwecke ich damit?

Die eigene Zunge zügeln

Sai Baba sagt in seinem Buch über die Bhagavad Gita, dass die Zunge das am schwierigsten zu kontrollierende Sinnesorgan ist. Wie leicht lassen wir uns von ihrem Geschmackssinn dazu verleiten, ohne Maß und nicht selten auch Ungesundes zu essen? Und wie schwer ist oft ihre Rede zu bändigen?

Bevor wir uns wirklich bewusst sind, was passiert, schleudert sie die Wörter raus, die wie Giftpfeile wirken können. Aber wer es schafft, sich beidem bewusst zu werden und die Zunge zu bändigen, der wird auch die anderen Sinne leicht unter Kontrolle bringen können.

Wird unsere Rede bewusst und sanft, wird das nicht nur auf unseren geistigen Zustand Einfluss haben, sondern sich auch sehr heilsam auf unsere Beziehungen auswirken. Somit ist die Beherrschung der Sprache ein sehr lohnendes Ziel.

Sei ehrlich, aber übertreib es nicht mit dem Verzicht

An dieser Stelle mache ich erst mal einen Punkt. Im zweiten Teil des Artikels geht es mit dem Verzicht auf Partnerschaft und Sex und mit Yoga statt Couch weiter. Bis dahin kannst Du ja schon mal checken, wovon Du so alles abhängig bist und wie bewusst Deine Sprache ist. Wenn man wirklich ehrlich mit sich ist, findet man auch meistens etwas.

Und wenn Du Dir bei einer Sache nicht sicher bist, ob Du abhängig bist – verzichte einfach mal zwei Wochen darauf…. Und wenn Du merkst, dass Du abhängig bist, mach mindestens drei Monate draus.

Und wie immer beim Yoga gilt auch hier: Ahimsa. Gehe liebevoll mit Dir um. Es hilft nichts, Dich nach einem Rückfall zu verurteilen und selbst fertig zu machen. Morgen ist ein neuer Tag. Hauptsache, Du bleibst dran und machst weiter. Die Erfolge werden sich einstellen.

Om Shanti

Einen sattwigen Lebensstil kultivieren

Dieser körperorientierte Hatha Yoga ist die wahrscheinlich populärste Form des Yoga. Hatha Yogis sehen dabei den Körper als Tempel der Seele an und probieren ihn als solchen zu pflegen und möglichst lang am Leben zu erhalten.

Um das Gleichgewicht zwischen Körper und Geist zu fördern werden klassische Praktiken, wie körperliche Übungen, Atemübungen, Meditation und Entspannung geübt. Aber auch das Wissen über die sattwige Ernährung gehört dazu.

Bei Yoga Vidya werden alle diese klassischen Säulen des Hatha Yoga berücksichtigt und gelehrt. In unseren Seminarhäusern und Ashrams erlebst du so den körperbetonten Yoga so traditionell und authentisch.

Die Autorin

Die Autorin

Seminarleiterbild Gauri Daniela Reich 2021

Gauri Daniela Reich Yogalehrerin (BYV), Ayurveda Gesundheitsberaterin (BYVG), Vegane Ernährungsberaterin, ausgebildet in Yoga Personal Training, Vinyasa Sequenzing, Thai Yoga Massage und Yin Yoga, Lehrerin für Prävention und Gesundheitsförderung (BSA), Fitnesstrainer B-Lizenz, Cardiofitness- und Entspannungstrainerin, Diplom Betriebswirtin (BA). “Yoga hat mein Leben von Grund auf verändert.

Dank der ganzheitlichen Yogapraxis hat mein Leben heute einen Sinn. Ich bin zufriedener, gesünder, umgänglicher und habe erfüllendere Beziehungen. Dieses Glück steht allen Menschen zu und ich sehe es als meine selbstverständliche Pflicht, dieses Wissen mit anderen zu teilen.” Seminare mit Gauri >>

Quellen

  • Bhagavad Gita, Sai Baba
  • Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute, Sukadev Bretz

4 Kommentare zu “Sattvic Lifestyle – Wie yogischer Verzicht das Leben verschönert und in die Freiheit führt (1)

  1. Adelheid Schelkle-Danneck

    Danke für den Artikel und danke für das Thema!
    Ehrlich gesagt, “ein bisschen Spaß” wäre mir zu wenig.
    Dafür lohnt es sich nicht.
    Früher war ich auch mal katholisch. Für diese erste “Chance” danke ich. Aber seit ich mich dem Yoga zugewandt habe, ist mein Leben wesentlich schöner, erfahrungsreicher, genußreicher, tiefer und freier geworden. Das geht nur ohne Alkohol und Co.
    Einen Menschen der, zwar aus innerer Freiheit, gelegentlich Alkohol und Zigaretten “genießt” , wäre für mich kein Vorbild. Er ist ein ganz normaler Mensch ( es ist ja nicht jeder süchtig), aber kein Meister. Denn warum sollte ein Meister Dinge brauchen, die dem höheren Menschenwesen schaden?
    Mögen wir den sattwigen Lebensstil in Freiheit genießen !

  2. Klaudija Penkert

    …mir kommen die Babys und Kinder bis ca 5-7Jahre in den Sinn. Die Kinder Leben glücklich ohne diese ganzen abhängigmachenden Konsum! Bis zu dem Zeitpunkt wenn die Eltern, Bezugspersonen und die Gesellschaftszwänge diese Kinder verschlingen und die Kinder dann zu den manipulierten Menschen werden. Davor haben diese MenschenKinder das nicht zum Leben benötigt. Das ist für mich eine Spannende Sichtweise, weil ich ja im Grunde nicht “verzichten” muss, sondern: Just back to the roots or search my essence! DANKE für dein Teilen Gauri D. Reich

  3. Margit Niebergall

    Warum sollte ich mir das Leben vermiesen, indem ich jetzt kleinlich danach suche, wovon ich möglicherweise abhängig bin und was ich mir dann die nächsten zwei Wochen verbiete? Oder gar drei Monate lang?
    Nö. Keine Lust.
    Ich lebe ohnenin schon viel “satviger” als ich jemals geplant oder gewollt habe.
    Nicht weil Gott das so verlangt – wir sind da in der katholischen Kirche viel großzügiger als es der “yogische ” Lebensstil zulässt.
    So ist z.B. ein mäßiger Alkoholkonsum völlig in Ordnung.
    Dass Rauchen nicht gerade gesundheitsfördernd ist, wissen wir auch, aber bei uns gilt das, wenn überhaupt, als eher lässliche Sünde.
    Mir hat das Leben selbst einen relativ “satvigen” Lebensstil aufgenötigt.
    Alkohol geht nicht mehr wegen der Medikamente, die ich nehmen muss, und wenn ich mit dem Rauchen nicht aufgehört hätte, wäre ich wohl jetzt nicht mehr am Leben.
    Und seit ich weiß, was für ein Sch..leben die meisten Tiere vor der Schlachtung haben, hat sich das mit dem Fleischkonsum eh erledigt.
    Da mag ich mein Leben jetzt nicht kleinlich absuchen nach weiteren “Lastern”, die ich mir dann verbiete.
    Ein bisschen Spaß muss schon noch sein….

  4. Eduard Jolmes

    Eduard Heinrich Alfons Jolmes:

    Als ich anfing sattwig zu leben dachte ich: “Das ist mein Geschenk an Gott.”

    Später fand ich heraus das es ein Geschenk von Gott an mich war.

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